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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Glücksgriff«,
fügte er hinzu, um Lana, die zwei Tage lang vergeblich versucht hatte, den Text zu entschlüsseln, nicht zu kränken.
    Doch die Maz neigte nicht zu solchen Eitelkeiten. Sie missgönnte keinem den Erfolg, nur weil sie selbst zuvor gescheitert war. Sie ließ sich die Lösung erklären und schrieb den Anfang von Achems Bericht auf ein leeres Pergament: »Niemals hätte ich gedacht …«
    »Danke, Reyan«, rief sie plötzlich überschwänglich. »Danke, dass Ihr mir die Hoffnung zurückgegeben habt.«
    Er sah den geeigneten Moment gekommen, es mit einem Kuss zu versuchen. Lana erwiderte die Zärtlichkeit scheu, doch nach wenigen Augenblicken schob sie den Freund, der sich an sie schmiegen wollte, sanft fort.
    »Nehmt es mir nicht übel, Rey«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln. »Aber ich muss wissen, was in dem Tagebuch steht. Ich kann nicht anders.«
    Rey legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen, gab ihr einen flüchtigen Kuss und verließ mit einem verschwörerischen Augenzwinkern das Zimmer.
    Als sie allein war, nahm sich Lana trotz der verwirrenden Gefühle, die sie bestürmten, das Tagebuch ihres Urgroßvaters vor und begann mit der Entschlüsselung.
    Noch vor Tagesanbruch weckte sie Corenn.
     
     
     
    »Niemals hätte ich gedacht, dass ich ganze sechs Dekaden fort sein würde, als ich vom Großen Tempel auf eine diplomatische Mission nach Lorelien geschickt wurde. Auch hätte ich niemals gedacht, dass wir nach unserer Zusammenkunft die Insel Ji verlassen und zu einem fernen Ort aufbrechen würden, wo wir
eine Entscheidung zu treffen hatten, bei der nichts Geringeres auf dem Spiel stand als die Beziehung zwischen Göttern und Menschen.
    Zunächst glaubte ich, Nol der Seltsame sei ein Wichtigtuer, der sich rätselhaft aufführte, um uns zum Narren zu halten. Am Tag der Eule des Jahres 771 unseres Kalenders kamen wir auf der Insel Ji zusammen und warteten bis zum Abend, während Nol uns jede Erklärung schuldig blieb. Wenn ich nicht befürchtet hätte, damit dem itharischen Volk zu schaden, wäre ich auf der Stelle zurück nach Maz Nen gesegelt und hätte Nol seinen Hirngespinsten überlassen. Später sollte ich erfahren, dass sich viele der Gesandten mit ähnlichen Gedanken getragen hatten.
    Es waren Vertreter fast aller Länder gekommen. Ich traf den Prinzen Vanamel Uborre und seinen Ratgeber Saat den Ökonom, die ich aus Goran kannte, wo ich das Amt des itharischen Botschafters ausübte. Weitere wichtige Persönlichkeiten, mit denen ich im Laufe der Zeit Freundschaft schloss, wurden mir vorgestellt: König Arkane aus Junin, der lorelische Herzog Reyan von Kercyan, die hochverehrte Mutter Tiramis und ihr Beschützer Yon, Sohn der Großen Mutter von Kaul. Dazu Ssa-Vez aus dem fernen Jezeba, der Stratege Rafa Derkel aus Griteh und der Weise Moboq aus Arkarien.
    Von uns zehn sollten nur sieben von der Reise zurückkehren. König Arkane würde einen Arm einbüßen. Und wir alle würden Ansehen, Titel, Ländereien, Reichtümer und, was am schlimmsten war, die Achtung unserer Landsleute verlieren. Unser Schweigegelübde sollte uns zu Ausgestoßenen machen, obwohl es uns doch um die Rettung der Menschheit ging.
    Doch ich greife vor. Als an jenem Tag die Dunkelheit hereinbrach, war unsere Neugier geweckt. Nol kündigte uns eine geheimnisvolle Enthüllung an. So folgten wir ihm, als die Sonne
im Meer versunken war, ohne Zögern in das Felslabyrinth der Insel.
    Ohne Zögern, aber voller Verwunderung. Hatte der Mann nicht davon gesprochen, uns an einen anderen Ort bringen zu wollen?
    Nol führte uns tief ins Innere der Insel. Ich vermute, dass er absichtlich einige Umwege machte, um mögliche Verfolger abzuschütteln. Die ganze Heimlichtuerei versetzte die Gesandten in Aufregung, und so scherzten sie im Flüsterton miteinander. Ich begann ein Gespräch mit dem Weisen Moboq und war froh, meine Kenntnisse des Arkischen auffrischen zu können.
    Doch nach einiger Zeit dachten wir nur noch an unser Ziel. Nols beharrliches Schweigen wirkte ansteckend, und so marschierten wir schweigend dahin und prägten uns die Umgebung ein.
    Irgendwann winkte uns der Seltsame in eine Höhle, und wir folgten ihm furchtsam. Was, wenn das alles tatsächlich ein ausgeklügelter Entführungsversuch war, wie viele von uns befürchteten? Lauerten in der Höhle etwa Räuber?
    Erleichtert stellte ich fest, dass dem nicht so war, und überlegte, warum Nol uns wohl hierher geführt hatte. Sollten wir

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