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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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ein leises Rascheln. Ich achte nicht darauf.
    »Du mußt es mir sagen«, dränge ich.
    »Ihr wollt sie mit euch nehmen. Alle, die aus dem Meer kommen, sind böse.«
    »Nicht alle…«, beginne ich, werde aber schroff unterbrochen. Ohne daß ich es bemerkte, ist Ertach hinter mich getreten.
    »Deine Aufgabe ist es, sie einzufangen«, fauchte er, »nicht mit ihnen zu reden. Wieso beherrschst du überhaupt ihre Sprache so gut?«
    Ertach ist wütend. Seine Haltung verrät mir, daß er sich liebend gern auf mich stürzen würde.
    »Mein Vater war ein Mensch«, erkläre ich deshalb schnell.
    Er gibt sich damit zufrieden, zieht das Kind an sich und stößt mich vor sich her durch das Gestrüpp. Die Äste peitschen mir ins Gesicht, ohne daß ich etwas dagegen tun kann. Ertach lacht nur. Das ist seine Art, jemanden, der besser ist als er, zu quälen. Ich weiß, daß er nun erst recht darauf wartet, daß ich mir eine Blöße gebe. Aber diesen Gefallen werde ich ihm nicht tun. Solange ich vorsichtig bin und meine Arbeit gewissenhaft verrichte, kann niemand mir etwas anhaben.
    Nur vor einem fürchte ich mich davor, daß ich eines Tages der Anemona meine Ergebenheit beweisen muß. Denn ich bin kein Heuchler.
    Die Sonne steht bereits hoch am Firmament, als wir an die Küste zurückkehren. Unsere Suche ist erfolglos geblieben. Ertach läßt uns dafür in der Hitze schmoren, bis jeder dem Zusammenbruch nahe ist. Mir macht das allerdings weit weniger aus, als er glaubt.
*
    Sehr lange habe ich darauf gewartet, Aleoch wiederzusehen. Heute erscheint mir der Grundlose Wassergraben wie ein Ort der Verheißung, obwohl ich noch vor kurzem wünschte, mehr zu sehen als nur diesen Teil des Meeres.
    Wir sind zur Jagd aufgebrochen, die uns fort führt aus den Gewässern um Ptaath, wo die Beute gering ist. Weit nördlich von Nida wurde ein großer Schwarm gesichtet - für mich Grund genug, einen kleinen Abstecher zu machen. Ich bin überzeugt davon, daß ich innerhalb kürzester Zeit mehr Fische gestochen habe als die anderen. Das Netz, das ich mit mir trage, ist schon zur Hälfte gefüllt.
    Der Meeresboden ist hier zerklüftet und unübersichtlich. Neben langgestreckten Einbrüchen erheben sich schroffe Felsen, von denen manche noch über die Wasseroberfläche hinausragen. Bunte Korallenbänke wechseln ab mit üppig wuchernden Pflanzen, die sich sanft in der Strömung wiegen.
    Es fiel mir leicht, die Nähe der anderen unbemerkt zu verlassen. Meine Beute verstecke ich zwischen zwei Felsen. Niemand, der es nicht weiß, wird sie hier entdecken können, und für Raubfische ist der Zugang zu eng.
    Immer wieder halte ich inne und suche nach etwaigen Verfolgern, während ich mich schnell dem Grundlosen Wassergraben nähere. Aber niemand ist hinter mir her. Die Wachen, die mich kennen, bestürmen mich mit unzähligen Fragen, doch ich habe keine Zeit für sie. Aleoch finde ich in seinem Wohnkorber, ist damit beschäftigt, aus den Windungen einer Schnecke die Zukunft zu ersehen. Seine Freude und sein Erstaunen sind offensichtlich, obwohl er sich Mühe gibt, beides vor mir zu verbergen. Indes kenne ich Aleoch lange genug, um ihn zu durchschauen.
    »Hoffentlich hast du dich nicht unnötig in Gefahr begeben«, ist das erste, was er hervorbringt.
    Ich winke ab.
    »Niemand wird etwas bemerken. Allerdings muß ich sehr bald zurückkehren.«
    »Das ist schade. Du wirst mir trotzdem erzählen, wie es dir in all den Gezeiten in Ptaath ergangen ist?«
    »Wie könnte ich meinen Mentor im ungewissen lassen«, lache ich. »Schließlich lag mir daran, dich wiederzusehen.«
    Nachdenklich musterte er mich.
    »Du hast dich nicht verändert«, stellt er dann fest.
    »Fürchtest du, aus mir könne ein Anhänger der Anemona werden?«
    »Berichte!« fordert Aleoch mich auf, ohne auf meine Frage einzugehen. Ich tue ihm den Gefallen, und er hört wortlos zu. Alles, was mir irgendwie von Bedeutung erscheint, erfährt er. Auch daß es mir inzwischen gelungen ist, einige der bedauernswerten Menschen vor der Anemona zu retten. Allerdings wollen die meisten der ausersehenen Opfer sich gar nicht helfen lassen, denn sie fürchten die Göttin und den Zorn der Meermutter mehr als den Tod. Ich verstehe das nicht, aber Aleoch meint, daß ich die Menschen nicht beurteilen darf wie einen Okeazar. Wahrscheinlich hat er recht.
    Der Abschied fällt mir diesmal weniger schwer, weil ich längst eingesehen habe, daß es sein muß.
    Die Sonne steht schon im Mittag. Ihre Strahlen fallen steil auf

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