Götterbund (German Edition)
oberste Taissin. Das müsste doch eine Herausforderung für dich sein. Ganz davon abgesehen, dass wir so verhindern, dass du auf die Liste der Gesuchten gesetzt wirst.“
„Mir scheint, unserem lieben Ehliyan geht es um etwas ganz anderes“, kommentierte Shaquess. „Er hat Angst.“
„Wo ist die Liste der Gesuchten?“, fragte Ehliyan mit aufeinander gepressten Zähnen.
„Wovor?“, wollte Yanna von dem Taissin wissen.
„Davor, dass ich dir etwas erzähle, das du nicht wissen sollst. Aber Ehliyan, wieso hast du deiner Freundin noch nicht selbst davon berichtet? Du musst dich doch nicht schämen, dass du-“
Plötzlich holte Ehliyan mit dem Schwert aus. Ohne nachzudenken ließ Yanna ihre eigene Waffe fallen und packte Ehliyans Arm. Mit ihrer ganzen Kraft stemmte sie sich dagegen und verhinderte, dass die Waffe auf Shaquess niedersauste.
„Bist du verrückt?“, schrie sie ihren Begleiter an. Im nächsten Moment spürte sie einen Tritt gegen ihr rechtes Bein. Sie stürzte und riss Ehliyan mit sich. Als sie nach ihrem Schwert griff, das sie hatte fallen lassen, war es bereits zu spät. Shaquess stand schon neben der Glastür, die zum Altan hinaus führte. Er zwinkerte Yanna zu, öffnete die Tür und war im nächsten Moment verschwunden.
Fluchend rappelte Ehliyan sich vom Boden hoch. „Was sollte das?“, knurrte er Yanna an. „Du bist schuld, dass er entkommen ist!“
„Ich?“ Die junge Frau stand ebenfalls auf. „Was ist in dich gefahren? Er war wehrlos! Warum bist du mit dem Schwert auf ihn losgegangen?“
Ehliyan setzte zu einer Erwiderung an, doch Yanna hob die Hand. „Lass uns später darüber diskutieren. Wahrscheinlich wird Shaquess jeden Moment mit Verstärkung zurückkehren. Wir müssen hier weg, komm schon!“
Ohne ein weiteres Wort marschierte Ehliyan an Yanna vorbei.
Kapitel 2
Auf dem Rückweg hatte Ehliyan nicht ein Wort mit Yanna gesprochen. Die junge Frau hatte sich ihrerseits nicht bemüht, ein Gespräch in Gang zu bringen. Zu beschäftigt war sie damit, die Ereignisse in Shaquess’ Haus zu verarbeiten. So viele Fragen gingen ihr durch den Kopf. Wieso war Shaquess zu Hause gewesen? Hatte Lyza absichtlich gelogen oder handelte es sich um ein Versehen?
Dann Ehliyans Verhalten: Seit Yanna ihn kannte, hatte er stets zu impulsiven, unüberlegten Handlungen geneigt. Doch konnten Shaquess’ Provokationen ihm wirklich so zugesetzt haben, dass er deswegen hatte zum Schwert greifen wollen? Oder gab es wirklich etwas, das Ehliyan ihr verschwieg? Und wieso machte ihm die Tatsache, dass der Taissin ihn erkannt hatte, so wenig aus? Wenn Shaquess seine Entdeckung Schelash oder Rajatshas mitteilte, würden Ehliyan ein ebenso eingeschränktes Leben wie Malyn fristen.
Yanna wäre beinahe gegen den jungen Mann geprallt, als dieser unvermittelt stehen blieb. Sie hatten gerade die Hauptstadt hinter sich gelassen. Vor ihnen lagen der immer schmaler werdende Waldweg und die ersten Bäume. „Was ist?“
Ehliyan drehte sich zu ihr um. „Malyn wird nicht erfreut sein, dass wir die Liste nicht haben.“ Er lachte auf. „Was sage ich? Er wird toben.“
„Versuchst du, von den Geschehnissen in Shaquess’ Haus abzulenken? Das wird nicht funktionieren. Ich vergesse nicht so schnell, dass du einen Hilflosen mit dem Schwert angreifen wolltest.“
„Shaquess ist alles andere als hilflos“, knurrte Ehliyan.
Yanna überhörte ihn. „Und das nur, weil er gedroht hat, mir etwas über dich zu erzählen. Um was ging es dabei, Ehliyan?“
„Du glaubst ihm doch nicht etwa! Hast du nicht begriffen, dass genau das seine Taktik war? Er wollte uns gegeneinander ausspielen, damit er fliehen konnte. Das ist typisch Shaquess! Er manipuliert die Menschen!“
„Ach ja? Wenn du ihn so gut kennst, wieso hast du dich dann von ihm provozieren lassen?“
„Weil ich keine Lust habe, dass er dir Lügen über mich erzählt! Du hättest ihm wahrscheinlich auch noch alles geglaubt. So, wie du ihn angesehen hast.“
„Was redest du da nur?“ Im nächsten Moment musste sie lächeln. „Deine Gefühle für Dana scheinen sich negativ auf deine Urteilsfähigkeit auszuwirken.“
Ehliyan starrte sie finster an und sah aus, als wollte er etwas erwidern. Dann verzogen sich plötzlich seine Mundwinkel zu einem Grinsen.
Yanna ließ sich ebenfalls zu einem Lächeln hinreißen. „Ernsthaft: Machst du dir keine Gedanken, dass du bald auf der Liste der Gesuchten stehen wirst?“ Von allem, was in Shaquess’ Haus
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