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Götterbund (German Edition)

Götterbund (German Edition)

Titel: Götterbund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Winter
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und wieder, bis selbst ihm die Langeweile ins Gesicht geschrieben stand. Spätestens da war Rajatshas klar, dass es kein Spiel war. Nur seine Mutter hatte sich derart vehement geweigert, die Wahrheit zu akzeptieren, dass es an Absurdität grenzte. Er hatte es mit Vernunft versucht, mit Drohungen, mit Flehen. Trotzdem hatte Königin Schelash keine einzige seiner vielen Fragen beantwortet. Irgendwann hatte er es aufgegeben. Er war nicht auf die Hilfe seiner Mutter angewiesen. Er konnte sich seine Antworten auch an anderer Stelle holen.
    Rajatshas sah aus den Augenwinkeln, wie die Luft zu flirren begann. Binnen weniger Sekunden stand ein alter, weißhaariger Mann im Zimmer. Bekleidet war er lediglich mit einem blutroten Umhang.
    „Casaquann“, begrüßte Rajatshas seinen Schutzgott und neigte ehrerbietig den Kopf.
    Der alte Mann lächelte. „Es ist lange her, dass du mich gerufen hast.“ Sein Lächeln wurde noch tiefer. „Meine herzlichen Glückwünsche zur Krönung.“
    „Danke.“ Rajatshas verschränkte die Hände vor seinem Bauch, löste sie wieder und rieb die Handflächen aneinander. „Ich habe ein Anliegen.“
    Casaquann nickte. „Davon gehe ich aus.“
    „Es geht um Dashamien.“ Rajatshas biss sich auf die Unterlippe. „Was ist damals passiert?“
    Casaquann ging auf Rajatshas zu und legte seine schweren Hände auf die Schultern des Königs. „Ich habe zwanzig Jahre darauf gewartet, dass du mir endlich diese Frage stellst.“
    Was Casaquann ihm dann erzählte, veränderte alles.
     
    Müde schlurfte Yanna die Treppe hinunter. Sie konnte nicht sagen, ob Malyn wieder normal war. Aber zumindest hatte er sie heute Morgen geweckt. Wenn man das unerbittliche Klopfen an der Tür und sein knappes, aber lautes „Guten Morgen!“ überhaupt als Wecken bezeichnen konnte.
    Als sie den Tisch erreichte, sah sie aus halbgeschlossenen Augen, dass die drei anderen Bewohner des Hauses bereits beim Frühstück saßen. Yanna ließ sich auf den letzten der vier Stühle fallen und sah zum Fenster. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages schienen herein.
    „Was steht heute an?“, fragte Ehliyan wach und gut gelaunt in die Runde. Die Sache mit ihr und Shaquess, die ihn gestern noch so aufgeregt hatte, schien er über Nacht völlig vergessen zu haben.
    „Nichts besonderes“, sagte Thoran. „Aber ich wäre euch dankbar, wenn ihr nachher auf den Markt gehen könntet. Die Vorräte gehen zur Neige.“
    „Natürlich. Sonst noch was?“
    Yanna schloss die Augen und lehnte sich zurück. Ob die anderen es merken würden, wenn sie schnell noch ein kleines Nickerchen hielt? Plötzlich ertönte wie aus dem Nichts ein gedämpfter Glockenschlag.
    Yanna schlug die Augen auf.
    Das vibrierende Geräusch schien einen Moment über dem Haus zu hängen, bevor es langsam verebbte.
    „Schon wieder?“, gähnte Yanna. Der Schlag stammte von der großen Glocke, die hinter dem Palast stand und in der gesamten Hauptstadt zu hören war. Ein einzelner Glockenschlag bedeutete, dass am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang eine öffentliche Bekanntmachung stattfinden würde. Oder eine offizielle Zeremonie, wie die gestrige Krönung von Rajatshas.
    „Was glaubt ihr, worum es diesmal geht?“, fragte Yanna.
    Ehliyan setzte gerade zu einer Antwort an, da erklang ein zweiter Glockenschlag.
    Die junge Frau runzelte die Stirn. Zwei Glockenschläge? Noch niemals hatte sie dieses Signal vernommen. Seine Bedeutung kannte sie nur aus Erzählungen: Zwei Glockenschläge bedeuteten, dass ein neues Mitglied der Königsfamilie geboren worden war.
    Seltsam. Es hatte sich gar nicht herumgesprochen, dass König Rajatshas bereits eine Mutter für seine Kinder ausgewählt hatte. Die baldige Geburt eines Thronerben war eine Nachricht, die sicherlich offiziell verkündet worden wäre.
    Fragend sah Yanna zu Ehliyan.
    In diesem Moment ertönte ein dritter Glockenschlag.
    Yanna sah, wie Ehliyan das Brot aus der Hand fiel. Mit offenem Mund starrte er Malyn an, der wiederum seinen Blick auf Thoran richtete.
    Auch dieses Zeichen hatte Yanna noch nie gehört. Doch sie wusste genau, was drei Glockenschläge bedeuteten. Sie schluckte und sah von Ehliyan zu Malyn, und von Malyn zu Thoran. Dann sagte sie, was die anderen drei offenbar nicht fähig waren, auszusprechen: „Schelash ist tot.“
    Es verging ein angespannter Moment der Stille.
    „Woher weißt du das?“, fragte Ehliyan.
    „Drei Glockenschläge bedeuten… “, begann Yanna gereizt, dann brach sie erschrocken

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