Götterbund (German Edition)
ab.
„Drei Glockeschläge bedeuten, dass ein Mitglied der Königsfamilie tot ist. Woher willst du wissen, dass es Schelash ist und nicht Rajatshas?“, wollte nun auch ihr Großvater wissen.
„Ich… weiß es nicht. Es war nur so ein Reflex.“ Sie horchte in sich hinein und suchte nach einer Erklärung für diese absurde Situation. Doch alles, was sie fand, war die Überzeugung, dass Rajatshas lebte.
„Bist du dir sicher?“, fragte Malyn. „Das ist keine Behauptung, die du leichtfertig aufstellen solltest.“
„Ich bin mir sicher“, antwortete Yanna ohne Zögern. „Ich weiß, es klingt verrückt, aber… ihr könnt mir glauben. Rajatshas lebt noch. Es kann nur Schelash sein, deren Tod verkündet wurde.“
Malyn musterte sie einen Moment lang, dann nickte er.
„Du glaubst ihr?“, fragte Ehliyan fassungslos. „Wieso?“
„Weil Yanna so etwas nicht sagen würde, wenn sie nicht einen Grund dafür hätte.“
„Vielleicht ist sie während der Glockenschläge kurz eingenickt und hat geträumt! Jede Erklärung macht mehr Sinn als die, dass sie plötzlich weiß, welche Mitglieder der Königsfamilie leben oder sterben!“
Ehliyan hatte Recht. Auch Yanna verstand nicht, wieso Malyn so überzeugt auf ihrer Seite stand. Sie selbst wusste, dass sie nicht eingenickt war. Aber wenn sie Ehliyan oder Malyn wäre, würde sie sich selbst auch nicht glauben.
„Nicht immer gibt es für alles eine logische Erklärung“, sagte Malyn einfach. „Wir können uns nur auf das verlassen, was Yanna uns sagt.“
Zweifelnd richtete sich Ehliyans Blick auf die junge Frau.
Doch Yanna beachtete ihn nicht. Sie hatte die Augen auf ihren Großvater gerichtet, der während der Diskussion zwischen Malyn und Ehliyan auffallend still gewesen war. Er saß noch immer auf seinem Platz, die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und hielt den Kopf gesenkt.
„Heute ist ein großer Tag für uns alle, Ehliyan“, sagte Malyn eindringlich. „Anstatt uns gegenseitig anzuzweifeln sollten wir uns freuen, dass Schelash tot ist! Die Frau, die Elend über Fativa gebracht hat, lebt nicht mehr. Es ist eingetreten, wofür wir so lange vergebens gekämpft haben.“
Yannas Großvater starrte noch immer die Tischplatte an. Sollte er sich nicht ebenfalls freuen, dass Schelash tot war?
Endlich schien Thoran ihren Blick bemerkt zu haben. Er sah auf und ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Heute ist tatsächlich ein großer Tag.“ Er stand auf, kam auf Yanna zu und umarmte seine Enkelin.
„Zuerst sollten wir uns überzeugen, dass tatsächlich Schelash tot ist und nicht doch Rajatshas“, warf Ehliyan ein. „Bevor wir uns zu früh freuen.“
Yanna löste sich von ihrem Großvater. Ihr schwirrte der Kopf. Erst Malyn, der ihr bedingungslos glaubte. Dann Thoran, der sich über Schelashs Tod nicht richtig zu freuen schien. Und schließlich die Sache, die sie alle erst an diesen Punkt gebracht hatte: Ihr seltsames Wissen um Rajatshas’ Lebendigkeit. Was hatte es damit auf sich?
Thoran strich ihr beruhigend über den Rücken.
Erst da merkte Yanna, dass sie am ganzen Körper zitterte. Sie musste herausfinden, was hier vor sich ging. Und momentan fiel ihr nur eine einzige Möglichkeit ein, wie sie der Lösung etwas näher kommen könnte: „Lass Ehliyan und mich morgen zu Schelashs Trauerfeier gehen“, sagte sie zu Malyn. Denn die Glockenschläge informierten das Volk nicht nur über den Tod einer ihrer Herrscher, sondern kündigten gleichzeitig die offizielle Trauerfeier bei Sonnenaufgang des nächsten Tages an.
„Nicht nötig“, winkte Malyn ab.
Yanna starrte den Ratsvorsitzenden ungläubig an, ebenso wie Ehliyan und Thoran.
„Dank dir wissen wir doch, wer von den beiden tot ist. Also müsst ihr euch morgen früh nicht die Mühe machen, der Zeremonie beizuwohnen.“
Der Ratsvorsitzende benahm sich ja schon seit gestern seltsam, doch das hier setzte dem ganzen die Krone auf. Da Malyn auf der Liste der Gesuchten stand, kannte jeder Gardist von Fativa sein Gesicht. Das machte es ihm unmöglich, die Hauptstadt zu betreten. So schickte er immer Yanna und Ehliyan zu offiziellen Bekanntmachungen, damit sie ihm später alles Wichtige mitteilen konnten. Und er schickte sie immer zu jeder offiziellen Veranstaltung.
„Ich gehe trotzdem“, verkündete Yanna. „Wenn es dir nichts ausmacht“, fügte sie mit einem Blick auf Malyn hinzu. Sie wusste nicht einmal genau, warum sie unbedingt bei der Trauerfeier anwesend sein wollte. Irgendetwas in
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