Götterbund (German Edition)
wusste, dass bereits alle auf ihn und Thoran warteten. Er tat einen tiefen Atemzug und öffnete die Tür.
Die übrigen drei Ratsmitglieder saßen bereits um den runden Tisch herum. Malyn trat ein und hörte an den knarrenden Holzdielen, dass Thoran ihm folgte.
„Endlich“, stieß Niquos aus. „Ich fürchtete schon, du würdest nicht kommen, Malyn.“
„Wo soll ich deiner Meinung nach hingehen? Ich wohne in diesem Haus.“
Niquos schwieg und folgte den beiden Männern mit den Augen, als diese sich setzten. Dann ergriff er abermals das Wort: „Euch ist allen bewusst, warum ich diese Versammlung einberufen habe?“
Malyn machte sich nicht die Mühe zu nicken. Thoran und die beiden anderen Ratsmitglieder, Lahlia und Amjen, neigten höflich die Köpfe.
„Selbst dir, Malyn, dürfte nicht entgangen sein, was heute für ein Tag ist. Und welche Zeremonie sich heute Morgen auf dem Platz hinter dem Palast abgespielt hat.“
Malyn schnaubte. „Nur, weil ich selbst die Hauptstadt nicht betreten kann, bedeutet das nicht, dass ich nicht weiß, was in ihr vorgeht.“
„Ah“, Niquos lächelte. „Ehliyan und Yanna. Du hast deine beiden Schützlinge geschickt, um sich die Zeremonie anzusehen und dir zu berichten, nicht wahr? Aber zu den beiden kommen wir später noch.“
In Malyns Ohren klangen Niquos’ Worte wie eine Drohung.
„Vielleicht könntest du uns vorerst erzählen, was Ehliyan und Yanna dir berichtet haben?“
„Wie ich dich kenne, hast du die Zeremonie mit eigenen Augen verfolgt. Wenn dir so viel daran liegt, davon zu berichten, dann tue dies. Aber verschone mich mit deinen Spielchen.“ Malyns Geduld war am Ende. Es war kein Geheimnis, dass Niquos Malyn als Vorsitzenden für ungeeignet hielt. Doch da die anderen drei Ratsmitglieder das anders sahen, blieb Niquos nichtsweiter übrig, als seinem Standpunkt durch Sticheleien Ausdruck zu verleihen.
Malyn seufzte lautlos, als Niquos ein falsches Lächeln aufsetzte.
„Rajatshas ist heute achtundzwanzig Jahre alt geworden und hat damit ein Anrecht auf die Krone. Die Zeremonie, die für heute Morgen angekündigt war, stellte sich als seine Krönungszeremonie heraus.“
Malyn schloss die Augen. Natürlich hatte er das bereits gewusst, denn Niquos hatte mit seiner Vermutung richtig gelegen: Er hatte Ehliyan und Yanna geschickt, um sich die „Zeremonie“ anzusehen. Dass Rajatshas während dieser zum König gekrönt werden würde, hatte Malyn nur vermuten können. Nach ihrer Rückkehr hatten Ehliyan und Yanna ihm bestätigt, dass er mit seiner Annahme richtig gelegen hatte. Beinahe im selben Moment war Niquos’ Bote mit der Nachricht eingetroffen, dass sein Herr auf einer Ratsversammlung am Abend bestand.
„Was möchtest du damit sagen, Niquos?“, fragte Thoran ruhig.
„Ist das nicht offensichtlich?“ Auf einmal schien ein Feuer in Niquos’ dunklen Augen aufzuflammen. „Endlich ist eingetreten, worauf wir all die Jahre gewartet haben. Rajatshas ist König! Er hat Schelash vom Thron abgelöst! Die Jahre der Tyrannei könnten ein Ende haben. Unser Ziel ist in greifbare Nähe gerückt!“
„Dennoch wird sich Schelash nicht aus dem Regierungsgeschehen zurückziehen“, gab Lahlia zu bedenken. Ihr faltiges Gesicht trug einen immerwährend ernsten Gesichtausdruck, der sie älter wirken ließ, als sie war. „Dass Rajatshas nun offiziell Herrscher von Fativa ist, hat keine Bedeutung, solange es noch immer Schelash ist, die im Hintergrund die Fäden zieht.“
„Das ist richtig“, stimmte Niquos zu. „Aber nur, solange Rajatshas Schelashs Einmischung duldet. Versteht ihr nicht? Rajatshas hat endlich die Macht, seine Mutter in ihre Schranken zu weisen. Er kann sie vom Regierungsgeschehen ausschließen, sie sogar aus dem Palast jagen!“
Amjen, nach Malyn das jüngste Ratsmitglied, schüttelte nachdenklich den Kopf. „Das wird er nicht tun. Seine Mutter ist die einzige Bezugsperson, die er jemals hatte. Er wird sich nicht gegen sie stellen.“
„Nicht unter normalen Umständen.“ Niquos lächelte. „Aber was ist, wenn Rajatshas erfährt, dass seine Mutter ihn sein ganzes Leben lang belogen hat? Ich denke, ihr wisst, worauf ich hinaus will?“
„Was hast du vor?“ Malyn fürchtete die Antwort auf diese Frage, doch er musste sie stellen.
„Wir helfen Rajatshas, die Wahrheit herauszufinden. Dann wird er seine Mutter in einem völlig anderen Licht sehen und sich von ihr nicht mehr beeinflussen lassen. Schelash wird nicht mehr regieren, ja nicht
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