Götterbund (German Edition)
über die Vergangenheit nach, nicht wahr?“ Casaquann nickte bedächtig. „Du darfst die Menschen nicht verurteilen. Sie verlangten lediglich die Unabhängigkeit ihrer Rasse. Wir haben euch als selbstständige Wesen erschaffen. Wir hätten wir von Anfang an damit rechnen müssen.“
„Hättet ihr nicht auch damit rechnen müssen, dass irgendwann ein ungerechter Herrscher wie Schelash Elend über die Menschheit bringt?“, rutschte es Yanna heraus.
Der Gott schien sich nicht an dem indirekten Vorwurf zu stören. „Ja und nein. Menschen sind nicht fehlerfrei. Auch die Königsfamilie nicht. Deshalb schlossen wir mit ihr den Götterbund. Wir hofften, auf diese Weise positiv auf die Regenten einwirken zu können. Was wir nicht bedacht haben, ist, dass auch wir Götter nicht fehlerfrei sind.“ Die bernsteinfarbenen Augen blickten traurig auf Yanna herab. „Kaiya, die Schutzgöttin Schelashs, tat nichts, um die Herrschsucht ihres Schützlings einzudämmen. Im Gegenteil. Kaiyas Wesen ist dem von Schelash sehr ähnlich. Und sie brachte sich weit mehr in das Regierungsgeschehen ein, als es der Götterbund ursprünglich vorgesehen hatte. Schelashs machthungrige Natur wurde durch den Bund mit Kaiya sogar verstärkt. Sie hat getan, was kein Gott tun sollte: Sie hat den Götterbund missbraucht. Deshalb wird es ihr nie wieder erlaubt sein, einen Schützling zu wählen.“
„Wenn Schelash einen anderen Schutzgott gehabt hätte… “
„… dann wäre vielleicht nichts von alldem passiert. Wie gesagt: Wir versuchen, positiven Einfluss auf unsere Schützlinge zu nehmen. Doch manche Mitglieder der Königsfamilie wollen das nicht. Sie wissen zwar, wer ihr Schutzgott ist, doch sie wollen so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben. Unter diesen Umständen fällt es uns ausgesprochen schwer, auf unseren Schützling einzuwirken. Dann bleibt nur noch die Hoffnung, dass der Teil unseres Wesens, den wir durch den Götterbund auf unseren Schützling übertragen haben, ausreichen wird, um ihn auf den richtigen Weg zu lenken.“
„Ihr seid Götter“, entfuhr es Yanna. „Wenn ihr seht, dass ein Regent Elend über Fativa bringt, solltet ihr etwas dagegen unternehmen.“
„Das können wir nicht. Als wir zurücktraten um der heutigen Königsfamilie Platz zu machen, nahmen uns die Menschen das Versprechen ab, uns nie wieder in das Geschehen von Fativa einzumischen. Sie wollten wahrhaftig unabhängig sein. Noch heute sind wir an dieses Versprechen gebunden. Doch schon kurz nachdem die Königsfamilie gewählt worden war, geriet sie in Bedrängnis, wünschte sich Rat und Beistand von uns. So einigten wir uns auf den Götterbund. Durch diesen können wir Einfluss nehmen ohne unser Versprechen von damals zu brechen.“
„Wieso redet Ihr nicht mit Rajatshas? Ihr seid sein Schutzgott. Ihr könnt ihm sagen, dass er seine Regierungsweise ändern muss.“
„Das habe ich bereits versucht. Leider gehört Rajatshas zu jenen, die ihrem Schutzgott nicht allzu viel Beachtung schenken. Was zweifellos auf den Einfluss seiner Mutter zurückzuführen ist. All das ahnte ich bereits in dem Moment, in dem Rajatshas geboren wurde. Trotzdem wählte ich ihn als Schützling. Schon damals hoffte ich, dass Schelashs Bruder Tasharas ebenfalls bald ein Kind zeugen würde. Als es soweit war und du auf die Welt kamst, wusste ich, dass es noch Hoffnung gab. Rajatshas konnte dem Einfluss seiner Mutter noch immer entrissen werden. Doch dann stellte sich dein Vater gegen Schelash und wurde hingerichtet. Mit dem Ergebnis, dass du nur die ersten fünf Jahre deines Lebens im Palast verbringen durftest.“
„Ich verstehe das alles nicht… “
„Ich beschloss lange vor deiner Geburt, mit dir den Götterbund einzugehen. Es war mein Versuch, Schelash aufzuhalten. Ich konnte nicht mit Sicherheit sagen, was passieren würde, da noch kein Gott zwei Schützlinge zur selben Zeit hatte. Doch ich setzte darauf, dass der Teil meines Wesens, den sowohl du als auch Rajatshas durch den Bund mit mir erhalten habt, eine Verbindung zwischen euch beiden erzeugen würde.“
„Dieselbe Bindung, die wir auch zu dir haben“, schlussfolgerte Yanna.
Casaquann schüttelte den Kopf. „Indem ein Gott einen Teil von sich auf seinen Schützling überträgt, formt sich ein Band zwischen ihm und dem Kind.“ Er lächelte. „Ich kann meine Verbindung zu dir deutlich spüren und ich denke, du fühlst ebenso. Doch letztendlich bleiben wir Geschöpfe verschiedener Ebenen. Du bist ein Mensch,
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