Götterbund (German Edition)
Fehler macht. Zugegebenermaßen recht viele und gravierende in letzter Zeit. Nichtsdestotrotz sehe ich ihn als einen Teil meiner Familie. Außerdem: Warum lässt du dich von Rajatshas herumkommandieren? Du wirkst auf mich nicht wie jemand, der sich übermäßig mit seiner Regierungsweise identifiziert.“
„Das tue ich auch nicht.“
„Also ist es das Geld, das du für deine Dienste als Taissin erhältst? Und das Haus im Weißen Viertel?“
Shaquess machte eine wegwerfende Geste. „Das Haus ist viel zu groß und das Geld nur ein netter Nebeneffekt.“
„Wenn du von der Regierung nicht überzeugt bist und das Geld und das Haus nicht brauchst, könntest du eigentlich den Rebellen beitreten, oder?“
Shaquess hielt nachdenklich inne. Eine dunkle Locke fiel ihm in die Augen, die er mit einer abwesenden Geste zur Seite strich. Er setzte gerade zu einer Antwort an, als sein Blick plötzlich von Yanna abschweifte und sich auf einen Punkt neben ihr fixierte.
Die junge Frau wandte sich um und sprang erschrocken zurück. Dort, wo Shaquess’ Blick haften geblieben war, flimmerte die Luft.
„Ignorier es einfach“, riet Shaquess. Er hatte sich bereits von dem Phänomen abgewandt und seine volle Aufmerksamkeit wieder auf Yanna gerichtet. „Wo waren wir stehen geblieben?“
„Was ist das?“, fragte Yanna atemlos.
„Nichts Besonderes. Mir scheint, du wirst gleich Bekanntschaft mit einem deiner Götter machen.“
Kapitel 6
„Sie tauchen auf, wann immer es ihnen beliebt. Ohne in Erwägung zu ziehen, dass sie stören könnten“, beschwerte sich der Taissin.
Yanna starrte Shaquess an. Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf. Doch bevor sie eine von ihnen stellen konnte, nahm sie aus den Augenwinkeln plötzlich eine Gestalt wahr.
Yanna wirbelte herum. An der Stelle, an der eben noch die Luft geflimmert hatte, stand ein weißhaariger Mann. Er hatte hellbraune, ja bernsteinfarbene Augen, und trug einen roten Umhang.
Während Yanna ihn anstarrte, verschwand die Aufregung und Neugier, die sie im ersten Augenblick verspürt hatte. Was blieb war ein Gefühl, das jenem glich, welches sie stets Rajatshas gegenüber empfand: Zugehörigkeit. Sie sah in die gütigen Augen des Gottes und musste nicht fragen, wer er war. „Casaquann.“
„Dashamien.“ Seine tiefe Stimme dröhnte von den Wänden wider.
Yanna musterte ihn fasziniert. Noch nie hatte sie einen Gott gesehen. Denn seit diese nicht mehr selbst über Fativa herrschten, kam das gemeine Volk nicht mehr mit ihnen in Berührung.
„Ich freue mich auch, Euch zu sehen“, warf plötzlich Shaquess ein.
Sowohl Yanna als auch Casaquann wandten sich dem Taissin zu.
„Shaquess“, stellte der Gott resigniert fest. „Wieso lässt du mich nicht einen Augenblick mit Dashamien allein.“
„Weil ich mich gerade mit ihr unterhalte.“
„Das war keine Frage“, stellte Casaquann klar.
„Es hat sich aber wie eine angehört.“
Yanna sah zwischen dem Gott und Shaquess hin und her. Als beide schwiegen, wandte sie sich an den Taissin: „Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn du uns allein lassen würdest.“ Denn so viel war klar: In Shaquess’ Anwesenheit wäre es kaum möglich, mit Casaquann ein ungestörtes Gespräch zu führen.
„Ich hätte mir denken können, dass du ihn mir vorziehst.“ Er zwinkerte Yanna zu und erhob sich. Dann verließ er den Kerker.
„Es ist mir wirklich eine Freude, dich wieder zu sehen, Dashamien.“
Yanna lächelte unsicher. Im Grunde sah Casaquann wie ein gewöhnlicher Mensch aus. Wäre sie ihm auf der Straße begegnet, wäre sie nie darauf gekommen, dass es sich bei ihm um einen Gott handelte.
Casaquann schien ihre Gedanken zu erraten. „Früher, als wir Fativa noch selbst regierten, kannte ein jeder Mensch unser Erscheinungsbild. Natürlich hätten wir auch eines wählen können, das nicht so… normal aussieht.“ Er lächelte. „Doch wir glaubten, dass dieses Aussehen, welches dem der Menschen so ähnlich ist, den Kontakt zwischen euch und uns erleichtern würde.“
Yanna versuchte sich vorzustellen, wie es damals gewesen sein musste. Damals, als noch die Götter selbst regiert hatten. Aus Erzählungen wusste sie, dass sie gerechte Herrscher gewesen waren. Doch den Menschen war das nicht genug gewesen. Sie hatten verlangt, von ihresgleichen angeführt zu werden. Die Götter gaben nach und die Menschen wählten einen König, dessen Familie von diesem Zeitpunkt an über Fativa herrschen sollte.
„Du denkst
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