Götterbund (German Edition)
weiter, bis sie ganz vorne angekommen war. Nur noch die Gardisten standen zwischen ihr und ihren Freunden. Sie würde diesen Wahnsinn nicht zulassen! Ihre Hand tastete nach dem Griff ihres Schwertes, doch griff ins Leere. Als sie aus dem Haus gestürmt war, musste sie die Waffe vergessen haben! Aber was machte das schon? Sie brauchte kein Schwert. Rajatshas selbst hatte ihr beigebracht, wie sie die ihr angeborene Waffe, das Feuer, nutzen konnte. Sie würde die Gardisten damit ablenken und dann Rajatshas angreifen! Sie würde Xano, Lahlia und Emyla befreien! Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Stellte sich das Feuer vor und wie es in ihr loderte.
Da wurde sie plötzlich an beiden Schultern gepackt, umgedreht und vorwärts geschoben.
Yanna stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Kraft, die sie von hinten schob. Sie drehte den Kopf und sah, dass es Shaquess war, der sie scheinbar mit aller Gewalt vom Platz zerren wollte.
„Lass mich…!“ Ihr wütender Schrei wurde durch Shaquess’ Hand, die er blitzschnell auf ihren Mund gelegt hatte, erstickt. Dafür war jetzt eine von Yannas Schulter frei. Sie drehte sich und drückte mit ihrem ganzen Körpergewicht gegen den Taissin, doch der wich keinen Zentimeter zurück.
Da hörte Yanna plötzlich Schreie. Entsetzlich hohe, laute Schreie voller Qual. Todesschreie.
Die Hinrichtung hatte begonnen! Sie kam zu spät!
Yanna kämpfte mit aller Macht gegen Shaquess, doch er ließ sie nicht los. Seine Arme hielten sie starr an seinen Körper gepresst, seine Hand verschloss ihren Mund.
Er stand unerbittlich da, verdeckte ihr sogar die Sicht auf das Podest. Plötzlich roch Yanna etwas. Rauch. Sie musste würgen. Er setzte Feuer für die Hinrichtung ein. Rajatshas benutzte die Fähigkeiten, die sie durch den Götterbund erhalten hatten, um ihre Freunde zu töten. Yannas Beine gaben nach, doch Shaquess’ Arme hielten sie aufrecht.
„Komm“, hauchte seine Stimme. „Es ist vorbei.“
Erst jetzt fiel Yanna auf, dass die Schreie verstummt waren. Was blieb, war der schwache Geruch nach Feuer und die Menschenmenge, die wieder zu tuscheln begann.
Shaquess schob Yanna vorwärts und diesmal wehrte sie sich nicht.
Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie den Weg vom Palast zu Shaquess’ Haus zurückgelegt hatte. Plötzlich saß sie auf seinem Stuhl an seinem Tisch und hielt einen seiner Krüge mit seinem Wein darin in der Hand. Verständnislos starrte sie auf die blutrote Flüssigkeit.
„Trink“, riet Shaquess. Er saß ihr gegenüber und ließ sie keinen Moment lang aus den Augen.
Sie starrte den Taissin an. Nur langsam erreichte das, was eben auf dem Platz hinter dem Palast geschehen war, ihren Verstand. „Warum hast du das getan?“, flüsterte sie. „Ich hätte sie retten können.“
„Indem du es mit hundert Gardisten und dem König gleichzeitig aufnimmst?“, fragte Shaquess mit ungewöhnlicher Schärfe in der Stimme.
„Genauso!“ Sie stellte den Weinkrug so hart auf dem Tisch ab, dass die rote Flüssigkeit überschwappte. „Ich hätte es schaffen können!“
„Du hättest es schaffen können, dich selbst zu töten. Sonst nichts.“
„Was geht dich das an?“, schrie Yanna und war plötzlich auf den Beinen. „Du hattest kein Recht, mich davon abzuhalten! Wärst du nicht gewesen, könnten Xano, Lahlia und Emyla noch leben!“ Yanna spürte, wie Tränen aus ihren Augen quollen. Sie wischte sie weg.
„Du hättest nichts mehr für sie tun können“, sagte Shaquess leise.
„ Du hättest etwas für sie tun können! Wieso hast du dich geweigert, ihnen bei der Flucht zu helfen?“
„Du hast jedes Recht, auf mich wütend zu sein.“
„Wahrscheinlich warst du derjenige, der sie festgenommen hat, oder? Du bist schuld daran, dass sie tot sind! Bei jeder Gelegenheit widersetzt du dich Rajatshas, aber wenn es darum geht, meine Freunde festzunehmen, tust du es gerne, nicht wahr?“ Unbändiger Hass flammte in Yanna auf. Wie hatte sie diesem Mann je ihr Vertrauen schenken, ihn gar einen Freund nennen können?
„Nein, das tue ich nicht“, sagte Shaquess mit Nachdruck. Plötzlich war da etwas in seinen Augen, das fast wie Verzweiflung aussah.
„Hast du Xano, Lahlia und Emyla festgenommen?“, hakte Yanna nach.
„Nein.“
Erleichtert ließ Yanna sich auf den Stuhl zurück sinken. Eben noch hätte sie alles darauf verwettet, dass sie dem Taissin nichts außer Hass entgegen brachte. Jetzt war sie einfach froh, dass er mit der Verhaftung ihrer
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