Götterbund (German Edition)
glaubte nicht, dass ihre Beine sie noch länger tragen würden.
Da spürte sie plötzlich eine Berührung an ihrer Hand und blickte auf.
Shaquess war neben ihr in die Hocke gegangen und sah sie an. „Manchmal passieren schreckliche Dinge“, sagte er leise. „Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als eine Lösung zu finden, mit der wir zumindest weiterleben können.“
Yanna versank in den grünen Augen. „Zum Beispiel sein Leben der Rache zu widmen?“
Shaquess lächelte. „Das ist meine Lösung. Deine wird anders aussehen.“
„Was ist meine Lösung?“
„Das kannst du nur selbst herausfinden.“
Yanna war nicht fähig, ihren Blick von Shaquess’ Gesicht loszureißen. Er war der einzige Mensch, der sie weder verurteilte, noch etwas von ihr erwartete. Während sie tief in die grünen Augen blickte glaubte sie zu erkennen, dass auch Shaquess Schreckliches in seinem Leben durchgemacht hatte.
Shaquess sah fragend zu ihr auf, als Yanna sich zu ihm vorbeugte. Sie dachte nicht darüber nach, was sie tat. Sie gab nur einem inneren Impuls nach, als sie ihre Lippen auf die des Taissins legte.
Shaquess schien im ersten Moment zu überrascht um zu reagieren.
Yanna legte ihre Hände in seinen Nacken und schloss die Augen.
Dann, endlich, küsste er sie zurück. Seine Finger strichen durch ihr Haar, berührten ihre Wange, ihren Hals. Er zog sie auf die Beine. Yanna presste sich an ihn. Shaquess’ Hände erkundeten ihren Körper und schoben sich schließlich unter den Stoff. Yanna keuchte leise gegen Shaquess’ Lippen. Sie löste sich von dem Taissin, um Luft zu holen. Mit rasendem Herzen sah sie zu Shaquess hoch.
Der Taissin betrachtete sie aufmerksam, ein leises Lächeln auf den Lippen.
Yanna stellte die erste Frage, die ihr in den Sinn kam: „Was bedeutet das?“
Shaquess antwortete nicht.
„Wie soll das weitergehen?“
Der Taissin öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Nachdenklich sah er sie an, doch schwieg.
Noch nie hatte Yanna Shaquess so unentschlossen erlebt.
„Ich weiß es nicht“, sagte er schließlich.
Die junge Frau nickte. Diese Antwort war keineswegs befriedigend, doch sie brachte es auf den Punkt. Sie wies auf all die Schwierigkeiten, all die Probleme hin, die dieser Kuss aus dem Nichts aufgewirbelt hatte. Und Yanna wusste, sie musste sich vorerst damit zufrieden geben.
„Weißt du, wo Yanna ist?“
Vor Schreck ließ Ehliyan beinahe den Krug fallen. Er hatte sich nur etwas Wasser holen und damit so schnell wie möglich wieder auf sein Zimmer zurückziehen wollen. Doch natürlich war das in diesem Haus nicht möglich. „Nein“, versuchte er, den Ratsvorsitzenden möglichst knapp abzufertigen und marschierte schnurstracks auf die Treppe zu.
„Warte.“
Ehliyan fluchte innerlich, doch blieb stehen. Er hatte geahnt, dass er sich früher oder später in ebendieser Situation wieder finden würde. Tatsache war nämlich, dass er genau wusste, wo Yanna war. Er hatte von seinem Zimmerfenster aus gesehen, wie sie kurz vor Sonnenaufgang das Haus verlassen hatte. Er vermutete stark, dass sie zu der Hinrichtung gegangen war. Doch das war nicht das Problem.
„Du weißt etwas“, stellte Malyn fest, nachdem er sich dem jüngeren Mann genähert hatte.
Ehliyan presste verärgert die Kiefer aufeinander. Er war nicht in der Stimmung, sich von Malyn verhören zu lassen.
Der Ratsvorsitzende seufzte. „Ich verstehe, dass du im Moment weit davon entfernt bist, mit mir reden zu wollen. Aber ich mache mir Sorgen um Yanna. Ist sie zu der Hinrichtung gegangen?“
Sorgen? Sicher. Alles, was Malyn wollte, war, nicht die Kontrolle zu verlieren. In der Hoffnung, den Ratsvorsitzenden endlich loszuwerden und wieder allein sein zu können, nickte er. „Natürlich ist sie dort. Aber das wusstest du anscheinend sowieso schon.“ Wieder drehte er sich um und begann, die Treppe hinauf zu steigen. Doch er kam nicht weit.
„Was ich nicht weiß, ist, wo sie jetzt ist. Die Hinrichtung dürfte längst vorbei sein.“
Die Bemerkung versetzte Ehliyan einen Stich. Obwohl er selbst wusste, wie spät es war, machte das laute Aussprechen dieser Tatsache das Ganze erst richtig real. Die Hinrichtung war längst vorbei. Emyla, Xano und Lahlia waren tot.
„Ehliyan.“
Etwas berührte den jungen Mann an der Schulter. Er fuhr herum und schlug Malyns Hand weg.
„Wo ist Yanna?“, fragte der Ratsvorsitzende ruhig.
„Ich weiß es nicht!“ Doch das war gelogen und ihm war klar, dass Malyn das wusste. Ehliyan
Weitere Kostenlose Bücher