Götterbund (German Edition)
Entscheidung unmöglich allein treffen!“
„Hast du das nicht schon längst getan?“
Yanna starrte den Taissin an.
Shaquess legte den Kopf schief und lächelte. „Schon als du im Palast vor die Wahl gestellt wurdest, fiel es dir äußerst schwer, Rajatshas’ Angebot auszuschlagen.“ Sein Tonfall wollte nicht ganz zu seinem gelassenen Gesichtsausdruck passen. War das, was sie in seiner Stimme hörte, Ärger? Bitterkeit? Yanna konnte es nicht benennen.
„Der Hauptgrund dafür, dass du es trotzdem getan hast, war deine Angst, Rajatshas nicht ändern zu können. Was im Grunde nichts anderes ist, als die Angst, zu versagen. Damit hast du deine Antwort. Denn Angst zu versagen hat man nur bei etwas, das man eigentlich erreichen will. Du willst Rajatshas ändern, willst zu ihm in den Palast gehen und es versuchen. Aber du willst dich nicht schuldig fühlen müssen, wenn du es nicht schaffst. Deshalb bettelst du darum, dass dir jemand deine Entscheidung bestätigt.“
Yanna schluckte und ließ sich zurück auf den Stuhl fallen. Sie wollte wütend sein, weil Shaquess so mit ihr sprach. Weil er diese unglaublichen Behauptungen anstellte. Doch sie konnte nicht. Weil sie plötzlich begriff, dass er Recht hatte. „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass Rajatshas eines Tages ein guter Herrscher wird“, flüsterte sie. „Ich will aufhören, mich für sein Verhalten schuldig fühlen zu müssen und ich möchte, dass das Band zwischen uns endlich zur Ruhe kommt. Wenn ich damals im Palast geahnt hätte, wohin meine Ablehnung gegenüber Rajatshas führen würde, hätte ich es nicht getan. Hätte ich gewusst, was er danach anrichten würde, hätte ich mich auf sein Angebot eingelassen. Jetzt habe ich die Möglichkeit, alles wieder gutzumachen. Ich schulde es Xano, Emyla und Lahlia. Ebenso Ehliyan und Lyza.“ Yanna war selbst verwundert, wie geordnet ihre Gedanken auf einmal waren. Alles war so offensichtlich, die Lösung lag direkt vor ihr. Wahrscheinlich hatte ihre Entscheidung tatsächlich schon die ganze Zeit festgestanden und sie hatte sich lediglich geweigert, sie zuzulassen. Aus Angst vor der Verantwortung, genau wie Shaquess gesagt hatte.
Der Taissin grinste. „Es war mir eine Ehre, dir behilflich sein zu dürfen.“
„Trotzdem würde ich gerne wissen, was du denkst. Nicht, weil ich die Verantwortung abgeben will. Sondern, weil mich deine Meinung interessiert.“
Shaquess schüttelte, noch immer lächelnd, den Kopf. „Was ich zu diesem Thema denke ist unwichtig.“
„Das ist es nicht!“ Wieso, um alles in der Welt, tat er sich plötzlich so schwer damit, seine Meinung zu sagen? „Ich möchte wissen, wie du den Gedanken findest, dass ich vielleicht bald in den Palast zurückkehren werde. Wie du dich dabei fühlst.“
„Das ist nicht nötig.“
Yanna schüttelte ratlos den Kopf. „Natürlich ist es das. Wenn man sich wichtig ist, nimmt man auf den Willen des Anderen Rücksicht.“
„Du musst tun, was du tun musst. Ebenso wie ich tun muss, was ich tun muss. In den Leben, die wir beide führen, bleibt kein Platz für Rücksicht, Yanna.“
Sie starrte Shaquess an und plötzlich glaubte sie zu verstehen. „Deine Rache wird niemals ein Ende haben, nicht wahr?“
„Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“
Sie nickte langsam. „Du kannst keine Rücksicht auf mich nehmen. Das willst du damit sagen, oder? Aber das bedeutet nicht, dass ich dich nicht in meine Entscheidungen miteinbeziehen darf.“
„Doch, das bedeutet es. In dieser Sache darfst du auf keinen anderen hören, als auf dich selbst. Dafür ist sie zu wichtig für dich.“
„Vielleicht hast du Recht. Diesmal. Trotzdem finde ich, dass du dich gestern im Wald ruhig eher hättest bemerkbar machen können.“
Shaquess schwieg.
Yanna seufzte. „Also gut: Ich habe meine Entscheidung getroffen und werde sie nicht mehr ändern. Nicht für dich und für niemanden sonst. Bist du jetzt zufrieden?“
„Ja.“
„Sagst du mir nun, was du über die ganze Sache denkst?“
„Nein.“ Ein herausforderndes Lächeln umspielte Shaquess’ Lippen.
Yanna betrachtete den Taissin nachdenklich. Und plötzlich lag es auf der Hand. Anstatt ihn dazu bringen zu wollen, dass er ihr seine Meinung offenbarte, hätte sie nur ihren Verstand benutzen müssen. Shaquess widerstrebte nichts mehr, als sie in ihrer Entscheidung zu beeinflussen. Da er die ganze Zeit davon ausgegangen war, dass sie zu Rajatshas in den Palast ziehen wollte, konnte das nur bedeuten, dass
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