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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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hinzu. »Ich kann nicht sagen, dass mich Ihr Besuch gefreut hätte, aber er war – in gewisser Weise erhellend. «
    »Darauf kam es mir an, Mr. Norton«, erwiderte die Frau und belohnte Johnny mit einem anerkennenden Blick. Mit mehr hatte er ohnehin nie rechnen können. Die Hand, die sie ihm zum Abschied reichte, war kühl, als hätte sie im Luftstrom der Klimaanlage gelegen. Aber vielleicht war sie als Einheimische auch an höhere Temperaturen gewöhnt als die meisten Gäste.
    Schon fast an der Tür drehte sie sich noch einmal um und fragte in gespielter Fürsorglichkeit: »Soll ich für heute Abend eines der Mädchen für Sie ordern?«
    »N… nein, wieso?« Johnny geriet beinahe ins Stottern. Erst als sich ihre Blicke trafen, begriff er.
    »Ja doch, warum nicht.«
    »Dann bis später, Mr. Norton.«
    Schneewittchen schlüpfte hinaus.
    Die dicke Lederpolsterung schluckte das Klicken der Pfennigabsätze, als die Tür ins Schloss fiel, und zurück blieb nur ein Hauch von Blütenduft, der rasch verflog.
    Johnny wartete ein paar Minuten, bevor er begann, sein Domizil zu überprüfen. Zwar garantierte das Hotel seinen Gästen Diskretion, aber das bedeutete nicht zwingend, dass es tatsächlich keine Kameras oder Abhörvorrichtungen gab. Allerdings hätte Schneewittchen dann wohl kaum so offen mit ihm gesprochen, wobei Johnny nicht einmal ausschließen konnte, dass diese vermeintliche Offenheit Teil eines abgekarteten Spiels war …
    Dennoch schien das Zimmer clean zu sein, zumindest zeigte der Scanner keinerlei verdächtige Emissionen. Die Messergebnisse gewährleisteten zwar keine absolute Sicherheit – immerhin war es möglich, dass der Raum mittels drahtgebundener Kameras und Richtmikrofone überwacht wurde –, aber derartige Installationen würden das Hotel-Management im Falle einer Entdeckung nachhaltig kompromittieren. Einen solchen Skandal würde ein Haus mit der Reputation des »Excelsior« kaum riskieren.
    Doch selbst für den Fall, dass Johnny innerhalb seiner angemieteten vier Wände tatsächlich weder belauscht noch visuell überwacht wurde, änderte das nichts an seinem Dilemma. Offenbar entsprach er so wenig dem Typus des »normalen« Patonga-Touristen, dass er automatisch Misstrauen oder zumindest besondere Aufmerksamkeit erregte. Weshalb sonst hätte ihn Mrs. Ramakian mit ihrem Besuch beehrt?
    Angesichts der Umstände beschloss Johnny, seine Recherchen vor Ort erst einmal zu verschieben. Stattdessen aktivierte er sein Compad, verband es mit der zimmereigenen Sphere -Schnittstelle und schickte James eine verschlüsselte Nachricht. Ailin Ramakian erwähnte er allerdings mit keinem Wort …
      
    »Du bist verrückt«, sagte die Frau mit einem resignierten Lächeln, machte aber keinerlei Anstalten, ihn freizugeben. »Sie werden dir eine Zaramu auf den Hals hetzen, wenn sie Wind davon bekommen.«
    »Zaramu?«, murmelte Johnny desinteressiert. »Wer soll das sein?«
    »Der Tod«, sagte Ailin Ramakian leichthin und begann sich erneut leicht und rhythmisch zu bewegen. »Aber noch lebst du ja.«
    »Wirklich?«, flüsterte John und nahm ihre Bewegung auf.
    »Doch«, lächelte die Frau und hob seinen Kopf zwischen ihre Brüste. Der Blütenduft wurde stärker und mischte sich mit dem Geruch ihrer Erregung. Das Karussell begann sich wieder zu drehen und zog Johnny in sich hinein wie ein Strudel, bis er nichts anderes mehr wollte, als ein Teil von ihm zu werden, sich zu verlieren mit allem, was er besaß und war. Einen Moment lang wurde ihm schwarz vor Augen, bevor ihn die Woge überrollte und er mit einem erlösten Aufschrei in einem Meer aus Licht und Farben versank.
    Später, als sie erschöpft voneinander abgelassen hatten und der Schweiß auf ihren Körpern zu trocknen begann, dachte Johnny an den Tod. Er war ihm nahe gewesen, das spürte er am ängstlichen Schlag seines Herzens, aber vielleicht war der Tod auch ganz anders als jener atemlose Moment vollkommener Dunkelheit und Stille von eben, der möglicherweise nur der Erschöpfung geschuldet war.
    »Geht es dir nicht gut?« Ihre Hand strich sanft wie ein kühlender Windhauch über Johns Stirn.
    Seltsam, es war dunkel im Raum, und trotzdem hatte die Frau seinen Stimmungsumschwung bemerkt.
    »Doch, es kam mir nur einen Moment lang so vor, als hätte gar nicht so viel gefehlt …« Er suchte vergeblich nach Worten.
    »So schnell stirbt man nicht, Johnny Noname«, bemerkte die Frau, und er wusste, dass sie lächelte dabei. »Schon gar nicht davon. «
    Doch als

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