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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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fliehen. Zumal die Straßen nicht verstopft waren. Und wohin hätten die Leute auch laufen sollen?
    Sie holte tief Luft und pustete sie aus, wobei sie dem Geräusch ihres Atems lauschte. Sie fühlte sich gut.
    Ich bin gesund , dachte sie. Zumindest vorläufig.
    Dann fiel ihr das Gespräch mit Daniel ein. Nervös wählte sie seine Nummer. Daniel nahm nicht ab.
    Das hat nichts zu bedeuten . Er hat auch beim ersten Anruf nicht abgenommen. Er nimmt fast nie ab. Wahrscheinlich schläft er und es geht ihm gut, während ich hier sitze und mich vor Angst kaum zu rühren wage.
    Das mochte stimmen. Andererseits – was wenn er keine Erkältung hatte? Wenn er sich mit diesem unheimlichen Virus infiziert hatte?
    Eva spürte, dass ihre Hände und ihre Nase kalt waren. Eiskalt. Ihre Sorgen hatten sich in Furcht verwandelt. Ihr war schwindelig. Sie lehnte sich an, schloss die Augen und wartete, dass der Schwindelanfall vorbei ging.
    Ich muss unbedingt nach Hause und nach Daniel sehen. Hier kann ich sowieso nicht bleiben.
    Sie schlug die Augen wieder auf, erhob sich und packte die wenigen Sachen, die herumlagen in ihren Koffer. Sie musste sofort zu Daniel. Sehen, dass es ihm gut ging – und er nur an einem harmlosen grippalen Infekt litt. Dann würde sie ihm trotz seines Protestes einen Salbeitee kochen und ihn fragen, ob er etwas brauchte. Und sie würde ihm verbieten, die Wohnung zu verlassen. Sicher war er bald wieder auf den Beinen. Eine Erkältung war schließlich kein Drama. Ein kleiner Schwächeanfall auch nicht. Wenn sie nur wüsste, wie man sich vor einer Ansteckung mit dieser neuen Krankheit schützen konnte. Die Ärztin im Fernsehen hatte gesagt, dass es kein Gegenmittel gab, aber das hieß nicht, dass man sich zwangsläufig infizieren musste.
    Sie rollte ihren Kragen so weit hoch, dass er Mund und Nase bedeckte und verzog das Gesicht. Sie wusste, wie albern dieser Versuch war und wie lächerlich sie aussah, doch was sonst konnte sie tun?
    Eva warf einen prüfenden Blick in den Spiegel und schob ihren langen Pony zur Seite. Das tat sie immer, bevor sie das Haus verließ. Normalerweise trug sie auch ihren dunkelroten Lippenstift auf. Es fiel ihr schwer, diesem Impuls jetzt zu widerstehen. Manchmal hasste sie sich für ihre Eitelkeit.
    Das Zimmer verließ sie mit gesenktem Kopf, flach atmend, um möglichst keine Viren in ihre Lungen zu lassen. Sie zog den rechten Ärmel ihres Pullovers so weit nach unten, dass ihre Hand darin verschwand, um nichts mit bloßer Hand berühren zu müssen. Den Rollkoffer zog sie mit der linken Hand hinter sich her. Auf dem ganzen Weg zum Auto begegnete ihr niemand. Eva wusste nicht, ob sie darüber froh sein sollte.
     
    •
     
    Er war viel langsamer gelaufen, als er gekonnt hätte. Nichts wollte Tom II weniger, als erneut zu FUOP-TECH, noch dazu, wo Eisenberg Macht über ihn besaß. Aber er hatte es versprochen. Und immerhin war es möglich, sogar wahrscheinlich, dass Eisenberg sich selbst in einem Transferprozess befand. Dann hätte Tom ein paar Stunden Zeit und Ruhe.
    Inzwischen war die graue Dunkelheit der Nacht dem Morgenlicht gewichen. Hin und wieder kämpften sich einzelne Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Tom stand vor dem Eingang der Zentrale. Der lange Schatten des Gebäudes senkte sich wie ein düsteres Omen auf ihn hinab. Er sah auf seine fremden Hände, die eine alte Maschinenpistole hielten. Das war die einzige Waffe aus seinem Van, die nicht mit DNA-Scan funktionierte. Beinahe hatte er vergessen, dass es sie überhaupt gab. Tom hatte auch den EMP-Werfer in der Hand gehabt und bedauert, ihn nicht einsetzen zu können, aber abgesehen von dem DNA-Scan würde dieses Ding ihn womöglich selbst zerstören. Er musste bei herkömmlichen Waffen bleiben. Tom wusste nicht, auf was für eine Armee er treffen würde – falls er überhaupt auf irgendetwas traf, aber da FUOP-TECH mit der Sache zu tun hatte, vermutete er, dass eine Menge Roboter dabei waren.
    Er trat aus dem Schatten des Gebäudes und passierte den Eingang. Dass er selbst noch vor wenigen Stunden auf der Jagd nach einem Roboter gewesen war, kam ihm beinahe verrückt vor. Tom fragte sich, ob es möglich war, dass der RT ähnlich empfand wie er. Ob er die Welt mit den gleichen Augen sah. Er war immer noch der Überzeugung, dass es richtig war, ihn auszuschalten – Bewusstsein hin oder her, Mord blieb Mord, egal aus welchen Gründen – aber er konnte inzwischen nachvollziehen, was in ihm vorgegangen sein mochte.
    Nein,

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