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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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dem noch sein Notebook lag und explodierte. Der Tisch wurde herumgerissen. Das Notebook verwandelte sich in einen schwarzen Klumpen geschmolzenen Kunststoffs. Oliver wurde gegen die Wand unter den Fenstern gedrückt. Er wälzte den brennenden Arm auf dem Boden und schaffte es, die Flammen zu ersticken. Ein großer Stein traf ihn an der Schulter. Er kam wieder auf die Beine und kletterte mühsam auf das Fensterbrett. Irgendwie gelang es ihm, das Fenster zu öffnen, bevor der nächste Feuerball ihn treffen konnte. Ohne nachzudenken ließ er sich auf der anderen Seite ins Freie fallen. Aus dem Gebäude hörte er weitere Explosionen. Hitze drang aus den kaputten Fensteröffnungen.
    Oliver rappelte sich auf und rannte. Er hoffte, dass ihn keines der Geschosse aus dem Gebäude erwischte und dass es hier draußen nicht noch mehr Killermaschinen gab. Im Schein der Laternen sah er leblose Körper auf der Straße liegen. Er hatte allerdings keine Zeit, ihnen mehr als einen flüchtigen Blick zu schenken. Weitere Detonationen ließen das Dach des Lagerhauses einstürzen. Fassungslos drehte Oliver sich nach der brennenden Ruine um und bemerkte eine rußgeschwärzte Gestalt, die sich über die Wiese schleppte. Es war unmöglich zu sagen, um wen es sich handelte. Der Statur nach zu urteilen, war es ein Mann. Rambo vielleicht. Oder Vincent. Obwohl sich alles in ihm sträubte und ihn drängte, weiterzurennen, wartete Oliver und als die Gestalt nahe genug gekommen war, packte er sie mit dem unverletzten Arm und zerrte sie mit sich zum Lieferwagen, der in der Nähe parkte.
     
    •
     
    Sophie hatte ihre Schürze gegen eine dünne Baumwolljacke getauscht. Sie führte Ben in einen gepflasterten Hinterhof, in dem mehrere Fahrzeuge parkten.
    „Es ist nicht weit“, sagte sie und wies auf ein altes Motorrad, dessen Farbe sich trotz der hellen Straßenbeleuchtung nur schwer bestimmen ließ. Irgendeine Mischung aus Blau, Grau und Braun. „Es ist furchtbar alt, ich weiß“, meinte Sophie. „Aber es fährt – und ein modernes Krad würden sie mir hier bloß klauen. Steig auf!“
    Ben zögerte, folgte dann aber ihrer Anweisung. Er hatte noch nie auf einem Motorrad gesessen, wofür er sich im Moment fast schämte. Nervös rutschte er auf seinem Sitz umher und suchte etwas zum Festhalten. Sophie setzte sich einen Helm mit dunkel getöntem Visier auf. „Damit blenden mich die Scheinwerfer der anderen Fahrzeuge wenigstens nicht“, meinte sie. „Ich bin da ziemlich empfindlich. Eigentlich dürfte ich nachts überhaupt nicht fahren. Aber was soll’s. In diesem Viertel gehe ich nicht mal am Tag zu Fuß.“
    Ben nickte. Dann fiel ihm ein, dass die Frau vor ihm das nicht sehen konnte. „Mmh“, brummte er. Obwohl von Sophie keine Gefahr auszugehen schien, fühlte er sich unbehaglich und einen Moment lang überlegte er, ob er nicht doch besser absteigen sollte, aber da hatte sie bereits den Motor gestartet. Das Krad knatterte und hustete wie ein schwerkrankes mechanisches Tier.
    „Du musst dich an mir festhalten“, schrie Sophie. Zögernd legte Ben beide Arme um ihre Taille.
    Sie fuhren auf die Hauptstraße. Alle zweihundert Meter standen die elektronischen Informationstafeln und jedes Mal, wenn sie eine davon passierten, drehte Ben nervös seinen Kopf zur Seite.
    Lass sie nicht mein Foto entdecken.
    Wieder und wieder hielt er den Atem an, aber die Tafeln, an denen sie vorbeikamen zeigten nur Reklame.
    Sophie bog in eine grell beleuchtete Seitenstraße mit zahlreichen Geschäften ab. Die meisten waren noch geöffnet, wenn auch wenig besucht. Sophie hielt an und stellte das Motorrad unter einer im Sturm leicht schwankenden Straßenlaterne ab.
    „Dort ist meine Wohnung“, sagte sie und zeigte auf zwei dunkle Fenster im obersten Stockwerk eines Altbaus. Im Erdgeschoss befand sich das Schaufenster einer Bäckerei. In einer Vitrine stand ein Korb mit Brötchen, daneben ein täuschend echt gearbeiteter Kunststoff-Schokoladenkuchen und eine Schüssel mit Pfannkuchen. Der Raum dahinter war dunkel.
    „Ist schon komisch oder?“, meinte sie als sie sein verwundertes Gesicht sah. „Ich wohne mitten in einer Geschäftsstraße und arbeite in einem so herunter gekommenen Viertel.“ Sophie zuckte die Achseln. „Na ja, hat sich halt so ergeben.“
    Ben nickte. Ein paar Passanten näherten sich und er drehte eilig den Kopf weg, damit sie ihn nicht erkennen konnten. Durch die reflektierende Schaufensterscheibe beobachtete er, wie sich die Leute

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