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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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Giovan als Großmeister wieder von Neuem; seine Ungnade, die vor ihm verschlossenen Türen, während Giulia triumphierte, diese Zeiten waren ein für alle Mal vorüber. Jetzt zeigte sich die Kehrseite der Medaille; zu seiner äußersten Überraschung und zu seinem größten Entzücken bemerkte der Italiener, dass er sich vergeblich verausgabt hatte, um diese Sultanin hinauszuwerfen, denn plötzlich sah er, dass die Maschine weit besser aus eigenem Antrieb lief als durch von ihm unternommene Anstrengungen. Aus den Tiefen des Palais erhob sich eine undeutliche Stimme, die offen den Fall der Belcredi verkündete, und auch die Tatsachen sprachen für sich. Keine gemeinsamen Mittagessen mehr; die wechselnden Launen des Herzogs hatten die Vorzeichen umgekehrt; die Liebkosungen, die Aufmerksamkeiten schienen ihn mittlerweile als verlebt und verblichen anzuwidern. Wenn sie doch einmal einen Augenblick lang beisammen waren, so sprang das Gezwungene des Herzogs ins Auge. Er gähnte und wusste nicht, worüber er reden sollte. «Sieh an! Da kommt der Galan von Sophie!», sagte er schließlich, am Fenster stehend, und machte damit jeden Tag dasselbe abgeschmackte Späßchen, wenn Pater Le Charmel eintraf, der Beichtvater und platonische Freund der Prinzessin von Hanau. Man sah die beiden recht häufig zwischen den Orangenbaumbeeten, die sich ebenerdig vor Ottos Wohnung erstreckten und die gestutzt und regelmäßig wie ein Lustwäldchen aus Vasen, Statuen und Blumenbeeten inmitten der Gärten terrassenförmig über dem großen Bassin lagen. Manchmal schleppte sich auch Christiane dorthin und zog düster mit ihnen durch die Abenddämmerung; nun versäumte Karl von Este nicht, verächtliche Scherze über das hässliche, die Wange des Dominikaners bedeckende Feuermal hinzuwerfen. «Was für ein Gesicht! Ein schöner Galan, der sich auf diese Art die Frauen gefügig macht!» Das erinnerte Giovan an den genau gleich empfundenen Neid des Abbé Sotto-Cornela, eines seiner guten Freunde in Rom, und an die dort unten für Franz aufgestellten Fallen; und der Possenreißer begann äußerst unruhige Nächte zu verbringen, denn er wartete ungeduldig darauf, endlich irgendwelche Neuigkeiten zu erfahren.
    Am Dienstag, den 12. August, als er um halb zehn hinausging, um eine Bestellung von Duftwassern und Pommaden bei Felix (daran hat sich Giovan später immer erinnert) aufzugeben, rannte man ihm aus dem Gebäude nach: «Warte! Warte!» Es ging um ein per Depesche geschicktes Billett, welches nur folgende, reichlich rätselhaften Worte enthielt:
    Lass eine Messe zum guten Gelingen lesen
    und der Name seiner Schwester darunter. Um mehr zu erfahren, lief der Italiener zur Mondsüchtigen. Es war höchste Zeit. Genau in diesem Augenblick spielte sich in Rom die Farce ab, und sobald die Frau eingeschlafen war, schilderte sie den Ort und die überraschenden Ereignisse aufs Genaueste: In dem rot gefliesten Empirezimmer stand mit glühendem Gesicht Emilia, deren Ähnlichkeit mit Giovan die Sibylle aufschreien ließ, ein Mann lag zu ihren Füßen, der sie anzuflehen schien. «Armer Franz!», höhnte der Italiener. «Tja! Ich weiß, was man dir antwortet: ‹Ich will mich nicht der Verdammnis anheimgeben … Lass uns einen Priester finden› – kurz, alles, was normalerweise einer hübschen kleinen heimlichen Heirat auf römische Art vorausgeht …»
    Tatsächlich änderte sich plötzlich die Szenerie. O große Freude! Franz hatte eingewilligt … Emilia küsste ihn … eilte umher … ging mit ihm ab. Daraufhin hatte in der Person des guten Abbé Sotto-Cornela, gut zu erkennen an seinem großen Feuermal, ein dritter Darsteller seinen Auftritt und folgte dem Paar durch die Straßen. Dann schilderte Dona Estefania, so müde sie auch sein mochte, Minute für Minute die Messe, ganz so wie Arcangeli sie viele Male in der kleinen Kirche des Trastevere 119 gehört hatte, die Beschreibung des dunklen Schiffs, kniende Leute aus dem Volk, brennende Kerzen. Unvermittelt läutet ein Glöckchen. Am Altar hebt der Priester die Hostie hoch. Emilia ergreift Franz’ Hand und flüstert ihm ein paar Worte zu: «Mein François, ich nehme dich zum Gatten.»
    «Emilia, ich nehme dich zur Gattin!»
    Und brüsk fiel der Vorhang, denn Giovan hatte nun alles gesehen, was er sehen wollte. «Ach, das gute Briefchen von La Châtre 120 », sagte sich Franz in Rom zur selben Zeit in der Gewissheit, dass eine solche Heirat sowieso nichtig sei, die – so unerklärlich solche Zaubereien

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