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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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genau einundvierzig hatte anzünden lassen, die schicksalhafte Zahl seiner Exiltage, aber dieser fuhr so lange fort, zu beten und sich vor die Brust zu schlagen, bis er seine einundvierzig «Pater noster», gespickt mit ebenso vielen «Ave Maria», zu Ende gebracht hatte.
    Da stellte sich der arme Graf vor ihn und klagte: «Du reist ab, Giovan, du lässt mich im Stich, ein Jammer, du warst meine einzige Hoffnung.»
    Er trug Gamaschen und eine blaue Hose und wirkte mit seinem Backenbart und seinem kleinen Spaniel unter dem Arm so korrekt, dass Giovan, in Erinnerung an die Gamaschen tragenden und fashionablen Reisenden, die ihm früher auf der Straße nach Castellamare grani 110 zugeworfen hatten, scherzend meinte: «Nicht doch, signor Inglese 111 , nur Mut! Ach, mein Gott!! Ihr werdet nicht daran sterben!» Er neigte sich zu seinem Ohr: «Gebt Eurem Vater unverzüglich Bescheid, dass Ihr mich noch braucht, für drei, vier Tage … in höchst wichtigen Angelegenheiten … laufende Verhandlungen … die Interessen Seiner Hoheit»; und er fasste ihn am Arm, nötigte ihn, auf jeder Stufe stehen zu bleiben; und da von der Schwelle der Kirche aus, wo Franz seinen Hund von der Leine ließ, auf den Mauern mehrfarbige Anschläge zu sehen waren, Fehdeparolen von zwei Taschenspielern, die zu jener Zeit beim römischen Gesindel sehr beliebt waren:
    Frizo fürchtet Patrizio nicht
    Patrizio fürchtet Frizo nicht,
    rief Giovanni mit Luftsprüngen und seinen Hut hochwerfend: «Und ich fürchte weder Frizo noch Patrizio, verehrter Herr Graf; noch ehe drei Tage vorüber sind, werden Emilia und Ihr wie zwei Turteltäubchen sein.»
    Noch ungefähr eine Woche sah man den Neapolitaner mal hier, mal dort, häufig in Gesprächen mit Handlangern, und wie er unter dunklen Torbögen zu geheimnisvollen abbati 112 sprach, immer unterwegs und geschäftig, und dabei machte er zweihundert Mal scheinheilig das Kreuzzeichen und ebenso viele unterwürfige Kniebeugen, weil es in der Ewigen Stadt so viele Kirchen gab. Als alles arrangiert war, als er seine Helfershelfer großzügig geschmiert und der Begegnung des Grafen mit Emilia beigestanden hatte, die voller Aufregung und lebhaftester Gefühlsausbrüche war, da brach Arcangeli endlich auf, den Kopf noch ganz voll von der großen Partie, die seine Schwester in Rom spielte, hatte aber die Nase schon auf das Hôtel Beaujon gerichtet und überlegt, wie er vor Ort das sichern und festigen würde, was in seiner Abwesenheit allmählich zurückerobert worden war.
    Er hielt nirgends an, verschlang eilig an zwei oder drei Bahnhofsbüfetts einen Kapaunschenkel; und an einem Mittwoch gegen neun Uhr passierte Arcangeli staubig, fröhlich und Kavatinen 113 vor sich hin trällernd das Génie d’or 114 der Julisäule, das bestimmt weniger munter und vor Freude strotzend war als dieser Teufelskerl.
    Wie verblüfft war der vortreffliche Herr d’Andonville, der auf der Freitreppe stand, in aller Ruhe die imposante Stille des Ehrenhofs genoss und seinen ochsenblutfarbenen Anzug im Spiegelbild des ihn umgebenden polierten Marmor und Jaspis zu betrachten schien, als er plötzlich einen ramponierten und schlammbespritzten Fiaker gewahrte, der wirkte, als sei er gleich einer hässlichen Raupe vom Himmel gefallen, und auf dessen Gepäckträger ein geborstener und mit einer Schnur zusammengehaltener Dienstmädchenkoffer sowie zwei oder drei Stoffsäcke lagen.
    «Was, Sie sind das!», rief er ganz bewegt, als er den Italiener erkannte.
    «O ja, ich bin es! Ich bin es! Ach, was für ein Glückstag!», und der unverschämte Komödiant grüßte mit seinem schwarzen, mit einer Pfauenfeder verzierten Filzhut die gastliche Fassade, als sein Blick auf die hinter einer Scheibe stehende Giulia fiel.
    «Mala bestia!» , 115 fluchte er und spuckte verächtlich aus … Mit leicht verfinsterter Miene stieg der Italiener die Freitreppe hinauf und erkundigte sich nach der Gesundheit Seiner Erlauchtesten Hoheit, während eine Gruppe von Küchenjungen, in deren Mitte ein riesiger, auf türkische Art gekleideter Neger stolzierte, eilends herbeikam, um ihn zu bestaunen.
    «Graf Otto …», antwortete der Normanne, der beiseitetrat, um dem Herrn Obersten Sekretär den Vortritt zu lassen …
    «Nein, nein!», protestierte der Italiener. «Eure Exzellenz möge vorausgehen … Aber was haben sie denn, diese coglioni 116 …?»
    «… hat gestern per Depesche beim Herzog angefragt … Nach Ihnen, Herr Arcangeli.»
    «Mich so anzustarren … Nichts

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