Goetterdaemmerung - Roman
Seine Hoheit scherzte darüber, während Lyonnette erklärte, dass jede Blume in den Medaillons, die auf die weißen und goldenen Holztafeln gemalt war, ihre Entsprechung in den Flakons im Schrank habe – und dass die Büsten sich folglich nicht dort befinden könnten.
Der Herzog entdeckte sie schließlich hinter einem Vorhang, der eine Fensterdekoration zu sein schien. Man sah sie alle zweiunddreißig auf ihrem Stucksockel stehen, platziert auf einer Art Estrade, die mit einer goldenen Kordel umgeben war; im Halbdunkel des kleinen Kabinetts glich eine so große Anzahl von Wachsmodellen mit blauen Venen, die eine unendliche Zahl von Spiegeln von allen Seiten reflektierten, eher dem Kuriositätenkabinett irgendeines Jahrmarktsscharlatans als anständigen Perückenköpfen für 50 Louis das Stück.
«Ganz entschieden ist Felix der bedeutendste Künstler in Europa», rief Karl von Este begeistert aus.
«Ach, die machen mir Angst!», meinte Lyonnette, die wieder den Blumensalon betrat, und ihr fiel auf, dass sie einmal mehr das «Monseigneur» vergessen hatte.
«Nehmt es mir nicht übel! Das ist», bemerkte sie, «einfach nur Leichtfertigkeit.»
Beide lächelten und sahen sich an; sie stand mit erhobenen Armen da und nahm ihre Pelzmütze ab; und er zog sie an ihrem Kleid zu sich und betrachtete ihr schönes blondes Haar, in dessen intensivem, goldenem Glanz im Sonnenlicht silberne Einsprengsel schimmerten. Doch in diesem Augenblick nieste er.
«Hilf Gott!», dachte Lyonnette. «Möge er deinen Zinken so machen wie meinen Schenkel und die Kinnlade wie meine Wade.»
Daraufhin klagte sie über die Kälte und wie früh sie dieses Jahr komme, stellte sich vor das Feuer und schürzte ihre Röcke ein wenig. Sie trug hautfarbene, derart aufreizende Strümpfe, dass kein Engel und kein Heiliger widerstanden hätte. Wortlos griff Karl von Este ihr ans Bein, und von dort nach ihrem Strumpfband. Dabei war er von dem Gedanken erfüllt, ob seine Perücke nicht herabfiele.
«Ach, mein Gott!», sagte die junge Frau, die sich rücklings auf das Kanapee fallen ließ. «Ich wusste nicht, dass mich Eure Hoheit dafür einbestellt hat …»
Arcangeli, Felix, Karl von Este und Lyonnette kehrten gegen vier Uhr ins Palais zurück. Die Kutsche war mit ihnen voll besetzt, zumal noch zwei Wachsbüsten hinzukamen, die Seine Hoheit hatte mitnehmen wollen – die Nr. 13 im blauen Frack und die Nr. 25 mit den Epauletten und den gelben Diamanten; und da es im Wagen eine kleine kalte Mahlzeit aus Patisserien gab, verschlangen der Hofnarr und Lyonnette diese Stärkung, als man die Stimme des Herzogs vernahm: «Oh! Oh! Drei Töpfe Konfitüre für Hildemar! Wenn dieser Tölpel sich nur nicht zu Tode gehungert hätte!» 128
Den Hut auf dem Kopf unterhielt sich Seine Hoheit damit, das Verzeichnis der Ausgaben für Nahrungsmittel zu überprüfen, das dieser Sturkopf d’Andonville auf der Sitzbank hatte liegen lassen, als die Pferde lostrabten; und ermuntert von dem Gelächter ringsherum fuhr Karl von Este halblaut fort:
«Am 29. – Abendessen der Bediensteten Seiner Hoheit … 114 Fr. 70
Süßigkeiten, die S. H. holen ließ … 20 "
Forelle für Gräfin Christiane … 14 "
Sieh an», meinte der Herzog und hielt kurz inne, «meine Tochter isst also freitags wie die Papisten fleischlos.»
Doch als er umblätterte, starrte er verstört und mit offenem Mund in das Verzeichnis, als habe er einen giftigen Skorpion darin entdeckt. Seine Brust schwoll vor Wut an, die Augen traten ihm aus dem Kopf; und als er aus der Tür stürzte, denn der Wagen erreichte gerade die Freitreppe, befahl er ungestüm dem erstbesten Diener, ihm auf der Stelle Fräulein Belcredi herbeizubringen.
«Wohin, Monseigneur?»
«Hierhin, du Riesentrottel!, in dieses Vestibül …»
Und Seine Hoheit ließ die Tür mit einer so wütenden Geste auffliegen, dass die auf beiden Seiten fein säuberlich aufgereihten Waffen und Rüstungen auf ihrem Holzständer erzitterten und sich von der fürchterlichen Maske, die am Helm des Montezuma hing, eine Feder löste und tanzend auf dem Boden landete. Im selben Augenblick erschien die Belcredi am Fuß der Treppe, wie auch sieben oder acht Lakaien, die dieser merkwürdige Aufruhr angelockt hatte.
«Stimmt es, Madame», fragte der Herzog von einem zum anderen Ende des Saals und ohne ihr die Zeit zu lassen, näher zu kommen, «dass Sie sich im vorigen Monat vierzehn Krüglein von meinem Bier haben servieren lassen?»
«Monseigneur», sagte die
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