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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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Die ganze Welt um sie herum versank; ihr erschöpfter Geist, der sich in einer unaufhörlichen Bewegung in sich selbst verkroch, schien schließlich doch einen Halt zu finden; und von einem einzigen Gedanken erfüllt, betrachteten sie die Dinge nur noch im Schein jener Fackel, die die Leidenschaft der Liebenden entzündet. Sie konnten nicht einmal für eine Stunde voneinander lassen. Kaum getrennt, streckten beide die Arme nach dem Bild des anderen aus; und sobald sie wieder beisammen waren, stritten sie, schlugen sich gar. Die Geliebte lenkte als Erste wieder ein. Und um in der Zeit, in der sie ihn umschmeichelte, ein wenig Gefühl zu empfinden und ihr nicht spröde und kalt zu begegnen, griff Otto darauf zurück, sich Giulia als Tote vorzustellen und zu denken, dass er sie eines Tages vielleicht würde begraben müssen. Da musste er am Ende doch weinen, und die brennenden Tränen, die auf das Kleid der Belcredi fielen, rührten die beiden Liebenden und drängten sie, einander das Herz auszuschütten.
    «Du bist zu fordernd», sagte sie.
    «Und du», sagte Otto, «du hast kein Vertrauen.»
    Zärtlich beklagten sie sich übereinander, und so fanden sie zu einem tiefen und innigen Verständnis ihres gemeinsamen Elends … Krank und unruhig, von unaufhörlichem Kummer verzehrt, in ihren Hoffnungen getrogen, angeekelt von dem Leben, das sie führten, und nicht länger vom Glauben an die Liebe beseelt, auf die Unendlichkeit brennend, ausgehungert nach einem Glück, das sie nirgendwo fanden, liebten sich Otto und Giulia trotzdem, ungeachtet des Abscheus, der Leere, ihrer zahllosen Streitigkeiten, liebten sich unbeschreiblich.
    Eines Nachmittags Anfang Juni – Otto erinnerte sich später, dass sie an jenem Tag etwas über den Prozess von Frau Lafarge 145 gelesen hatten, denn ihrer Zweisamkeit überdrüssig, liehen sie sich bisweilen Bücher aus einem Lesekabinett 146 in der Rue de la Vieille-Estrapade – saßen die beiden Liebenden mit aufgestützten Ellbogen auf dem überdachten kleinen Treppenabsatz oben auf der Holztreppe vor dem Hausgiebel. Ein eben abklingendes Gewitter trieb vor der untergehenden Sonne riesige schwarze Wolken über den Horizont, und noch immer grollte dort der Donner, während ein goldener Glanz von bezaubernder Heiterkeit den gegenüberliegenden Teil des Himmels bedeckte, dem die Liebenden zugewandt waren. Man hörte nur das reine Geräusch der tropfenden Blätter; der feuchte Sand unter den Kastanienbäumen war ganz übersät von rosafarbenen Kastanienblüten; Giulia ging hinunter, um ihre durch den heftigen Schauer geknickten Amaryllispflanzen aufzurichten, als plötzlich ein großer Landauer, ein einziges Blitzen von Kupfer und Stahl, aus der Rue des Postes einbog und vor dem Gärtchen anhielt. Die Belcredi stieß einen Schrei aus: «Der Herzog!»
    «Mein Vater!», rief Otto, der sich mit einem Sprung hinter die Tür rettete. «Was will er von uns? Bloß nicht öffnen …!», und er dachte an die fünfundsiebzigtausend Franc, die er aus dem Sekretär genommen hatte.
    «Nicht doch», sagte sie, «wie stellt Ihr Euch das vor? Zieht Euch in Euer Schlafzimmer zurück … Geh öffnen!», sagte sie zu Laury, die soeben erschien. «Aber zeigt Euch nicht, Otto, Ihr seht doch, der Italiener hebt schon den Kopf», wandte sie sich wieder drängend an ihn.
    Unterdessen erklommen der Herzog und Arcangeli von der anderen Seite des Flurs bereits die Treppe. Sie stieß Otto in sein Zimmer, küsste ihn voller Leidenschaft. Dann öffnete Giulia, einen Finger auf die Lippen gelegt, die Tür und schloss sie wieder – und der allein gelassene junge Mann hörte ihren Ausruf heftiger Gemütsbewegung, als sie ins benachbarte Zimmer trat.
    «Nun ja! Ich bin es!», sagte Karl von Este, dessen Stimme Otto erkannte. «Ich selbst kehre zu Ihnen zurück, Giulia, da Sie ja nicht geruhen, zu mir zurückzukehren.»
    «Monseigneur!», schrie die Belcredi auf. «Ich verstehe Euch nicht.» Sie errötete und machte mit erstaunlicher Heftigkeit Anstalten, sich zurückzuziehen.
    «Aber, Madame», sagte Giovan, «ein wenig Geduld, geruhen Sie doch, zu überlegen …»
    «Gehen Sie!», schrie sie den Diener an, plötzlich zurückschreckend, weil er die Dreistigkeit besessen hatte, ihren Arm zu ergreifen.
    «Madame … Madame», wiederholte der Herzog, sichtlich fassungslos.
    «Also – was wollt Ihr hier?», rief sie aus. «Was war mir bei Euch beschieden, Monseigneur, außer Beleidigungen? Euer Hund, Eure Pferde, Eure Lakaien wurden

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