Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
einzuschränken.«
»Amasis befürchtet, dass ihn ein Thronräuber nachahmen könnte, dass er den Helm aufsetzen und sich an die Spitze der Aufrührer stellen könnte, indem er sich zum neuen König erklärt.«
»Die Heerführer, allen voran Phanes von Halikarnassos, sind treue Anhänger von Pharao Amasis, dem sie alles verdanken!«, widersprach Nitis. »Wie sollten die Aufständischen denn die Ordnungskräfte überwältigen?«
»Was Ihr sagt, klingt überzeugend, aber jemand hat den Helm gestohlen und Amasis damit das Zeichen seiner Macht geraubt. Wie durch einen Zauber wird der König immer schwächer. Und der Räuber will selbstverständlich seinen Platz einnehmen. Nur ein hoher Würdenträger kann ein solches Vorhaben ausgeheckt haben.«
»Der König vertraut Gem voll und ganz«, fuhr Nitis fort. »Er ist nicht bereit, ihm die Leitung der Ermittlungen zu entziehen und ist überzeugt, dass der Raub des Helms und die Ermordung der Übersetzer zusammenhängen.«
»Inwiefern?«, fragte der Schreiber verwundert.
»Das Verbindungsglied seid Ihr, der Mörder und der Kopf der aufrührerischen Gruppe, die den Pharao stürzen will.«
Kel war entsetzt und ließ sich auf einen Hocker sinken.
»Dann muss ich fliehen, Nitis! Warum nur dieser wahnsinnige Hass?«
»Er ist alles andere als wahnsinnig und gehört zu einem ausgeklügelten Vorhaben, in dem Ihr den Sündenbock spielt.«
»Und der Pharao selbst verlangt meinen Tod! Vielleicht hat er ja auch beschlossen, dass die Übersetzer sterben mussten?«
»Amasis scheint heute eher das Opfer zu sein«, erinnerte Nitis.
Kel vergrub den Kopf in den Händen.
»In meinem Kopf tobt ein Sandsturm, ich kann keine zwei Schritte weit sehen! Alles ist auf einmal düster und unbegreiflich. Ich bin verloren, Nitis.«
Als sie zu ihm kam, umfing ihn ihr Duft.
»Man will Euch um den Verstand bringen, damit Ihr mutlos werdet, und dem Hohepriester hat man verboten, etwas zu unternehmen. Trotzdem bleiben wir nicht untätig. Außerdem weiß niemand, dass ich Euch zur Seite stehe.«
Irgendwie hatte er das Gefühl, die schöne Frau lächelte ihn nicht nur wie eine Freundin oder Vertraute an, verbot sich aber solche Träumereien.
»Ihr nehmt viel zu viele Gefahren auf Euch.«
»Bei uns in Ägypten hat die Frau die Freiheit zu entscheiden, was sie tut. Ist das nicht eine der schönsten Errungenschaften unserer Gesellschaft?«
»Für mich gibt es keine Zukunft, Nitis, im Gegenteil.«
»Und wenn Ihr diesen Helm wiederfinden würdet?«
Kel sah sie verblüfft an.
»Amasis zufolge hängen Raub und Mord zusammen«, sagte Nitis. »Verfügt er vielleicht über geheime Botschaften, die dies bestätigen? Wir sollten uns nicht irgendwelchen unbestimmten Vermutungen hingeben, sondern uns auf Tatsachen beschränken, um dieses Unwetter zu überstehen.«
»Mein bester Freund, der Schauspieler Bebon, wurde wegen mir eingesperrt. Vielleicht ist er bereits gestorben, im besten Fall wurde er zu Strafarbeit in einer Oase verurteilt.«
»Ich werde sehen, ob ich etwas in Erfahrung bringen kann«, versprach Nitis. »Am wichtigsten ist und bleibt aber der verschlüsselte Papyrus. Ich glaube, die Mörder waren hinter ihm her. Und dass sie ihn noch immer suchen. Ich habe in den Archiven vom Haus des Lebens damit begonnen, ihn zu erforschen. Aber ich fürchte, das wird eine langwierige und schwierige Aufgabe.«
»Und der Erfolg ist Euch nicht sicher!«, klagte Kel. »Schließlich haben wir den Schlüssel nicht.«
»Den es aber mit Sicherheit gibt. Verlasst Euch auf meine Ausdauer und meine Entschlossenheit.«
Wie gern hätte er sie in die Arme genommen und an sich gedrückt! Aber sie war die Oberpriesterin der Sängerinnen und Weberinnen der Göttin Neith, eine überaus schöne und kluge Frau, die einmal die Nachfolge des Hohepriesters antreten sollte. Bestimmt heiratete sie eines Tages einen hohen Würdenträger.
»Wir sollten zwei Abschriften von dem verschlüsselten Text machen und das Original verstecken«, meinte Nitis.
»Du hast recht, aber wo?«
»Dort wo ihn kein Mensch suchen wird: in der Grabkapelle für Pharao Amasis, hinter seiner Statue. Meine Abschrift nehmt Ihr, und ich behalte Eure. So schlingen sich unsere Schicksale ineinander, und wir können zu jeder Zeit an der Entschlüsselung arbeiten.«
Kel war einverstanden, und die beiden jungen Leute machten sich an die Arbeit.
Von diesen wenigen Zeichen in einer unverständlichen Abfolge hing die Zukunft ab.
»Wir dürfen den
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