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Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus

Titel: Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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der Seele und unterscheidet Erkenntnis von Wissen, indem man Letzteres Ersterer unterordnet.«
    »Was habt Ihr in Heliopolis und Memphis gelernt?«
    »Geometrie, Astronomie und die Lehre von den Symbolen führen zum Begreifen der Mysterien. Nicht im Lauf und nicht in der Zerstreuung, sondern während verschiedener Einweihungsrituale wurde mein Geist zur Macht der Götter erweckt.«
    »Habt Ihr die Akazie gesehen?«, wollte Nitis wissen.
    »Ich bin ein Sohn der Witwe und ein Diener von Osiris, dem ewig wiederbelebten Wesen«, antwortete Pythagoras richtig.
    »Ihr habt schon ein beträchtliches Stück Wegs zurückgelegt«, sagte der Hohepriester anerkennend.
    »Ich war auch in Theben, wo mich die Gottesdienerin, nachdem sie mich ausgiebig geprüft hatte, in die Mysterien von Isis und Osiris eingeweiht hat.«
    »Da gehorcht ein Mann einer Frau«, sagte Nitis. »Ist das aus griechischer Sicht nicht sehr anstößig?«
    »Auch in dieser Hinsicht haben wir noch sehr viel zu lernen. Wenn ich nach Griechenland zurückkehre, um dort eine Gemeinschaft von Eingeweihten zu gründen, werde ich ihre Türen auch den Frauen öffnen und ihnen – wie in Ägypten – Zugang zu den Mysterien gewähren. Wer sie nicht zu den hohen geistlichen Ämtern zulässt, stürzt die Welt in Gewalt und Chaos. Es ist vor allem eine Frau, Dame Zeke aus Naukratis, die mir mein Vorhaben sehr erleichtert hat. Sie schätzt die Freiheit, die sie in Ägypten genießt, und wünscht diese überall verbreitet zu sehen.«
    »Dann wollt Ihr also in Griechenland einen Orden der Eingeweihten gründen und dort die ägyptische Geheimlehre verbreiten, wie Ihr sie hier kennengelernt habt?«, fragte Wahibra.
    »Diese Aufgabe scheint mir vordringlich. Selbstverständlich könnte ich auch hierbleiben und den Weg der Erkenntnis weitergehen, bis meine letzte Stunde schlägt. Aber wäre das nicht sehr selbstsüchtig? Ich glaube, ich bin dazu berufen, den Griechen die Schätze zu enthüllen, die ich in Euren Tempeln entdeckt habe, und so ihre Seelen zu erheben. Sie müssen lernen, die Götter und Maats Gesetz mehr zu achten und Ehrfurcht vor dem gegebenen Wort, der Mäßigung und der Eintracht zu haben, indem sie die Rituale befolgen, mit denen sie zu den Inseln der Glückseligkeit gelangen können, also zu Sonne und Mond, den beiden Teilen, aus denen sich das Horus-Auge zusammensetzt.«
    »Was ist Eurer Meinung nach das Wesentliche?«, fragte Wahibra.
    »Die Zahl«, antwortete Pythagoras. »Jedes Wesen besitzt seine eigene Zahl, und sie zu kennen führt zur Weisheit. Zugleich Einheit und Vielfalt enthält die Zahl lebenswichtige Kräfte. An uns ist es, sie zu entdecken, um das Universum zu erkennen, in dem wir ein kleines Rädchen sind. Ist unser Ursprung und unser Ziel nicht der Himmel der Fixsterne, der Aufenthaltsort der Gottheiten, an dem die befreiten Seelen leben?«
    »Was erwartet Ihr von mir, Pythagoras?«
    »Meinen Orden kann ich nur mit der einhelligen Zustimmung der Hohepriester gründen, die mir ihr Wissen geschenkt haben und mich für würdig hielten, es weiterzureichen. Wenn Ihr mir Eure Zustimmung verweigert, kann ich meinen Weg nicht weitergehen.«
    »Würdet Ihr darauf verzichten?«
    »Ich würde versuchen, Euch zu überzeugen, weil ich glaube, dass dieser Auftrag sehr wichtig ist.«
    »Ich mache es genau so wie die anderen Hohepriester«, entschied Wahibra, »ich werde Euch auf die Probe stellen. Nitis, die Oberpriesterin der Neith, führt Euch gleich morgen früh zu einem unserer größten Ritualisier. Er wird Euch einige Aufgaben stellen, die Ihr erfüllen müsst. Danach sehen wir uns wieder.«
    Pythagoras verneigte sich erneut und ging zurück zum königlichen Palast, wo er untergebracht war.
    »Ein kluger und entschlossener Mann«, fand Nitis.
    »Aber auch ein Grieche und ein Schützling von König Amasis«, erinnerte sie Wahibra.
    »Habt Ihr etwa den Verdacht, Pythagoras könnte ein Spitzel sein, der uns aushorchen soll?«
    »Ich schließe keine Möglichkeit aus. Sein Wissensdurst scheint keine Grenzen zu kennen, und schlau genug wäre er auch.«
    »Immerhin hat ihn die Gottesdienerin in die Mysterien des Osiris eingeweiht«, bemerkte Nitis. »Man sagt, dass sie von beispielloser Strenge sei! Kein Heuchler könnte sie täuschen.«
    »Da hast du allerdings recht«, gab Wahibra zu. »Dennoch sollten wir wachsam bleiben.«
    »Wenn es stimmt, dass Pythagoras über mathematisches und geometrisches Geschick verfügt, könnte er uns doch vielleicht bei der

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