Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
wird ihn ersetzen. Er ist ein erfahrener und vertrauenswürdiger Mann, der dir zu Diensten steht und zu deiner größten Zufriedenheit für dich arbeiten wird.«
»Ausgezeichnet, Majestät. Diese Reise ist mit Sicherheit die wichtigste in meinem Leben.«
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A m Vorabend hatte Pharao Amasis die Kuh mit dem schwarzen Fell, die die Göttin Neith verkörperte, gereinigt, geschmückt und gekrönt. Dann hatte er mitten auf dem Hauptplatz Pfeile in alle vier Himmelsrichtungen geschossen, um die Kräfte des Bösen daran zu hindern, sich der Zwei Länder zu bemächtigen.
Der erste Zug für das Neith-Fest formierte sich. Ein Ritualist ging vor dem König, ein anderer sprach die feierlichen Worte, mit denen der strahlenden Mutter aller Mütter gehuldigt wurde. Priester und Priesterinnen verteilten sich um den heiligen See und halfen beim Segeln der göttlichen Barke – dem Sinnbild für die Schöpfungsmächte, die Leben in all seinen Erscheinungsformen entstehen lassen.
Nun begannen auch außerhalb der heiligen Umfriedung die Lustbarkeiten. Aus den Dörfern und Weilern rund um Sais kamen Dutzende von Familien mit dem Boot in die Stadt, um die Gottheit zu feiern und sie um ihren Schutz zu bitten. Man spielte Flöte und klapperte laut mit Holzschälchen, um die bösen Geister zu vertreiben. Auf Einladung des Herrschers flossen Wein und Bier in Strömen. Überall in Sais wurde getanzt, und im Schutz der Nacht bildeten sich immer neue Paare.
Bebon hätte es den Verliebten gern nachgetan, aber er hatte einen schwierigen Auftrag auszuführen. Deshalb bahnte er sich einen Weg durch die Menschenmenge und arbeitete sich langsam zum Großen Tempel vor. Er lief durch den von Sphingen gesäumten Weg und warf einen kurzen Blick auf die beiden Obelisken von Amasis.
Manche Gäste durften mit einer besonderen Erlaubnis den Hof vor dem Pylon des Haupttempels betreten. Bebon mischte sich unauffällig unter eine Gruppe von Getreidespeicherbeamten, von denen er sich dann wieder trennte, um einen weiß gekleideten Priester mit kahl rasiertem Schädel anzusprechen.
»Ich habe eine Botschaft für die Oberpriesterin der Sängerinnen und Weberinnen von Neith. Sie ist sehr dringend, und ich kann sie ihr nur selbst überbringen.«
»Warte hier.«
Bebon musste schier endlos warten.
Würde Nitis an diesem Abend, an dem überall gefeiert wurde, überhaupt persönlich kommen können? Wahrscheinlich beaufsichtigte sie die Rituale und konnte das Heiligtum nicht verlassen. Vermutlich schickte sie ihm eine andere Priesterin, mit der der Schauspieler aber nicht sprechen wollte.
Außerhalb der Tempelmauern erreichte die Feierlaune allmählich ihren Höhepunkt. Auf jeder Terrasse und vor jeder Tür in Sais wie in allen anderen ägyptischen Siedlungen hatte man Lampen angezündet. Mithilfe dieses Lichts sollte Isis die verstreuten Körperteile von Osiris wiederfinden können, den sein Bruder Seth getötet hatte. Wenn die Suche beendet war, brachte die heilige Barke den Körper der Auferstehung zum Heiligtum der Göttin Neith. Dort sollten dann die letzten rituellen Worte zur Erweckung des Gottes gesprochen werden – des Siegers über den Tod.
Endlich kam Nitis.
Wie hätte man sich in diese wunderschöne Frau nicht verlieben sollen?
»Bebon! Wie geht es Kel?«
»Seid unbesorgt.«
»Hier können wir nicht bleiben.«
Sie führte ihn zu einer kleinen Kapelle, die der Löwin Sechmet geweiht war.
»Kel ist unversehrt und befindet sich in Sais«, sagte Bebon. »Er will Euch sehen.«
»Während der Feste kann ich den Tempel auf keinen Fall verlassen. Seid ihr denn in Sicherheit?«
»Wir tun so, als wären wir fliegende Händler, und hatten bisher keine Schwierigkeiten.«
»Besteht denn nicht die Gefahr, dass man euch erkennt?«
»Ich habe Kels Aussehen verändert, und wir benehmen uns wie richtige Kaufleute.«
»Verkauft ihr auch Wein?«
»Ja, sehr guten sogar!«
»Dann kommt morgen ganz früh zum Eingang für die Händler. Ich werde die Ware selbst in Empfang nehmen.«
Erstaunt näherte sich Menk der langen Reihe von Kaufleuten, die vor dem Tempel Schlange standen. Vor dem Eingang hielten sich Aufseher und Schreiber auf, die die Waren prüften, schlechte zurückwiesen und die gewährte Bezahlung aufschrieben.
Warum kümmerte sich Nitis um diese Angelegenheiten?
»Habt Ihr Sorgen?«, fragte er sie.
»Nein, nein, es ist alles in Ordnung.«
»Hätten Eure Gehilfinnen Euch diese unangenehme Arbeit nicht abnehmen können?«
»Solange das Fest
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