Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
dauert, verlasse ich mich nur auf meine eigene Urteilskraft.«
Menk nickte.
»Ich halte es nicht anders! Es wäre zwar einfacher, einen Teil der Arbeit abzugeben, wenn ich dann aber die Fehler wiedergutmachen müsste, würde ich gar nicht mehr fertig werden. Seid Ihr mit dem Verlauf der Rituale zufrieden?«
»Ja, sehr, Ihr leistet wieder einmal erstaunliche Arbeit. Wie üblich werdet Ihr Eurem guten Ruf mehr als gerecht, Menk.«
Der Würdenträger fühlte sich sehr geschmeichelt.
»Wenn ich Euch irgendwie helfen kann …«
»Ich bin bald fertig. Aber könntet Ihr vielleicht die Anzahl der Krüge überprüfen, die für die Reinigung bestimmt sind?«
»Das mache ich auf der Stelle.«
Endlich entfernte sich Menk.
Nitis wandte sich einem Obsthändler zu, der hocherfreut war, dass er seine Früchte an den Tempel verkaufen durfte. Nach ihm warteten nur noch zwei fliegende Händler mit ihrem Esel, einem ungewöhnlich ruhigen und schönen Grautier.
Nitis erkannte Kel, und ihr Herz schlug schneller. Wie gern hätte sie ihm von ihrer Angst, ihn nie wiederzusehen, erzählt, und von der großen Freude, die sie jetzt bei seinem Anblick verspürte.
»Wir würden Euch gern einen erstklassigen Wein anbieten«, sagte Bebon. »Möchtet Ihr ihn vielleicht kosten?«
Nitis war einverstanden.
»Ich habe etwas sehr Wichtiges zu berichten«, murmelte Kel.
»Dann müsst Ihr mit dem Hohepriester sprechen.«
»Wie kann ich denn zu ihm kommen, ohne mich in Gefahr zu bringen?«
»Der Aufseher wird Eure Weinlieferung aufschreiben, dann folgt Ihr den anderen Händlern zum Hauptlager. Bebon soll dort mit dem Esel warten, ich bringe Euch das weiße Gewand für einen reinen Priester. Wenn Ihr es angezogen habt, geht Ihr in Wahibras Archiv.«
Die beiden Freunde machten, was sie ihnen aufgetragen hatten.
Aber Bebon war unruhig und blieb auf der Hut. Er zweifelte zwar nicht an Nitis' Glaubwürdigkeit, befürchtete aber, sie könnte überwacht werden oder sie sonst wie unfreiwillig in eine Falle locken.
Nachdem die Händler ihre Ware in das Lager geliefert hatten, wurden sie zu einer kleinen Mahlzeit auf Kosten des Tempels eingeladen. Bebon unterhielt sich mit einem Gemüsehändler, während Kel verschwand.
Was, wenn der Hohepriester vom Feind gekauft war, wenn er dem König und seinen Ordnungshütern gehorchte oder sich für die Auslieferung eines flüchtigen Verbrechers berufliche Vergünstigungen versprach?
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N itis versicherte sich, dass sie niemand beobachtete, und öffnete dann die sonst verschlossene Tür zu dem Papyruslager für die Archive des Hohepriesters. Hier war es angenehm kühl und dunkel.
Kel betrat den Raum und blieb erschrocken stehen. Sollte es sich um eine Falle handeln, gab es keine Fluchtmöglichkeit. Aber Nitis konnte ihn doch nicht verraten!
»Was hast du mir zu sagen?«, fragte der Hohepriester mit ernster Stimme.
»Die beiden Männer, die meine Unschuld hätten bezeugen können, sind tot. Der Milchhändler Starrkopf ist bei den Söldnern in Naukratis angeblich bei einem Unfall ums Leben gekommen; meinem Freund Demos hat jemand die Kehle durchgeschnitten, ich fand seine Leiche in meinem Zimmer. Natürlich beschuldigt man mich, diesen Mord begangen zu haben. Nur mit der Hilfe meines Freundes Bebon ist mir die Flucht gelungen.«
»Das sind sehr schlechte Neuigkeiten«, fand der Hohepriester.
»Jetzt verstehe ich das Ganze besser. Ich habe zwar den Helm von König Amasis nicht wiedergefunden, habe aber einige wichtige Dinge erfahren. Zum Beispiel, dass eine griechische Geschäftsfrau namens Zeke die ägyptische Wirtschaft unterwandern will, indem sie Sklaverei und Geld bei uns einführt.«
»Diese haltlosen Pläne widersprechen Maats Gesetz. So etwas wird der Pharao niemals dulden.«
»Unterstützt er diese Bestrebungen denn nicht insgeheim?«, fragte Kel. »Er ist ein großer Verehrer der griechischen Kultur. Glaubt er nicht, diese Neuerungen wären ein Fortschritt für die Zwei Länder?«
Diese Frage bereitete dem Hohepriester Kopfzerbrechen.
»Sollte es sich tatsächlich so verhalten, wäre die Rache der Götter fürchterlich.«
»Die Übersetzer haben mit Sicherheit Schriftstücke abgefangen, die mit dieser Verschwörung in Zusammenhang standen«, fuhr Kel fort. »Deshalb mussten sie beseitigt werden. Und der verschlüsselte Papyrus enthält brennend wichtige Hinweise, die für die Verschwörer bestimmt sind.«
»Das sind doch alles nur bloße Vermutungen, Kel.«
»Aber die beiden neuen Morde
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