Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
ähnlich ausgestattet?«
»Das ist unser ganzer Stolz«, erklärte Udja. »Möchtet Ihr vielleicht an einer Flottenübung teilnehmen?«
Krösus war einverstanden.
Dann stand der Abgesandte des Kaisers von Persien am Bug des Flaggschiffs und bewunderte die Seemänner von Amasis.
»Das Mittelmeer gehört dir«, sagte er zum Pharao.
»Nein, das habe ich nicht im Sinn! Diese Flotte ist nur zu unserer Verteidigung da. Ägypten will niemand angreifen, kann sich aber gegen jeden Feind wehren.«
»Wer sollte es denn wagen, angesichts dieser überzeugenden Abschreckung das Land der Pharaonen anzugreifen?«
Ganz in Gedanken versunken genoss Krösus den sanften Nordwind und den friedlichen Sonnenuntergang. Die Schönheit der Palmenhaine, der silbrige Glanz des Kanals und der orangerote Himmel übten einen derartigen Zauber auf ihn aus, dass er beinahe den kriegerischen Charakter dieser Vorstellung vergessen hätte.
Das Festmahl, das der König und die Königin von Ägypten ausrichteten, sollte unvergesslich werden. An die tausend Gäste erfreuten sich an den köstlichen Speisen und den erlesenen Weinen und genossen die Aufmerksamkeit der Diener, die den Geladenen jeden Wunsch erfüllten.
Dem königlichen Paar zur Linken saß Krösus, auf der rechten Seite Mitetis, die Tochter des Vorgängers von Amasis.
Kühl und abweisend kostete sie nur von den angebotenen Speisen.
»Lassen wir die Vergangenheit ruhen«, sagte Amasis zu ihr. »Ich habe Euren Vater bewundert und hatte nie die Absicht, ihn zu stürzen. Nur durch das Zusammentreffen verschiedener Umstände bin ich an die Macht gekommen. Heute möchte ich Euch bitten, diese schmerzhafte Vergangenheit zu vergessen.«
Die Gattin von Krösus sah den Pharao an.
»Ihr verlangt viel von mir.«
»Das ist mir bewusst, Mitetis, aber Eure Gegenwart ist Balsam für meine Seele. So viele Jahre sind seither vergangen. Kann das Wiedersehen mit Ägypten Euren Kummer nicht lindern?«
»Meine Trauer geht zu Ende, Majestät.«
»Ich danke Euch, dass Ihr mir dieses Glück gewährt.«
Nach dem Festmahl lud die Königin von Ägypten Mitetis ein, sich von ihrer Masseurin mit ätherischen Ölen verwöhnen zu lassen.
Amasis und Krösus begaben sich allein auf eine Terrasse, von der aus sie einen Garten mit Sykomoren, Jujuben, Oleandern und Tamarisken bewundern konnten.
»Was für ein wunderbares Land«, meinte Krösus, »hier duftet es nach Ewigkeit.«
»Einer sehr vergänglichen Ewigkeit …«
»Warum so ängstlich, mein Freund?«
»Ist es denn nicht so, dass Kambyses, der neue Kaiser von Persien, von Eroberungen träumt?«
Krösus sog die laue Nachtluft in vollen Zügen ein.
»Lassen wir die Förmlichkeiten beiseite und seien wir aufrichtig, Majestät. Ja, Kambyses träumte davon, dieses Land mit seinen unerschöpflichen Reichtümern zu erobern. Als weitsichtiger Herrscher hast du seine Absichten erkannt und eine Verteidigungsmacht aufgebaut, die ihn aufhalten soll. Und mit deiner Einladung wolltest du mir zeigen, dass ich ihn besser von einem Vorhaben abhalten sollte, das zum Scheitern verurteilt ist.«
»Ist mir das gelungen, Krösus?«
»Besser als du es dir je erhofft hättest! Ich habe mich bereits vorher bemüht, Kambyses von den Vorteilen eines dauerhaften Friedens zu überzeugen – und er hört mir immerhin zu. Nach meiner Rückkehr werde ich ihm von den Tatsachen berichten, die ihn endgültig überzeugen dürften. Vor meiner Reise hatte ich es nur vermutet – jetzt weiß ich es. Der Pharao hat sich nicht in falscher Sicherheit ausgeruht, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Indem er seine Verteidigungskräfte und vor allem seine Flotte vergrößert und verstärkt hat, erspart er uns allen einen blutigen Krieg.«
»Plant Kambyses weitere Eroberungen?«
»Die Herrschaft über sein Reich wird ihn voll und ganz beschäftigen, und er wird sich ein Beispiel an seinem Vater Kyros nehmen. Die Zeit der Kriege ist vorbei, Majestät, nun beginnt die der friedlichen Verhandlungen.«
»Deine Worte erfreuen mein Herz, Krösus.«
»Jetzt sollten wir erst mal – zum Wohle unserer beider Länder – unsere Handelsbeziehungen ausbauen. Deshalb würde ich gerne den berühmten Leiter deines Übersetzeramtes treffen und ihm Namen und Titel der Berichterstatter mitteilen, mit denen er sich in Zukunft austauschen soll.«
»Er ist leider kürzlich verstorben«, gestand Amasis.
»War er denn krank?«
»Nein, es handelt sich um einen traurigen Unfall. Henat, mein Palastverwalter,
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