Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
nicht von der Stelle – in dem Schilfdickicht hier kann euch keiner sehen.«
Der Nil hatte Pfeile und Bogen von Neith, das Amulett aus Obsidian, das die beiden Finger darstellt, die Himmel und Erde trennen, den Beutel mit den Edelsteinen und das griechische Messer verschluckt. Vor Nitis lagen die Reste des Antwortenden auf dem Boden. Er hatte seine Aufgabe erfüllt, indem er sie heil ans Ostufer des Nils gebracht hatte. Jeder für sich zeichneten Nitis und Kel die Zeichen des verschlüsselten Papyrus in den feuchten Sand. Ihr Gedächtnis ließ sie nicht im Stich, aber die Schrift blieb unverständlich.
Nordwind stellte seine Ohren auf.
Ein Boot näherte sich.
»Es sind Fischer, und Bebon ist bei ihnen«, stellte Kel erleichtert fest.
Der Schreiber bog das Schilf auseinander, und die Barke legte an.
»Diese freundlichen Menschen wollen, dass wir ihre Gäste sind«, sagte der Schauspieler.
»Wir haben aber nichts, was wir ihnen im Gegenzug geben können.«
»Sie haben gerade einen guten Fang gemacht, und es ist ihnen eine Freude, wenn sie ihr Mahl mit ein paar armen Reisenden teilen können. Ich habe ihnen erklärt, dass wir mit unserem Handelsschiff Schiffbruch erlitten und dabei alles verloren haben.«
»Hier bei uns, ganz in der Nähe von Theben, war der Sturm nicht so schlimm«, berichtete der älteste Fischer. »Lasst uns zu unserer Hütte gehen, da können wir ein Feuer machen und die Fische braten.«
Nordwind hatte so große Schmerzen, dass er nur mit Mühe aufstehen konnte.
»Habt ihr vielleicht ein Stück Stoff für meine Frau?«, fragte der Schreiber. »Ihr Kleid ist bei dem Unwetter zerrissen.«
Der alte Fischer schnitt ein Stück von einem groben Leinen ab, mit dem sie sonst ihr Segel flickten. Trotz dieser behelfsmäßigen Bekleidung war Nitis so schön, dass die Fischer sie bewundernd anschauten.
»Was hattet ihr auf eurem Schiff?«, wollte einer von ihnen wissen.
»Weinfässer«, gab Bebon zur Antwort.
»Die hat bestimmt der Haushofmeister der Gottesdienerin bestellt, hab ich recht?«
»Nein, nein, wir waren auf dem Weg nach Elephantine und wollten nicht Halt in Theben machen.«
Die Hütte stand auf einem kleinen Hügel, von dem aus man einen schönen Blick auf den Nil hatte, der jetzt wieder friedlich dahinfloss. Die Fischer legten ihre Speere und Fangkörbe ab, ein Feuer wurde gemacht, und man trank ein einfaches Bier.
»Ihr seid von weither zurückgekommen«, bemerkte der Älteste. »Der wütende Fluss gibt seine Beute sonst nicht wieder her.«
»Wir haben eben Glück gehabt«, meinte Bebon. »Wenn ich diese Fische nur sehe, läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen.«
Drei große Fische wurden gebraten: eine Meeräsche, ein Schnabelfisch und ein Nilbarsch. Der Barsch war fast einen Meter lang und hatte silberne Flanken.
Nitis hatte sich an Kel geschmiegt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Als die Fische verteilt wurden, bedeutete Kel seinem Freund unauffällig, nichts von dem Nilbarsch zu nehmen. Die Fischer dagegen ließen sich dessen festes und schmackhaftes Fleisch munden.
»Ihr solltet den Soldaten eure Geschichte erzählen«, beharrte der älteste Fischer. »Damit sie nicht umsonst nach euch suchen. Wenn ihr wollt, bringen wir euch zur nächsten Unterkunft.«
»Nicht nötig«, meinte Bebon. »Zeigt uns nur den Weg, dann finden wir schon hin.«
»Der Weg ist sehr kurz, mein Freund. Wir sind die Soldaten!«
58
D ie Söldner, die Richter Gem beauftragt hatte, nach Verdächtigen Ausschau zu halten, bildeten einen Kreis um ihre Gefangenen und bedrohten sie mit ihren Speeren.
Ohne Waffen waren Kel und Bebon machtlos. Und Nordwind war zu verletzt und erschöpft, um zu kämpfen.
»Wer seid ihr?«, wollte der Anführer des Trupps wissen.
»Wir sind Händler«, antwortete der Schreiber.
»Der Richter sucht einen Mörder, dessen Beschreibung auf dich passt, eine sehr schöne junge Frau aus dem Tempel in Sais und ihren Helfershelfer, einen fahrenden Schauspieler. Ein Zeuge hat sie beobachtet, wie sie mit dem Schiff von dem Verräter Pef verschwunden sind. Der macht jetzt jedenfalls nicht mehr bei der Verschwörung mit.«
»Was ist denn mit ihm?«, fragte Kel.
»Der Kommandant des Lagers in Abydos hat euren Anführer getötet, als er sich nicht ergeben wollte.«
»Pef ist dem Pharao treu gewesen«, empörte sich Nitis.
Der Söldner grinste.
»Sein Schicksal berührt dich, hab ich recht? Soweit ich weiß, war dieser schlechte Minister gut mit deiner Familie bekannt und
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