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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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belohnen.
    Er schloss die Kerkertür auf, worauf die Maus augenblicklich in der Tiefe eines Mauerspalts verschwand und Nagas voller Furcht an die hintere Wand zurückwich.
    »Ich dachte mir«, richtete Megas das Wort an ihn, »dass du vielleicht lieber ein wenig trockener und wärmer wohnen würdest, Nagas.«
    Nagas starrte seinen älteren Bruder mit einer Mischung aus Schrecken und Abscheu an, aber kein Wort kam über seine blassen Lippen.
    »Außerdem wollte ich dich wissen lassen, dass es mir gerade gelungen ist, Techels Flotte in die Flucht zu schlagen, die ziemlich überraschend vor Lechia aufgetaucht ist. Es war ein harter Kampf. Sie wollten mich stürzen und dich an meiner Stelle auf den Thron setzen, aber daraus wird nun wohl leider nichts. Dennoch bin ich der Meinung, dass du lange genug hier unten schmoren musstest. Es ist an der Zeit zu vergessen, was war, und sich darauf zu besinnen, dass wir beide dem stolzen Geschlecht Arud’Adakin angehören. Ein Arud’Adakin verdient es nicht, in solch einem Loch zu hausen.« Er schwieg für einen Moment, um Nagas’ Antwort abzuwarten, doch eine Erwiderung seines Bruders blieb aus.
    »Ich werde noch einige Tage zu tun haben mit der Verfolgung und Vernichtung von Techels Flotte, aber danach kann ich dich vielleicht besuchen, in dem neuen Quartier, das ich dir zuweise. Natürlich darfst du es nicht verlassen, aber es wird dir dort an nichts mangeln, das verspreche ich dir. Ich denke, es wird auch langsam Zeit, dass wir uns besser kennen lernen – schließlich sind wir Brüder.«
    Nagas öffnete den Mund, doch nur ein heiseres Krächzen drang daraus hervor. Ein Hustenanfall beutelte seinen geschundenen Leib. Er versuchte es noch einmal und tatsächlich brachte er dieses Mal ein paar einzelne Worte zustande: »Du … bist … du bist nicht …«
    Er räusperte sich noch einmal und unternahm einen weiteren Anlauf: »Du bist nicht mein Bruder!«
    Megas stutzte. »Was soll das heißen?«, wollte er wissen. »Natürlich bin ich dein Bruder, auch wenn uns weder äußerlich noch geistig viel verbindet.«
    »Du bist …« Nagas’ gequälter Blick bohrte sich in sein Gegenüber, während er die Worte wie rostiges Eisen aus seiner Kehle presste: »… wie ein böser Geist … ein Fluch. Ich will nicht … mit dir reden, ich will dich nicht sehen, ich will nichts von dir wissen. Geh weg. Ich kann dich nicht ertragen.«
    Megas wollte voller Zorn etwas erwidern, doch es fiel ihm nichts Passendes ein. Die Worte seines Bruders kamen einer Ohrfeige gleich und das, nachdem er ihm die Hand zur Versöhnung gereicht hatte! Wutentbrannt warf er die Kerkertür hinter sich zu und lief zur Treppe, die in den oberen Teil des Palastes führte. Sollte Nagas doch hier unten verfaulen. Megas war auf niemanden angewiesen, erst recht nicht auf einen undankbaren und verweichlichten kleinen Bruder.
     
    Rai fand Barat draußen bei den Katapulten. Der Veteran gab vor, die hölzernen Geschütze auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen, aber die Art, wie er über die aufgewickelten Seile strich, verriet sofort, dass er in Gedanken ganz woanders war.
    »Was ist denn los?«, erkundigte sich Rai geradeheraus. »Hab ich etwas falsch gemacht?«
    »Du? Nein, niemals«, antwortete Barat sarkastisch.
    Rai rümpfte die Nase. »Ich weiß jetzt wirklich nicht, was das soll. Ich habe doch einen ganz vernünftigen Vorschlag gemacht und außerdem tue ich das ja noch nicht einmal für mich, sondern für Belena, damit sie ihre Tochter wieder sehen kann. Ich fühle mich verantwortlich für sie.«
    »Ja, für sie fühlst du dich verantwortlich«, rief Barat aufgebracht, »und was ist mit dieser Insel? Ist dir das, was wir hier geschaffen haben, etwa egal?«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Rai, bemüht, die Ruhe nicht zu verlieren, »und das weißt du auch ganz genau. Bloß weil ich nach Seewaith reise, heißt das ja nicht, dass ich Andobras auf ewig den Rücken kehre.«
    Plötzlich dämmerte Rai, um was es bei ihrem Streit wirklich ging. »Machst du dir etwa Sorgen um mich?« Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Du willst nicht, dass ich gehe, weil du mich vermissen wirst, hab ich recht?«
    Barat funkelte ihn Böse an. »Bilde dir bloß nichts ein, du hochnäsiger Tileter Gossenwelpe. Ich werde hier bestens ohne dich klarkommen.«
    Aber Rai hatte seinen Freund durchschaut. »Ich verspreche dir, dass ich gut auf mich aufpassen werde. Ich bin nicht mehr so wie früher. Die letzten zwei Jahre haben mich

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