Götterschild
eines Blitzes. Dann begannen die ersten Fardjani völlig lautlos umzufallen. Sie legten sich einfach nieder und rührten sich nicht mehr, als hätte sie die Schlafkrankheit befallen. Doch ihre verzerrten Gesichter zeugten von der Endgültigkeit ihres Hinsinkens.
›Wappnet euren Geist, Brüder!‹, peitschte da der Befehl des Citarim durch die Gedanken aller Fardjani. ›Das geflügelte Grauen ist über uns!‹
Auch Arton und Arden vernahmen diesen Ruf. Sie konnten beobachten, wie ein Ruck durch die noch kämpfenden Fardjani ging. Keiner fiel jetzt mehr zu Boden, aber Unruhe hatte sie erfasst. Beinahe gleichzeitig wandten sie ihre Köpfe gen Himmel, wo jedoch nichts zu sehen war. Für einen Moment erklang kein einziger Schwerthieb mehr. Alle fühlten das Herannahen von etwas Großem. Die Stille vor dem Sturm.
Wie eine baumdicke Peitsche fuhr etwas zwischen die Fardjani. Eine Lücke von den Ausmaßen eines kleinen Straßenzugs klaffte im nächsten Moment dort, wo gerade noch einige Hundert von ihnen gestanden hatten. Der Schrecken haftete einen Augenblick in bleierner Schwere an den Götterkriegern, dann geriet beinahe die ganze Heerschar in Bewegung.
Allerdings brach nicht etwa Chaos unter den kirchentreuen Kämpfern aus, sondern sie handelten äußerst diszipliniert, als hätten sie ein solches Manöver bereits vorexerziert. Nur eine vergleichsweise geringe Anzahl Soldaten blieb zurück, um die königlichen Truppen in Schach zu halten. Die anderen begannen, über eine möglichst große Fläche auszuschwärmen. Viele hatten schwere Armbrüste auf den Rücken geschnallt, die sie jetzt abnahmen. Noch im Laufen begannen sie, mächtige Bolzen einzulegen, so stark wie drei Finger. Solche Geschosse konnten sogar einem Drachen gefährlich werden, allerdings galt es auch, mit ihnen erst einmal zu treffen.
Wieder schlug das gewaltige Etwas zwischen den Fardjani ein. Bolzen surrten. Erneut ein dumpfer Hieb, ein Abdruck toter Körper blieb zurück. Noch mehr Geschosse wurden in die Dunkelheit geschickt. Ob sie ihr Ziel fanden, blieb ungewiss. Ihr schattenhafter Gegner ließ sich nicht stellen. Er stieß hernieder, nahm das eine Mal ein paar Dutzend, dann wiederum fast hundert Leben und verschwand wieder. Für dieses Wesen waren die Fardjani keine Gegner, sondern Opfer.
Unterdessen versuchte Arden, sich zu sammeln. Der Drache war gekommen. Was auch immer diese Schreckenskreatur bewog, nun auf seiner Seite zu kämpfen, er durfte diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen. So ungeschützt wie jetzt würde der Citarim nie wieder sein.
»Ins Lager, vorwärts!«, brüllte er. Fendralin zog seine Getreuen hinter ihm her, selbst die, die seinen Ruf nicht vernommen hatten. Durch die Klinge floss ihnen neue Hoffnung zu und Hoffnung war die stärkste Waffe von allen. In kürzester Zeit gerieten die verbliebenen Reihen der Fardjani ins Wanken. Ardens Hauptheer gelang es endlich, sich von der Mauer zu lösen, während Arden sich mit seinen paar Männern, seinem Bruder und Tarana auf den Weg in Richtung der kleinen Vorhut begab, die immer noch verbissen standhielt, um Targ freizuschlagen.
Daia sah das Heranrücken des Trupps als Erste. »Arden kommt!«, rief sie den anderen zu. Die vier standen Rücken an Rücken, jeder von ihnen keuchte, sie fühlten sich kaum noch in der Lage, aufrecht stehen zu bleiben. Dennoch hatten sie bislang allen Gegnern die Stirn geboten. Und jetzt begannen die Fardjani, zurückzuweichen.
»Der Drache hat die Fardjani schon fast besiegt.« Ein erleichtertes Lächeln lief über Daias Gesicht. »Wir haben es geschafft …«
Exakt in diesem Augenblick traf sie der Bolzen einer Armbrust. Vermutlich war es noch nicht einmal ein gezielter Schuss gewesen, nur ein Irrläufer, abgeschossen von einem Kirchensoldaten in der Absicht, den Drachen zu verwunden. Daia stieß zischend den Atem aus und sackte zusammen.
»Daia!«, schrie Meatril erschrocken. Er kniete sofort neben ihr nieder, während Targ und Shyrali sie deckten. Doch die Angriffe der Fardjani kamen nur noch vereinzelt.
»Das habe ich nicht kommen sehen«, flüsterte Daia kraftlos. Es klang wie eine Entschuldigung.
Meatril schloss sie in die Arme. »Sprich nicht, es wird alles gut.«
»Ich hätte besser aufpassen sollen«, bekannte sie.
»So ein Unsinn«, widersprach Meatril sanft, »der Bolzen hätte jeden von uns treffen können.«
»Nein«, sagte Daia, »ich meine, auf uns hätte ich besser aufpassen sollen, auf uns beide.«
»Gütige Mutter
Weitere Kostenlose Bücher