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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sein.«
»Das ist kein Problem«, sagte Bresto. »Ihr wollt dort hinüber? Ich kenne eine Abkürzung.«
»Kürzer als der direkte Weg?«, fragte Andrej. »Ich bin in diesem Teil der Stadt aufgewachsen, Señor Delãny«, erinnerte Bresto. Er klang ein bisschen verschnupft. Gordon grinste.
»Dann lasst uns gehen.«
Hintereinander eilten sie die schmale Stiege hinab, doch als Gordon sich zum Ausgang wenden wollte, schüttelte Bresto den Kopf. »Der Keller«, sagte er knapp. »Keller?«, wiederholte Gordon misstrauisch.
»So kommen wir auf die andere Seite«, behauptete Bresto. »Und wahrscheinlich in das Verlies, in das sie die Gefangenen schaffen.«
»Es gibt einen Geheimgang?«, fragte Gordon, kein bisschen überzeugter. »Der ausgerechnet in das Haus führt, in dem die Gefangenen untergebracht werden?« »Nein«, antwortete Bresto. »Oder ja.«
»Und was genau heißt das jetzt?«
»Hier gibt es überall Keller«, antwortete Bresto. »Und die meistens sind miteinander verbunden.«
»Und halb eingestürzt, nehme ich an«, sagte Gordon.

15

W
    ie sich zeigte, hatten sowohl Gordon als auch der Lieutenant recht. Nachdem sie eine kurze Treppe hinabgestiegen waren und eine Tür aufgebrochen hatten, gelangten sie in einen mit Unrat und ausrangiertem Mobiliar vollgestopften Gewölbekeller, der in ein wahres Labyrinth verlassener Stollen, Kellerräume, Gänge und Gewölbe mündete, manche davon groß wie unterirdische Säle und von nichts anderem als Spinnweben und dem Staub von Jahrzehnten erfüllt, wenn nicht Jahrhunderten, andere so niedrig und schmal, dass sie sich nur gebückt und hintereinander darin bewegen konnten, und mehr als einmal verwehrten ihnen deckenhohe Schutthalden oder eingestürzte Wände das Durchkommen, sodass sie kehrtmachen und sich einen anderen Weg suchen mussten. Was Bresto vorhin als Keller bezeichnet hatte, das kam Andrej bald wie der Eingang zu einer unterirdischen Stadt vor, die vielleicht so groß wie ganz Cádiz war, möglicherweise größer, auf jeden Fall aber älter .
    Selbst Andrejs normalerweise untrügliches Orientierungsvermögen ließ ihn schon nach kurzer Zeit im Stich. Sie mussten so oft umkehren und einen anderen Weg einschlagen, dass er schon bald nicht einmal mehr sagen konnte, ob sie in die richtige Richtung gingen. Die heftig rußende Fackel, die Bresto mitgebracht hatte, trug eher zu ihrer Verwirrung als zu ihrer Orientierung bei, und zu allem Überfluss war die Luft hier unten so schlecht, dass sie immer wieder auszugehen drohte. Und der Ausdruck auf dem Gesicht des jungen Lieutenants war ebenfalls alles andere als beruhigend. Andrej wartete eine – für seine Verhältnisse geraume – Weile darauf, dass Bresto von sich aus das immer unbehaglicher werdende Schweigen brach, blieb dann stehen und drehte sich betont langsam zu ihm herum. »Wir haben uns verirrt.« Es war eine Feststellung, keine Frage. Bresto nickte auch nur. »War es nicht so, dass Ihr praktisch hier aufgewachsen seid und Euch selbst mit verbundenen Augen zurechtfindet?«
Als Bresto darauf verlegen schwieg, ging er einfach weiter und übernahm jetzt ganz unverhohlen die Führung. Auch wenn ihn sein Orientierungssinn im Augenblick narrte, waren seine Sinne immer noch scharf genug, um ihn auch noch den winzigsten Luftzug spüren zu lassen. Seinem Gehör entging auch nicht der geringste Laut. Allerdings musste er nur wenige Schritte vorausgehen, bevor Bresto wieder stehen blieb und sich unbehaglich räusperte, um seine Aufmerksamkeit zu erheischen. Auffordernd sah er ihn an. Bresto wich seinen Blick aus und begann mit den Füßen zu scharren. »Also?«, fragte Andrej.
»Ihr … Ihr solltet nicht dort entlanggehen, Señor«, sagte Bresto unbehaglich.
Andrej sah ihn fragend an, bekam, genau wie er es erwartet hatte, keine Antwort und sah dann nachdenklich in die Richtung, in die sie bisher gegangen waren. »Ist das nicht die richtige Richtung?«, fragte er. Bresto gehörte wohl zu jenen Menschen, die immer ein Stichwort brauchten.
»Doch«, antwortete er.
»Aber?«, fragte Andrej.
»Sie … sie warten dort auf Euch, Señor«, antwortete Bresto ausweichend.
»Sie?« Er wusste zwar genau, wovon Bresto sprach, wollte es aber von ihm selbst hören.
    »Es …«, druckste Bresto. Sein Blick irrte überallhin, nur nicht in Andrejs Richtung. »De Castello«, sagte er schließlich.
»Es ist eine Falle«, sagte Andrej. Bresto nickte. »Wie viele sind es?«, fragte Andrej ruhig.
»Das weiß ich nicht, Señor«, antwortete

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