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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hielt, dass er ein mindestens genauso guter Schwertkämpfer war wie sein Kamerad. Nicht einmal einem dieser Männer wäre er gewachsen gewesen, beide gemeinsam mussten so leichtes Spiel mit ihm haben, dass er sich fragte, wieso er eigentlich noch am Leben war.
Und ihr Verhalten blieb rätselhaft. Die beiden Männer umkreisten ihn, täuschten dann und wann einen Angriff vor und zogen sich blitzartig wieder zurück.
Dann begriff er.
Sie wollten ihn lebend. Und sie fürchteten Gunjir. Die Götterklinge vermochte sie vielleicht nicht zu töten, aber anders als von Menschenhand geschmiedeter Stahl konnte sie sie durchaus verwunden und ihnen ganz sicher Schmerz zufügen, wie er gerade oben an Deck selbst gesehen hatte. Vielleicht konnte er ja aus einem dieser beiden Umstände Kapital schlagen.
Andrej täuschte einen Ausfall nach links an, warf sich dann mitten in der Bewegung um und attackierte den Mann zu seiner Rechten, indem er dessen Schwert mit Gunjir beiseiteschlug und gleichzeitig mit dem Offizierssäbel nach seiner Kehle stach. Nicht einmal er wäre auf diesen simplen Trick hereingefallen, und sein Gegner tat es erst recht nicht. Er schlug den Säbel mit der bloßen Hand zur Seite, wobei er sich einen heftig blutenden Schnitt in der Handfläche zuzog, aber die Wunde schloss sich nahezu augenblicklich wieder. Und Andrej hatte gesehen, was er wissen wollte. Wieder attackierte er den Mann zu seiner Linken, tat so, als wollte er den Angriff erneut im letzten Moment abbrechen, und führte ihn dann doch mit aller Kraft zu Ende; ein fast noch durchschaubarerer Trick, mit dem sein Gegenüber ebenfalls gerechnet hatte.
Womit er nicht rechnete, war die Schnelligkeit, mit der Andrej den Säbel fallen ließ und Gunjir so fließend in die freie Hand wechselte, dass die Klinge den begonnenen Stoß an ihrer Stelle beendete; fast schneller, als der Blick der Bewegung folgen konnte und ohne spürbare Mühe durch den hochgerissenen Arm des Unsterblichen hindurch und bis tief in seine Brust.
Der Unsterbliche röchelte, stolperte mit wild rudernden Armen zurück und begann Blut zu spucken, während er langsam in die Knie brach, und Andrej fuhr schwer atmend um und riss die Götterklinge hoch, um einem Angriff des zweiten Unsterblichen zu begegnen. Er kam nicht. Statt die Situation auszunutzen und ihm in den ungedeckten Rücken zu fallen, war der weiß gekleidete Riese weiter zurückgewichen. In seinen Augen stand nichts als pures Entsetzen, während er seinen Bruder anstarrte.
Einen halben Atemzug lang. Dann fuhr er auf dem Absatz herum und war verschwunden.
Andrej rechnete fest mit einem Hinterhalt und blieb noch zwei, drei weitere Atemzüge lang reglos und mit bis zum Zerreißen angespannten Sinnen stehen, doch nichts geschah. Es war kein Trick. Der Unsterbliche war fort. Jemand stöhnte, wahrscheinlich Abu Dun, vielleicht auch der verletzte Gott. Andrej fuhr zu ihm herum, hob das Schwert mit beiden Händen und zögerte. Gunjir schrie in seiner Seele nach Blut, und Andrej würde ihm diesen Wunsch erfüllen … aber noch nicht sofort. »Das ist jetzt deine Entscheidung«, sagte er. »Willst du weiter unsterblich bleiben, oder reicht es dir, nach deinem Tod angebetet zu werden?«
Ra – irgendwie wusste er einfach, dass er es war, mit einer Sicherheit, die nicht einmal den Hauch eines Zweifels zuließ – versuchte zu antworten, aber alles, was er herausbrachte, waren ein weiteres Röcheln und ein Schwall Blut, der über seine Lippen quoll. Sein Blick flackerte, und das Spinnweb-Gefühl zwischen Andrejs Schläfen wurde stärker. Plötzlich fiel ihm auf, wie erbärmlich dieser vermeintliche Gott war, und wie schwach. Es gab keinen Grund, ihn zu töten. Er war nichts weiter als ein …
Das Schwert des Unsterblichen blitzte auf und züngelte nach seinem Unterleib, und Gunjir sauste wie ein Fallbeil herunter und trennte ihm den Kopf von den Schultern. Andrej hatte einen Gott getötet.
    »Das war knapp«, murmelte Abu Dun. Keuchend vor Schmerz und mit immer noch verzerrtem Gesicht stemmte er sich hoch, versuchte einen Schritt zu machen und musste sich gegen die Wand sinken lassen, um nicht sofort wieder zu stürzen. Der gequälte Klang in seiner Stimme verdarb ihm ein wenig den Effekt, als er fortfuhr: »Nicht dass ich mich beschweren will, Hexenmeister. Schließlich kenne ich deine Vorliebe für dramatische Auftritte. Aber vielleicht machst du es das nächste Mal doch nicht ganz so spannend.«
Statt irgendwie auf diesen Unsinn zu

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