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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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sie im Sand zu verscharren und ihre Körper den Spiralskorpionen zu überlassen.
    »Es ist gleich, ob der Bruch behandelt wird oder nicht.« Jalina kaute gedankenverloren auf einer Brotrinde, die sie zuvor in Erbsenbrei getunkt hatte. Damit erhielt sie noch eine der großzügigeren Rationen. Manche von ihnen gingen heute Nacht mit leerem Magen schlafen. »Ich werde so oder so sterben. Was kümmert mich da ein gebrochener Knöchel?«
    Seufzend wrang Corellius die Hände. Er verstand, was sie durchmachte. »Jeder von uns wird sterben. Die meisten wohl hier in den Leeren Landen, andere vielleicht Jahrzehnte später als alte Greise in ihrem Bett. Trotzdem gibt hier niemand auf, nur weil er um die Nähe des Todes weiß. Wir sind alle nur Leben, das leben will.«
    »Im Trösten bist du nicht ansatzweise so gut wie im Kämpfen.« Sie wischte sich über die Augenwinkel. »Das weißt du selbst, was?«
    »Mir gelingt es ja nicht einmal, mich selbst zu trösten.«
    Sie schaute ihn fragend an.
    »Meine Eltern waren Adlige, das Haus Adanor blickt auf einen der längsten Stammbäume Galyriens zurück. Sie besaßen einen Hof nahe der Zinnzisternen«, erzählte er. »Ich wuchs wohlbehütet auf, wurde von Lehrern unterrichtet, in den schönen Künsten geschult. Nie hätte ich mir vorstellen können, einmal ein Schwert zu schwingen.«
    »Was wolltest du stattdessen?«
    Ein Lächeln konnte er nicht unterdrücken. Wie lächerlich all diese kleinen Wünsche heute schienen. »Philosoph werden oder Dichter. Den ganzen Tag abstrakten Vorstellungen und wahnsinnigen Phantasien nachhängen. Fast wie dieser Geck Asht.«
    »Was ist geschehen?«
    »Einige Jahre nachdem wir Ulme, nun ja, unter einer Ulme fanden, kamen Reiter aus den Zinnzisternen. Sie trugen schwere Rüstungen, aber keinerlei Wappen. Sie brachten jeden um. Meine Eltern, die Kammerdiener, die Knechte. Setzten alles in Brand, was ich einmal mein Zuhause genannt hatte. Nur Ulme und ich überlebten, weil wir gerade in diesem Moment im Wald spielen waren.«
    »Und das hat dich zu dem gemacht, der du jetzt bist.«
    Er nickte. »Ich wollte nie mehr wehrlos sein.«
    Sie warf ihr seidiges Haar zurück. »Ihr habt nie erfahren, wer diese Reiter waren? Warum sie ausgerechnet euren Hof überfielen?«
    »Plünderer sind sie nicht gewesen. Sie haben keinerlei Reichtümer gestohlen. Ihnen ging es allein ums Töten.«
    Jalina ließ ihre Brotrinde sinken. In ihren Augen glomm Erkenntnis. »Vielleicht wurden sie von jemandem beauftragt.«
    »Aber von wem? Meine Eltern hatten sich seit Jahren aus der Politik zurückgezogen. Sie hatten keine Feinde.«
    »Nein, sie sind nicht wegen deiner Eltern gekommen«, sagte sie stockend, so, als könnte sie ihren eigenen Gedankengang nicht fassen. »Sie sind wegen jemand anderem gekommen.«
    Er runzelte die Stirn. Worauf wollte sie hinaus? Sie konnte unmöglich etwas von diesen Ereignissen wissen. Sie mussten lange vor ihrer Geburt geschehen sein. »Was meinst du?«
    »Lass mich doch nich' so mit 'n anderen allein!«
    Ulme stapfte herbei, bevor Jalina sich erklären konnte. Der Hüne hockte sich neben sie in den Kies und manövrierte seine Baumstämme von Beinen in den Schneidersitz. »Oder führt ihr hier gehobene Konservation und wollt ein'n wie mich nicht dabeihab'n?«
    Jalina kicherte. Das erste Mal seit langer Zeit. »Oh ja, gehobene Konservation .«
    Ulme errötete und scharrte mit den Händen im Kies.
    »Natürlich wollen wir dich dabeihaben«, sagte Corellius. »Aber bessere Stimmung als bei den anderen wirst du hier auch nicht finden.«
    »Will ich ja auch gar nicht. Bin selbst traurig. Muss immer wieder an den Jungen aus Sichelstadt denken. Wir haben doch nur Ritter und Räuber spielen wollen.«
    Fragend sah Jalina zwischen ihnen beiden hin und her.
    In groben Zügen schilderte Corellius ihr, wie sein Schildbruder im Versehen den Sohn des Abgeordneten getötet hatte.
    Sie erschrak und sah Ulme an.
    Dessen Gesichtsfarbe wechselte zu einem tiefen Lehmrot. »Ich wollts nicht, ich wollts wirklich nicht. Wie eine Puppe isser dagelegen, ganz schlaff und leblos.« Seine Unterlippe zitterte.
    Grübchen bildeten sich in Jalinas Wangen. »Du hast deine Kräfte nicht unter Kontrolle, was? Du bist voller Widersprüche, sanft und doch brutal.«
    »Ich will ein Kinderheim eröffnen. Als Wiedergutmachung.« Er seufzte und fuhr sich durch seinen blonden Flaum. »Aber ich weiß nicht, ob das reicht.«
    Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm, zwinkerte ihm zu. »Ich

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