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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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Schläfe getroffen wurde und zusammenbrach.
    Aus den Reihen der Soldaten schoss ein Bolzen hervor, sauste über den Platz und bohrte sich in den Bauch eines der Schreiberlinge, die Flugblätter aus den Fenstern warfen. Die Hände um das Geschoss geklammert, gab er ein spitzes Jaulen von sich und stürzte vornüber auf den Richtplatz.
    Wie eine Welle, die auf eine Felsbucht brandete, stürzten die Sichelstädter auf die Konzilssoldaten ein. Rowen brauchte gar nicht erst einen Fuß vor den anderen zu setzen, er wurde schlichtweg von den Umstehenden mitgerissen. Nur aufpassen, dass er nicht die Fackel versehentlich losließ.
    Ein Schauer lief über seinen Rücken und etwas kribbelte tief in seiner Brust. Salus hatte Recht behalten. Die Leute hatten sich ihnen angeschlossen. Diebe waren Einzelkämpfer, das lag in der Natur der Sache. Doch ab jetzt würde er niemals mehr einer sein. Jetzt standen sie alle zusammen, vereint gegen das Konzil.
    Von vorn drangen Klirren, Schmerzensschreie und unzusammenhängende Rufe. Mit Steinen oder mit bloßen Fäusten schlugen die Sichelstädter auf die Turmschilde der Soldaten ein. Bislang stießen diese nur mit den Schilden zurück und bewegten sich rückwärts, hin zum Podest. Wie lange würden sie noch so weitermachen? Rowen und wohl auch jedem anderen hier war klar, dass eine neue Grenze überschritten wurde, wenn noch ein weitere Bürger sterben sollte. Aber wenn es so weiterging, würde es unmittelbar darauf hinauslaufen. Und was dann geschehen würde, konnte wohl nicht einmal Salus mit all seinem Planungsgeschick vorhersagen.
    Der Gestank von rußenden Feuern und Schweiß hing in der Luft wie Salzgeruch am Meer. Die Schreie und Parolen schaukelten sich immer weiter hoch, gerieten zu einem Orkan aus Stimmen. Ständig gellten die Befehle der Centurionen des Konzilsheers zwischen ihnen hervor, die mit jedem Mal verzweifelter klangen. Der Abstand zwischen der Linie der Verteidiger und dem Podest schrumpfte zusehends, bald standen sie wortwörtlich mit dem Rücken zur Wand. Derweil hatten die Würdenträger längst die Flucht zurück in den Onyxpalast auf sich genommen und beäugten das Geschehen wahrscheinlich angstvoll aus einem der Zwiebeltürme.
    »Da bist du ja, mein Mäuschen!« Salus Stimme vibrierte vor Triumph. Wild klopfte er ihm auf den Rücken und gratulierte, als wäre Rowen ein Schauspieler: »Großartiger Auftritt! Ohne dich hätten wir das nicht geschafft.«
    »Wir haben noch gar nichts erreicht«, meinte Rowen, auch wenn er sich der ansteckenden Euphorie nur schwerlich entziehen konnte. »Was tun wir jetzt?«
    »Erst mal werden wir die Konzilssoldaten hier vertreiben. Vielleicht schließen sie sich uns auch an, wer weiß.« Das Blitzen von Salus' Augen war heller als der Schein seiner Fackel. »Dann ziehen wir zum Onyxpalast. Ein Fackelzug für die Freiheit.«
    Rowen hatte sich gerade dazu entschieden, sich einmal nicht über den Pathos in Salus' Worten zu amüsieren, als um sie herum panische Schreie laut wurden. Die Leute deuteten auf die umliegenden Dächer, die Augen geweitet und die Gesichter bleich wie Totenschädel.
    Zinnen gleich thronten die Silhouetten von unzähligen Soldaten auf ihnen. Das allein wäre noch nicht furchterregend gewesen, viel mehr aber das, was sie in Händen hielten: geladene Armbrüste.
    »Das tun sie nicht wirklich, das tun sie nicht wirklich«, stammelte Salus, das erste Mal nicht Herr seiner Stimme. »Dann haben sie die ganze Republik gegen sich.«
    Durcheinander rennend und unter Schreien flohen die Sichelstädter zu den Straßen, die vom Richtplatz wegführten.
    Aber wie menschliche Barrikaden erschienen in jeder von ihnen je zwei Reihen aus Konzilssoldaten mit gesenkten Lanzen. Sie waren gefangen – eine Schar Rehe, eingekreist von Wölfen.
    Juditta drängte sich zu ihnen durch. »Scheinbar wollen sie ein Exempel an uns statuieren. Was sollen wir tun?«
    »Das dürfen sie nicht, das dürfen sie einfach nicht«, hauchte Salus. »Es steht im Gesetz, dass man sich versammeln darf. Dass man seine Meinung äußern darf.«
    »Tja, anscheinend geben sie da selbst nicht so viel drauf«, sagte Rowen, alle Gliedmaßen angespannt. Kalter Angstschweiß strömte über seine Stirn. Der Augenpriester Yannur würde sich um seine Schwestern kümmern, wenn er hier sterben sollte, aber was würde aus Clodias Arzneien werden? Was würde aus Galyrien werden?
    »Das hier kann höchstens als kürzeste Revolution aller Zeiten in die Geschichte eingehen«,

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