Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
technologischen Gebiet eine hohe Gewinnmarge versprach.
    Dieser Masters entpuppte sich als Glücksgriff. Nicht nur legte er ein passendes Benehmen an den Tag, sondern formulierte gewandt in beiden Idiomen. Und nicht nur das, er schien auch profunde Kenntnisse der Technik zu haben und sie in leicht verständlicher Form erklären zu können. Zufrieden verabschiedete der Unternehmer am Nachmittag seine Besucher, die sich über das Wochenende beraten wollten. Dem jungen Ingenieur sprach er seinen Dank aus und merkte sich seinen Namen vor.
    Obwohl ein geschäftstüchtiger Mann und gewiefter Handelspartner – er konnte nicht ahnen, welche Nachteile ihm aus diesem Zusammentreffen erwachsen würden. Denn als Alexander nach Feierabend auf die Straße trat, um sich auf den Heimweg zu machen, hielt schon eine Querstraße weiter eine Kutsche neben ihm, und aus dem Fenster lehnte sich der Preuße.
    »Herr Masters, auf ein Wort!«
    »Ja, Herr Egells?«
    »Hätten Sie einige Minuten Zeit, sich nochmals mit uns zu unterhalten?«
    Alexander hatte das Gespräch zuvor großes Vergnügen bereitet. Die drei Männer, insbesondere Egells selbst, waren ihm interessiert und recht beschlagen vorgekommen und hatten ihn mit weit mehr Achtung behandelt als seine Vorgesetzten. Also willigte er ein und stieg in die Kutsche. Hier verblüffte es ihn zunächst, dass Egells ihn nach seinen familiären Verbindungen befragte, und er gab eine kurz gefasste, stark zensierte Auskunft darüber. Dass er nicht zu sehr in London verwurzelt war, schien dem Preußen zu gefallen. Ob er sich vorstellen könnte, auch in seinem Vaterland tätig zu sein, wollte er als Nächstes wissen, und Alexander zuckte mit den Schultern. »Ich bin Ingenieur, wo ich Maschinen bauen kann, ist mir egal!«, gab er zur Antwort und vermutete, Egells wolle prüfen, ob er bereit sei, bei der Inbetriebnahme der Maschinen, die zu erwerben sie vorhatten, mitzuarbeiten. Doch der Vorschlag, der ihm dann gemacht wurde, lautete völlig anders.
    Die preußische Regierung hatte festgestellt, dass sie – sicher auf Grund der politischen Umwälzungen auf dem Kontinent in den vergangenen zwanzig Jahren – den Anschluss an die neue Technik verpasst hatte. England, als Land von den Kriegen weitgehend verschont, hatte hier einen gewaltigen Vorsprung und hütete daher streng seine Verfahren. Also waren technisch versierte Männer ausgeschickt worden, unter Vorgabe von Kaufinteressen die Fabriken auszuspionieren und vor allem bereitwillige Techniker abzuwerben. Alexander war auch in diesem Fall ein Glücksgriff. Das hohe Gehalt, das sie ihm boten, war weniger der Anreiz als die Aufgabe, für die sie ihn vorsehen wollten. In der Entwicklung neuer Maschinen in leitender Position beteiligt zu sein, das war tatsächlich die Erfüllung eines Traumes.
    Er erbat sich eine Nacht Bedenkzeit, die sie ihm gerne gewährten.
    Und in dieser Nacht verdrängten Visionen von seiner Zukunft als Ingenieur jegliche andere, auch die von Ernestines süßen Reizen.
    Er suchte die Herren am Vormittag in ihrem Hotel auf und sagte zu. Ihre Abreise war bereits für den Montag vorgesehen, aber das störte ihn nicht. Er genoss zwar die familiäre Einbindung bei Detterings, fühlte sich aber noch immer als Gast. Er konnte jederzeit seine Sachen packen. Alles, was er besaß, passte noch immer in einen Koffer.
    Er war in einer derartigen Hochstimmung, dass er gar nicht wahrnahm, in welchem Ausmaß er mit dieser Entscheidung Hoffnungen zerstörte. Als er nach dem Diner Sir Nikolaus um eine vertrauliche Unterredung bat, übersah er das Leuchten in Ernestines Augen und überhörte das erleichterte Aufseufzen ihrer Mutter. Auch das wohlwollende Lächeln seines Gönners deutete er falsch. Es erlosch auch bald, denn in kurzen, präzisen Worten dankte Alexander ihm für seine Güte und Großzügigkeit in den vergangenen Jahren und teilte ihm dann seine Entscheidung mit, dass er die Anstellung bei Egells in Berlin angenommen hatte.
    Dettering reagierte mit vollständiger Schweigsamkeit auf diese Verlautbarung, und Alexander fühlte sich immer unbehaglicher. Schließlich fragte er, unsicher geworden: »Sie nehmen es mir doch nicht übel, Sir? Ich habe stets gesagt, dass ich Maschinenbauer werden will. Und es ist eine einmalige Chance, die mir die Firma Woderts & Egells bietet.«
    »Im Nutzen von Chancen hast du eine gewisse Fähigkeit erworben«, kam es trocken von seinem Gegenüber. »Und aus deiner Zielstrebigkeit hast du nie ein Hehl

Weitere Kostenlose Bücher