Goettin - Das Erwachen
gebrühtem Kaffee in seine Nase. Was für ein friedliches Ende eines furchtbaren Tages. Die letzte Stunde hatte er damit verbracht, Lees Theorie über ihre Beziehung zu begreifen und zu verarbeiten. Egal was er vorbrachte, Lees Erklärungen waren gut. Irgendwann hatte er sich eingestehen müssen, dass ihn der Wunsch nach einer Familie, Lees Aufmerksamkeit und eine große Portion Magie in die Irre geführt hatte. Nun da sie beide es akzeptiert hatten, fühlte sich ihre Anwesenheit fast schon wieder wie früher an.
„Du weißt schon, dass du an nichts heute Schuld hast?", fragte Lee leise aus der Küche. Sie machte gerade den dringend benötigten Kaffee. Als Clubbetreiber war er an unregelmäßige Schlafenszeiten gewohnt, trotzdem brannten seine Augen vor Müdigkeit. Er rieb sie sich. „Ich hätte Pfeiffer ernster nehmen müssen." Kopfschüttelnd stellte Lee zwei Tassen auf seinen Couchtisch. Erst als sie sich wieder mit angezogenen Beine neben ihn gesetzt hatte, antwortete sie. „Ich wusste schon seit Monaten, dass mich jemand entführen und oder umbringen will und bin trotzdem hier geblieben. Dass mein Vater und du beim letzten Mal verletzt wurden, hätte mir deutlich machen müssen, dass alle um mich in Gefahr sind." Nun schüttelte er energisch den Kopf. „Du wusstest doch gar nichts über diese Welt. Niemand kann von dir erwarten, dass du ohne Schutz und ohne eine Vorstellung, von dem was da draußen auf dich wartet, da hineinstolperst." Das schmale Lächeln auf Lees Lippen machte ihn stutzig. Ebenso die Art, wie sie über sein Unterarm streichelte. Als wäre er ihr gerade in die Falle gegangen. „Wir tragen beide die gleiche Schuld. Wir haben uns schuldig gemacht, nach besten Wissen und Gewissen Entscheidungen getroffen zu haben. Keiner von uns wollte dieses Ergebnis und trotzdem ist es passiert. So ist das im Leben einfach. Wir tun was wir können und treffen Entscheidungen, ohne zu wissen, ob dabei das Erhoffte herauskommt." So hatte er es noch nie betrachtet. „Wann genau bist du denn so weise geworden?", fragte er nach einem großen Schluck Kaffee. „Ich hab so meine Momente." Das konnte er nur bestätigen.
„Also, wie wird es laufen? Wann wirst du gehen?" Ein Teil von ihm wollte es nicht hören, trotzdem fragte er. Das eiserne Band wurde langsam zu seinem ständigen Begleiter. Es war nicht verschwunden, nur weil Lee ihn über seine Gefühle aufgeklärt hatte. Es war da, weil er sich um sie sorgte und sie schützen wollte. „Sobald Josh alles vorbereitet hat, werde ich gehen." Ihre Stimme klang leise, aber bestimmt. Und du willst mich nicht dabei haben, dachte er.
Doch, das will ich. Ihre Stimme in seinem Kopf ließ ihn von seiner lungernden Position hochfahren. Ach Mist, Gedankenlesen konnte sie ja auch. Nach vier Monaten solltest du dich daran gewöhnt haben. Gab sie zu bedenken. Trotzdem schaute sie ihn weiter freundlich von anderen Ende der Couch an. Ja, sollte ich. Bestätigte er. Genau genommen wollte ich dich darum bitten, mit mir zu kommen. Aber irgendwie scheint mir niemand erklären zu wollen, warum du dich hier im hinterletzten Kaff verkrochen hast und nicht mehr weg kannst. Ihr Ausdruck veränderte sich nicht, aber ihr Blick fixierte ihn. Raus aus meinem Kopf! Sie nickte schließlich leicht und er vertraute ihr, dass sie wirklich damit aufgehört hatte. Erst jetzt überdachte er es. Wenn er ihr nun alles beichtete, was konnte im schlimmsten Fall passieren? Abgeschossen hatte sie ihn bereits und ohne ihn verschwinden würde sie auch. Aber würde sie ihn verraten? Er hatte nie gewollt, dass sie da hineingezogen wurde. Mit dem Wissen verhält es sich, wie mit unseren Entscheidungen. Im Moment glaubst du zwar, dass du es hören willst. Wenn du es erstmal weißt, wirst du es bereuen. Warnte er sie. Für einen kurzen Moment wiegte sie ihren Kopf hin und her, dann sah sie ihn wieder freundlich lächelnd an. Sie nahm seine Warnung nicht mal für eine Minute ernst. Warum war dieses Mädchen nur so stur? Ich denke, das Meiste habe ich mir bereits zusammengereimt. Du wirst gesucht. Da du die Gruppe, bei denen Chris war, nie erwähnt hast, schätze ich, dass du von ihnen gesucht wirst. So wie ich es verstanden habe, sind die Männer dazu da die Gesetze durchzusetzen. Also hast du Gesetze gebrochen. Und ich kenne nur zwei Gesetze von euch. Greife nicht deine eigene Spezies an und offenbare dich keinem unbeteiligten Menschen. Also, was hast du dir zuschulden kommen lassen? Chris war bei den
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