Goettin - Das Erwachen
Herzen. Du bist aber nicht der Eine für mich und ich bin nicht die Eine für dich." Die Bestimmtheit in ihrer Stimme ließ ihn mit seinem Protest zögern. „Woher willst du wissen, was ich fühle?", fragte er mit dünner Stimme. Das klang nicht mal für ihn nach wirklichem Kontra. „Weil ich dasselbe fühle. Ich liebe dich, genau so, wie du mich liebst. Allerdings nicht erst seit März oder seit meinem Geburtstag. Wir lieben uns schon seit Jahren und diese Liebe hat sich nicht verändert. Es ist nur Sex dazu gekommen." Nein, das war es nicht! Oder? Plötzlich war er sich selbst nicht mehr ganz sicher. „Der Sex hat aber alles verändert!" Lee sah ihn bedauernd an. „Was hat er denn verändert? Tu mir bitte den Gefallen und sei ehrlich zu dir selbst. Wenn du den Sex und die gegenseitige Anziehung weglässt, haben sich dann deine Gefühle verändert? Oder ist es nicht so, dass du mich immer noch genau so liebst, wie du's schon immer getan hast?" Ihre Worte trafen ihn wie ein Schlag. Er weigerte sich einfach, darüber nachzudenken. Mit seinen fast hundert Jahren konnte er ja wohl sehr gut einschätzen, was er fühlte! „Das mag vielleicht für dich gelten, aber nicht für mich!", stellte er knurrend klar.
„Das Erste, was Chris damals stutzig gemacht hat, war, dass du dich nicht wie ein frisch verliebter Wolf verhalten hast. Dass ich mich ebenfalls nicht so verhielt, ist ihm erst später bewusst geworden. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber Wölfe teilen ihre Gefährtinnen nicht. Niemals! Im Gegenteil, sie führen heftige Kämpfe um ihre Partnerinnen. Außerdem würde ein gebundener Wandler niemals zulassen, dass seine Frau vor seinen Augen geschlagen wird. Selbst bei einem Klaps auf den Hintern im Spaß hätte er angegriffen. Deine fehlende Eifersucht hat dich verraten, Liam." Langsam machte ihn das echt wütend. So wütend, dass er es einfach nicht zuließ ihre Argumentation in Betracht zu ziehen. „Dass ich nicht eifersüchtig werde, wenn du mit Anderen flirtest, beweist gar nichts." Er wusste, dass er sie anknurrte. „Manches ist einfach in unserer Natur, Liam. Wölfe teilen nun mal nicht und du bist zum Teil ein Wolf! Wenn der Wolf in dir, mich als seine Partnerin gesehen hätte, hättest du reagiert." Nur langsam sickerte die Erkenntnis durch, dass ihre Aussagen stimmig waren. Doch! Eines stimmte nicht! „Wenn es wirklich so wäre, dann wäre der Wolf nicht bei unserem ersten Mal so durchgebrochen!"
Er wollte seine Beweise, den unglaublichen Sex, das ständige Verlangen danach und ihre Harmonie vorbringen, bis er ihren verwirrten Blick bemerkte. „Wie denn? Durchgebrochen?", fragte sie verwundert, aber ohne Zweifel. Sie hatte es also wirklich nicht bemerkt. „Wenn ein Wandler seinen Partner findet, kann es sein, dass seine Augen und Zähne sich verwandeln und er kann es nicht verhindern. Genau das ist bei unserem ersten Mal geschehen." Seine Erklärung schien sie nicht zu beunruhigen. „Nur ein Mal? So wie bei Chris und Frank auf dem Video?", fragte sie und er nickte bestätigend. Andere Emotionen, wie Wut oder Angst, konnten es auch auslösen. „Wenn ich wirklich deine Partnerin wäre, müsste das dann nicht öfter passieren? Ich denke eher, dass das, genauso wie diese Anziehungskraft, mit meiner Aura zusammenhängt." Verdammt, sie hatte wohl für alles eine Erklärung. „Was hat denn deine Aura damit zu tun?" Lee schüttelte den Kopf und lächelte leicht. Er fand das überhaupt nicht komisch. „Kannst du dich noch an den Brief meiner Mutter erinnern? Sie hat geschrieben, dass sich Menschen in den letzten Wochen vor meinem Geburtstag anders verhalten hätten. Meine Aura hat wohl damals schon Erste ... Wie soll ich das nennen? Funken? Naja, sie ist wohl schon vor meinem Geburtstag aufgeflackert, deshalb hast du mich als weibliches Wesen überhaupt wahrgenommen. Ich habe dich wirklich unabsichtlich geil gemacht. Diese Reißzahn-Geschichte lässt sich damit auch erklären. Du warst immerhin drei Tage lang, fast ununterbrochen in meiner Nähe. Dein Wolf und du haben auf meine Magie reagiert, nicht auf mich."
Sie war so überzeugt davon, dass er ins Wanken kam. War wirklich alles nur eine Kombination aus brüderlicher Liebe und Magie gewesen? Ein kalter Schauer lief seinen Rücken hinunter. Er kam sich plötzlich so benutzt vor. Wie er es hasste, wenn er nicht Herr seiner Lage war. „Was bezweckst du damit? Glaubst du, es macht es einfacher, wenn du abhaust?" Dass sie gehen würde,
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