Goettin - Das Erwachen
Viele Menschen hielten ihn für einen Witz, wenn sie ihn vor der Tür zu einem der angesagtesten Clubs der Region sahen. Sie revidierten aber in aller Regel diese Einschätzung, wenn Chris wütend wurde. Er war vermutlich der Gefährlichste der Männer, die im Moment vor ihr standen und sie war wirklich froh, dass er keiner ihrer Feinde war. Zumindest hoffte sie das.
Sie räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie wusste, dass die Crew sie längst bemerkt hatten und nur weil sie als Menschen durchgehen mussten, noch nicht reagiert hatten. Die Männer, die gerade noch so geschäftig wirkten, drehte sich nun alle um und kamen auf sie zu. Chris erreichte sie als Erster. Ohne eine Begrüßung nahm er ihren Kopf in die Hände und bog ihn vorsichtig zurück. Seine hellblauen Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Der ist so gut wie tot.", stieß er aus, als er sich ihren Hals angesehen hatte. Das lief ja ganz fantastisch. „Er ist dort, wo er hingehört, Chris. Und nein! Du wirst ihm keinen Besuch abstatten!" Sofort erschien ein Grinsen auf Chris Gesicht. „Woher wusstest du, dass ich das vorhatte?" Er nahm seine Hände von ihr und bedachte sie mit einem liebevollen Blick. „Weibliche Intuition.", antwortete sie trocken. Nun mischte sich Mario ein. „Wie geht es dir?", fragte er halb besorgt, halb erleichtert. Er hatte offensichtlich mit schlimmeren Verletzungen gerechnet.
Schnell sah sie sich um. Die Männer standen um sie herum. Pino hatte sich zu Mario gesellt und sie spürte Liams Wärme in ihrem Rücken. Showtime!
„Es ist alles in Ordnung, Jungs. Außer den blauen Flecken am Hals und einem ordentlichen Schreck ist gestern nichts Nennenswertes passiert. Also können wir unter das Thema einen Strich machen? Ich bin es langsam echt leid über diesen Abschaum nachdenken zu müssen." Mario nickte nur und Chris seufzte ein, „Wenn du meinst". Der Rest blieb still.
Nun ergriff Liam das Wort. „Da wir gerade so nett beieinanderstehen, hätte ich auch noch was zu sagen." Liam hatte beide Hände auf ihre Schultern gelegt und fing nun an, ihr mit seinen Daumen den Nacken zu massieren. Sie überlegte, ob er damit ihre oder seine Anspannung lindern wollte. Sein Tonfall war ruhig und doch bestimmt.„Ihr habt vorhin richtig gerochen. Lee und ich sind zusammen. Da ich sie schon so lange kenne und ich ihr vertraue, habe ich ihr die ganze Wahrheit über mich und somit auch über euch erzählt." Lee beobachtete gespannt die Gesichter ihrer Freunde. Es brauchte einen Augenblick, bis die Männer begriffen hatten, welche Bombe ihr Alpha da gerade platzen ließ. Kurz schlug ihr von allen ungläubiges Staunen entgegen. Sie sah sich die Gesichter genau an. Frank und Nick starrten sie mit offenen Mündern an. Mario verzog kurz den Mund, bevor sein Gesicht ausdruckslos wurde. Liam hatte ihr erklärt, dass Mario sein Beta, also sein Stellvertreter war. Vermutlich fühlte er sich bei dieser Entscheidung übergangen. Chris strahlte sie an, stellte sie erleichtert fest. Als ihre Augen zu Pino wanderten, zuckte sie kurz zusammen. Er stand stocksteif da. Mit unverhohlenem Hass starrte Pino Liam an. Seine Lippen kräuselten sich und eine Art Fauchen entfuhr ihm.
Liam packte sie an den Schultern und zog sie seitlich an ihm vorbei, während er ein Schritt nach vorne ging. Instinktiv wusste sie, dass Liam sie damit aus der Gefahrenzone gebracht hatte. Trotzdem fand sie es nicht besonders lustig, wie eine Puppe behandelt, zu werden. „Irgendwelche Fragen dazu?", knurrte Liam leise. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel, was er zu tun bereit war. Sie ging einen Schritt zur Seite und konnte so die Szene aus sicherem Abstand betrachten. Liam stand breitbeinig und mit locker herunterhängenden Armen da. Er würde nicht angreifen, aber er war bereit sich zu verteidigen. Pinos Haltung erinnerte sie nun an eine Raubkatze kurz bevor sie angriff. Er stand leicht versetzt und hatte eine Schulter nach vorne gezogen. In diesem Augenblick trat Chris zwischen die beiden Männer und hob die Arme. Eine Hand legte er auf Liams Schulter, die andere auf Pinos. Sie konnte sehen, wie sich Chris Hand in Pinos Schulter vergrub, bis seine Fingerknöchel weiß wurden. Pinos Gesicht verzog sich vor Schmerzen. Chris grinste Lee kurz an. Sie hatte schon immer gewusst, dass er irre war. Aber sich zwischen einen Wolf und einen wütenden Panther zu stellen, war wirklich komplett wahnsinnig. Immer noch grinsend, wand er sich an Liam. „Ja, eine Frage hätte
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