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Göttin der Wüste

Göttin der Wüste

Titel: Göttin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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vielleicht. Also, was ist? Bringst du mich hin?«
    »Ich wollte übermorgen wieder rausfahren. Reicht dir das?«
    »Kannst du es nicht auf heute verschieben?«
    »Jetzt gleich?«
    Sie grinste. »Ich wußte, daß ich mich auf einen Schurken wie dich verlassen kann.«
    ***
    Der Nebel hatte sich aufgelöst, als sie die Ausgrabungsstätte erreichten. Der Wind drehte sich allmählich und wehte feinen Sand vom Landesinneren zum Ozean. Die feinen Körnchen brannten in Cendrines Augen und durchdrangen jede Ritze ihrer Kleidung. Fast drei Stunden lang hatte der Ritt gedauert, erst an der Küste entlang nach Süden, dann zwei oder drei Kilometer landeinwärts. Um sie herum nichts als Dünen, erst vom Atlantik begrenzt, dann schließlich so weit das Auge reichte. Die Luft flirrte vor Hitze, und die Wüste war hier so weiß, daß das reflektierte Licht Cendrine blendete. Auch als sie ihr Ziel endlich vor sich sah, hatten sich ihre Augen noch nicht völlig an die gleißende Helligkeit gewöhnt.
    Der Ritt selbst war die schlimmste Strapaze gewesen, die sie bislang durchgemacht hatte. Als Elias ihr sagte, daß sie zur Ausgrabungsstätte reiten würden, war sie noch guter Dinge gewesen. Dann aber hatte sie feststellen müssen, daß er damit keineswegs auf Pferden reiten gemeint hatte.
    Sie hatte nie zuvor auf einem Kamel gesessen – in der Gegend von Windhuk sah man sie meist nur, wenn schweigsame Wüstennomaden das Hochland passierten und ihre Waren zum Tausch anboten –, und sie tat sich nicht allein mit dem Gedanken schwer, darauf Platz zu nehmen. Schließlich war Elias nach all ihren vergeblichen und nicht besonders geschickten Versuchen, sich im Sattel zwischen den beiden Höckern zu halten, so ungeduldig geworden, daß er gedroht hatte, sie dort oben festzubinden. Und, siehe da, plötzlich ging es. Zwar fühlte sie sich noch immer, als säße sie auf einem besonders großen Sack voller Murmeln, der bei jedem Schritt in wellenförmige Bewegung geriet, doch gelang es ihr tatsächlich, einigermaßen sicher im Sattel zu sitzen.
    Sie hatte angenommen, nach einer Weile würden die Probleme mit ihrem stelzenbeinigen Reittier von anderen Sorgen verdrängt werden, von der Hitze etwa, oder von ihrer Erschöpfung. Doch das Schicksal hatte kein Einsehen mit ihr. Bis zuletzt kämpfte sie um ihr Gleichgewicht, und als sie endlich absteigen durfte und von einem Dünenrücken aus über die Ausgrabungsstätte blickte, stellte sich in ihren Armen und Beinen schlagartig Muskelkater ein; ganz abgesehen von ihrem Hinterteil, das so weh tat, als hätte es jemand den lieben langen Tag mit Tritten malträtiert. Schon jetzt graute ihr vor dem Heimritt.
    Elias hatte nicht übertrieben. Die Ausmaße des Geländes, auf dem Selkirks Nachfolger die phönizische Galeere suchten, waren gewaltig. Cendrine hatte versucht, es sich in ihrer Phantasie auszumalen, doch die Realität übertraf ihre Erwartungen bei weitem.
    Am Fuß der Düne nahm ein Labyrinth von Gruben, Verbindungsgräben und Balkenkonstruktionen seinen Anfang, dessen entferntes Ende – sei es durch die hitzeflirrende Luft, sei es durch das grelle Wüstenlicht – nicht zu erkennen war. Die Archäologen hatten inmitten des Dünenmeers ein künstliches Tal angelegt, rundherum mit hölzernen Barrieren abgestützt, durch dessen Fugen der weiße Sand der Namib rieselte. Cendrine hatte zuwenig Ahnung von Archäologie, um erkennen zu können, was genau dort unten getan wurde. Dennoch war nicht zu übersehen, daß das gesamte Vorhaben die Gesellschaft ein Vermögen kosten mußte. Sie konnte sich kaum vorstellen, daß das, was man an Bord der Galeere zu finden hoffte, genug wert war, um angesichts des Aufwands noch einen Gewinn zu erzielen.
    Zahllose Menschen, zum überwiegenden Teil einheimische Arbeiter, waren überall auf dem Gelände damit beschäftigt, noch tiefer zu graben, Sand auf Loren und in Karren abzutransportieren oder einfach nur wild gestikulierend dazustehen und anderen Befehle zu erteilen.
    Elias nahm sein Kamel am Zügel und bedeutete Cendrine, es ihm gleichzutun. Gemeinsam stapften sie durch den Sand und führten die Tiere abwärts, einem Tor entgegen, das inmitten der Barriere klaffte. Allein die Mühen, mit denen all das Holz hierhergeschafft worden war, mußten immens gewesen sein.
    »Weißt du«, fragte Cendrine, »ob es dort unten jemanden gibt, der noch mit dem alten Selkirk persönlich zusammengearbeitet hat?«
    Elias nahm seinen breiten Filzhut vom Kopf und wischte sich damit

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