Göttin des Frühlings
durchgearbeiteten Körpers ließen langsam nach. Hades’ Anspannung wich, als sie wieder gute Laune bekam, und so frühstückten sie wie ein Liebespaar, drückten die Knie aneinander und steckten sich gegenseitig Leckereien inden Mund. Gerade erklärte er ihr, wie er die eleganten Kandelaber gemacht hatte, die unter der Decke hingen, als es zweimal fest an der Tür klopfte.
»Ja? Herein!«, rief Hades.
Iapis betrat den Raum, in der Hand eine flache viereckige Schachtel. Er verbeugte sich erst vor Hades, dann vor Lina.
»Guten Morgen, Hades, Persephone.« Sein Blick tanzte umher; erfolglos versuchte er, ein erfreutes Lächeln zu verbergen. »Ich habe gebracht, was du gewünscht hast, mein Herr.« Er reichte Hades die Schachtel.
»Hervorragend. Danke, Iapis.«
Beim Anblick des Daimons wurde Lina klar, dass sie Eurydike in letzter Zeit vernachlässigt hatte. Sie bekam Schuldgefühle.
»Iapis, könntest du Eurydike eine Nachricht von mir überbringen?«, fragte sie.
»Natürlich, Göttin.«
»Sag ihr, dass ich gerne sehen würde, was sie so gezeichnet hat.«
Iapis lächelte. »Das wird sie freuen, Göttin.«
»Gut. Sie soll ihre Arbeiten später in mein Zimmer bringen. Und sag ihr bitte, dass ich mich darauf freue, ihre Kreationen zu sehen – und sie ebenfalls. Ich habe sie vermisst.«
Lina meinte zu sehen, wie ein verräterisches Rot die Wangen des Daimons verdunkelte, doch er nickte und zog sich, immer noch lächelnd, mit einer Verbeugung aus dem Zimmer zurück.
»Der hat aber gute Laune«, bemerkte Lina und trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
»Er freut sich, wenn ich glücklich bin«, sagte Hades und küsste ihre Hand.
Lina lächelte ebenso überrascht wie zuvor der Daimon. Dann riss sie sich zusammen.
»Ich glaube, hinter seinem frohen Gesicht steckt noch mehr. Ich will schon die ganze Zeit mit dir über deinen Daimon sprechen.«
Hades sah sie mit erhobener Augenbraue an.
»Ich glaube, er interessiert sich für Eurydike«, sagte Lina.
Hades’ verlegenes Lächeln erinnerte sie an einen kleinen Jungen, der mit der Hand in der Keksdose erwischt wird. »Da hast du wohl recht.«
»Dann muss ich wissen, was er für Absichten hat«, sagte sie bestimmt.
Hades nickte, und sein Blick wurde sofort ernst. »Verstehe. Natürlich machst du dir Sorgen. Ich denke, dass ich für Iapis sprechen kann. Er hat nur die besten Absichten. Er macht sich sehr viel aus dem kleinen Geist.«
»Achtest du darauf, dass er vorsichtig mit ihr ist? Sie hat eine schwierige Zeit hinter sich. Es ist schwer für eine Frau, wieder zu lieben, nachdem sie verletzt wurde.«
Hades streichelte sanft ihre Wange und fragte sich plötzlich, ob die Göttin nur über ihren treuen Geist sprach.
»Du kannst mir vertrauen. Immer. Ich werde auf Eurydike aufpassen, als wäre sie die Göttin des Frühlings selbst.«
»Danke. Es ist nicht so, dass ich Iapis nicht mögen würde – ich mag ihn sehr. Ich mache mir nur Sorgen um Eurydike.«
»Du bist eine liebevolle Göttin, die sich um die kümmert, die ihr nahestehen«, sagte Hades. Dann schaute er auf den quadratischen Karton auf dem Tisch. Er schob ihn zu Persephone hinüber.
»Das habe ich in der ersten Nacht gemacht, als du hier warst. Ich konnte nicht schlafen. Ich konnte nur an dich denken, an dein Lächeln und deine Augen.« Er machte ihr ein Zeichen, die Schachtel zu öffnen.
Leicht ließ sich der kleine Verschluss lösen, und Lina hob den Deckel an. Auf einem Bett aus schwarzem Samt lag eine zierliche Silberkette mit einem Anhänger, einem einzelnen Amethyst, der in der Form einer edlen Narzissenblüte geschliffen war.
Lina traten Tränen in die Augen. »O Hades! Das ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe!«
Er stand auf und trat hinter sie, nahm die Kette aus der Schachtel, um sie ihr um den Hals zu hängen. Sie passte perfekt, der Amethyst reichte gerade bis zum Ansatz ihrer Brüste.
»Danke. Die werde ich immer in Ehren halten.«
Der Gott zog sie in seine Arme. »In der Nacht, als ich sie schmiedete, war ich erfüllt von Leere und Sehnsucht, aber nun bist du hier bei mir, und das schwarze Loch in mir ist fort. Die Sterblichen sind klug; du bist die Königin der Unterwelt. Ich kann mir kein Leben mehr ohne dich vorstellen. Du hast ewigen Frühling in die Unterwelt und in das Herz ihres Gottes gebracht. Ich habe mich in dich verliebt, Persephone.«
Die Tränen, die sich in Linas Augen gesammelt hatten, liefen ihr die Wangen hinunter. Sie bekam kein Wort
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