Göttin des Frühlings
Haare auf ihren Armen aufstellten.
»Komm, Carolina. Deine Zeit hier ist vorüber.« Demeter trat an Linas Seite und schlug ihren Umhang um die Sterbliche. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, entfernten sie sich aus dem Palast des Hades.
25
Die Klingel über der Eingangstür von
Pani della Dea
bimmelte fröhlich und brachte mit einem Schwung kühler Luft die nächsten Kunden herein.
»Brrr«, schüttelte sich Anton demonstrativ. »Puh! Der Winter rückt tatsächlich näher. Das ist so grausam für meine Haut.«
»In der Wettervorhersage hieß es, es würde dieses Jahr ungewöhnlich viel schneien. Am besten kaufst du dir jetzt schon massenweise Feuchtigkeitscreme und besorgst dir vernünftige Schuhe«, sagte Dolores mit Blick auf Antons Füße.
»Was stimmt denn mit denen nicht?« Anton verzog das Gesicht und stellte die Füße abwechselnd aus, damit die gesamte Bäckerei seine glänzend schwarzen, spitzen Cowboystiefel aus Aalhaut mit den sechs Zentimeter hohen Absätzen bewundern konnte. »Lina«, rief er von der anderen Seite des Raumes, »glaubst du, ich brauche neue Schuhe?«
Lina sah von der Cappuccino-Maschine auf. Am liebsten hätte sie gesagt, seine Schuhe seien ihr schnurzegal, ebenso wie das Wetter und alles andere … doch Antons erwartungsvolles Gesicht mahnte sie, mitzuspielen. Sie musste weitermachen, egal wie sie sich tatsächlich fühlte.
»Schätzchen, ich finde deine Stiefel perfekt. Denk einfach dran: Meine Versicherung zahlt nicht für Stürze außerhalb des Arbeitsplatzes.«
Gelächter hallte durch den Laden. Die Gäste gaben ihre Bestellungen auf. Alle waren glücklich. Das Geschäft florierte. In den zwei Wochen seit ihrer Rückkehr hatte sie über die Veränderungen gestaunt, die Persephone in den letzten sechs Monaten in die Wege geleitet hatte. Die Göttin des Frühlings hatte tatsächlich Wunder bewirkt. Ihre Werbekampagne war unglaublich gewesen. Tagsüber und abends strömten neue Kunden herbei, die meisten verlangten irgendetwas Gebackenes, auf das sie den unglaublichen Ambrosia-Frischkäse streichen konnten, den man exklusiv nur bei
Pani della Dea
bekam. Persephones Kreation war wirklich ein Hit. Und das war nicht alles, was die Göttin verändert hatte. Anstatt in Richtung Catering zu expandieren, wie Lina vorgeschlagen hatte, steuerte Persephone die Bäckerei übers Internet in eine ganz neue Sphäre der Vermarktung. Eine große Auswahl ihrer Spezialität Gubana wurde verpackt und versandt, dazu gab es ein kleines Glas Ambrosiafrischkäse. Die Päckchen gingen in die gesamten Vereinigten Staaten. Zu einem unglaublich hohen Preis. Der neue Internetversand boomte. Persephone hatte sogar noch zusätzlich einen Mitarbeiter in Vollzeit eingestellt, der nichts anderes tat, als die Netzbestellungen abzuarbeiten.
Lina konnte nur staunen. Es hatte eine Göttin aus der Antike gebraucht, um das Potential von etwas so Modernem wie dem Internet zu erkennen. Die Schulden beim Finanzamt waren zurückgezahlt, sie hatte dreimal so viel verdient, genau wie Demeter versprochen hatte. Alles war gut.
Und Lina ging es so schlecht, dass sie meinte, sterben zu müssen.
Nein, sie konnte nicht ans Sterben denken, nicht an den Tod, an Geister oder den Herrn der Toten …
Die Glocke über der Tür klingelte erneut.
»Hallo, Hübscher«, grüßte Anton.
»Hi, Anton. Tolle Stiefel«, sagte eine äußerst männliche Stimme.
Der Angestellte kicherte glücklich.
Lina knirschte mit den Zähnen und machte sich auf etwas gefasst. Sie war froh, die Cappuccino-Maschine zwischen Scott und sich zu haben. Zumindest würde er jetzt nicht versuchen, sie zur Begrüßung zu küssen.
»Guten Abend, Lina.«
»Hi, Scott.« Seufzend sah sie zu dem gutaussehenden jungen Mann auf. Er war groß und muskulös. Sein blondes Haar war ordentlich frisiert, seine tiefen blauen Augen musterten Lina mit offener Verehrung. Er trug einen perfekt geschnittenen Anzug, dazu eine rote Business-Krawatte. Der Anzug konnte nicht verhehlen, wie umwerfend sein Körper war. Ganz im Gegenteil: Die elegante italienische Linienführung unterstrich die unglaubliche Figur des jungen Mannes. Nicht zum ersten Mal dachte Lina, er hätte ein junger Apollo sein können – wenn der Gott des Lichts als aufstrebender Anwalt aus Tulsa auf die Erde gekommen wäre.
Es war nicht schwer zu verstehen, warum Persephone sich von ihm angezogen gefühlt hatte. Lina wunderte sich nicht. Hingegen verstand sie nicht, warum er seinerseits regelrecht
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