Goettin in Gummistiefeln
Ordnung?«
»Ich ... begutachte nur die Zutaten«, improvisiere ich. »Um ein Gefühl für sie zu bekommen.«
Hinter Trish taucht plötzlich eine weitere blonde Frau auf. Auf ihrem Kopf sitzt eine Ray-Ban-Sonnenbrille und sie beäugt mich mit unverhohlener Neugier.
»Ich bin Petula«, verkündet sie. »Nett, Sie kennen zu lernen.«
»Petula hat gerade ein paar von Ihren Sandwichs probiert«, wirft Trish ein. »Sie fand sie einfach umwerfend.«
»Und ich habe von Ihrer Gänseleberpastete mit Apricot-Glasur gehört!« Petula hebt die Augenbrauen. »Beeindruckend!«
»Samantha kann alles!«, prahlt Trish mit stolzgeröteten Wangen. »Sie ist bei Michel de la Roux de la Blanc in die Lehre gegangen! Dem Meister persönlich!«
»Und wie genau werden Sie die Pastete nun glasieren, Samantha?«, erkundigt sich Petula interessiert.
Schweigen. Beide Frauen blicken mich voller Spannung an.
»Nun ja.« Ich räuspere mich. Mehrmals. »Nun ... ich mache es natürlich ... auf die übliche Art. Das Wort >Glasur< leitet sich, wie allgemein bekannt, aus der ... äh ... transparenten Natur ... der ... der Glasur ab ... komplimentiert durch die ... foie gras. Die, äh, Leberpastete. Ah.«
Was für ein Schwachsinn. Doch weder Trish noch Petula scheinen irgendeinen Verdacht geschöpft zu haben. Tatsächlich wirken sie höchst beeindruckt.
»Wo, um alles in der Welt, hast du sie nur her?«, tuschelt Petula Trish in einem Ton zu, den sie offensichtlich für diskret hält. »Mein Mädchen ist einfach hoffnungslos. Kann weder kochen noch Englisch. Versteht kein Wort von dem, was ich sage.«
»Hat sich einfach so aus heiterem Himmel bei uns vorgestellt!«, murmelt Trish voller Stolz zurück. »Cordon bleu! Englisch! Wir konnten unser Glück kaum fassen!«
Beide beäugen mich wie eine besonders seltene, vom Aussterben bedrohte Rasse.
Ich halte das nicht länger aus.
»Soll ich Ihnen vielleicht einen Tee machen und in den Wintergarten bringen?«, frage ich in meiner Verzweiflung.
»Nein, danke. Wir müssen gleich weg - zur Pediküre«, flötet Trish. »Bis nachher, Samantha.«
Erwartungsvolle Pause. Blitzartig wird mir klar, dass Trish auf einen Knicks wartet. Ich merke, wie mir die Schamröte ins Gesicht schießt. Warum musste ich auch knicksen? Warum musste ich unbedingt einen Knicks machen!
»Sehr wohl, Mrs. Geiger.« Ich neige das Haupt und ringe mir einen wackeligen Knicks ab. Als ich aufblicke, sind Petulas Augen groß wie Untertassen.
Beim Rausgehen höre ich, wie Petula Trish zuzischt: »Sie knickst? Sie knickst vor dir?«
»Eine einfache Respektsbezeugung«, höre ich Trish lässig antworten. »Aber höchst wirkungsvoll. Weißt du, Petula, das solltest du wirklich bei deinem Mädchen .,.«
O Gott. Was habe ich da bloß angestellt?
Ich warte, bis das Klappern der Absätze vollständig verklungen ist. Dann verdrücke ich mich zur Sicherheit in die Speisekammer, klappe mein Handy auf und drücke auf Wahlwiederholung. Guy nimmt nach dreimal klingeln ab.
»Samantha.« Er hört sich wachsam an. »Hallo. Hast du -«
»Schon gut, Guy.« Ich schließe kurz die Augen. »Habe schon mit Ketterman gesprochen. Ich weiß Bescheid.«
»Mein Gott, Samantha.« Er schnauft. »Das tut mir so Leid, so Leid ...«
Ich kann sein Mitleid nicht ertragen. Wenn er noch was sagt, fange ich zu heulen an.
»Schon gut«, schneide ich ihm das Wort ab. »Echt. Lass uns nicht mehr drüber reden. Lass uns ... nach vorn schauen. Ich muss mein Leben wieder neu ausrichten.«
»Mein Gott, du bist vielleicht taff!« In seiner Stimme schwingt ein Anflug von Bewunderung. »Dich wirft so schnell nichts um, stimmt‘s?«
Ich streiche mir das Haar aus dem Gesicht. Es fühlt sich trocken und ungeliebt an, die Haarenden sind ganz splissig.
»Nun, zurückschauen nützt nichts. Ich muss ... irgendwie muss es weitergehen.« Ich weiß nicht wie, aber es gelingt mir, ruhig zu sprechen. »Ich muss nach London zurück. Aber nicht in meine Wohnung. Ketterman hat sich im selben Gebäude ein Apartment gekauft. Er wohnt jetzt da.«
»Ja, hab ich schon gehört.« Guy klingt, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Das ist echt Pech.«
»Ich kann ihm nicht gegenübertreten, Guy.« Schon wieder will mir das Heulen kommen. Ich zwinge mich, ein paar Mal tief Luft zu holen. »Tja ... und da habe ich mich gefragt, ob ich vielleicht zu dir kommen könnte? Nur für ein paar Tage?«
Schweigen. Das hätte ich nicht erwartet.
»Samantha, ich würde dir liebend gerne
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