Goettinnensturz
Vorderpfoten sanft auf die Tischplatte, äugte in Richtung Tasse.
»Gehst du weg!«, befahl Berenike und versuchte streng zu schauen, obwohl das Kätzchen den treuherzigsten aller möglichen treuherzigen Kätzchenblicke aufsetzte.
Jonas nahm eine blaue Spielmaus aus dem Katzenkorb neben dem Tisch und warf sie weit weg. Sofort drehte sich die kleine schlanke Katze um, wobei ihr Schwanz fast das Milchkännchen umwarf. Die Kater legten sich aufs Küchenfenster und sahen der jungen Katze von oben aus zu. Die Kleine ließ sich nicht lumpen, bot volles Programm und fetzte der scheppernden Maus voll Elan hinterher.
»Ah, Molly apportiert«, lachte Jonas. Die Katze rannte mit der Maus im Maul auf ihn zu.
»Sie heißt Miss Marple«, antwortete Berenike.
»Miss Molly Marple.«
»Miss Molly Marple. Na schön. Die Katze mit dem längsten Namen der Welt.«
»Abgesehen von den Edlen von zu …«
»Stimmt.«
Die Maus wurde mit einem Klingeln vor Jonas auf den Boden fallen gelassen. Ein helles, aufforderndes Miauen folgte. Jonas bückte sich nach dem Spielzeug, während Miss Molly Marple auf den freien Sessel kletterte und interessiert die offen stehende Butter beäugte. »Nein!«, sagte Berenike streng. Die Katze sah sie aus grünen Augen an, machte einen Buckel, plusterte sich auf und sprang dem in Gedanken dasitzenden Jonas auf den Schoß.
Er streichelte sie abwesend, sie machte es sich bequem, während er an der Katze vorbei Berenike ansah und nach seiner Semmel griff. »Auf Kurts Handy jedenfalls läuft die Mailbox, sein Büro in Sankt Wolfgang war geschlossen, als wir am späten Abend dort waren. Außerdem war ja Sonntag.«
»Kann ich mir denken, dabei schläft Sankt Wolfgang sozusagen nie. Also im Sommer.«
»Wie meinst du das?«
»Warst du noch nie dort? Sei froh. Ein Alpen-Disneyland wär nix dagegen. In Sankt Wolfgang steppt der Bär. Also das Ross. Weißt eh, die Operette.«
»Weißes Rössl, na klar.«
»Dazu die riesigen Hotelburgen gleich hinterm Seeufer. Sind zwar mehr oder weniger im traditionellen Stil erbaut, aber abnorm groß.« Berenike biss endlich krachend in eine frische Semmel. »Hast du eine Privatadresse von Monikas Exfreund?«
»Haben wir, dort war ebenso Fehlanzeige, keiner zu Hause. Kurt hat ja keine Familie.«
»Wer war denn sonst mit ihr auf dem Fest?«
»Hingegangen ist die Monika gemeinsam mit ihrem Freund Bernd.«
»Also waren sie zusammen.«
»Ja, waren sie. Eine gute Freundin war dabei, die Magdalena oder Leni, eine Verkäuferin im Supermarkt unten in Bad Aussee. Sie und Monika kennen sich aus der Schulzeit. Diese Leni war ganz fertig, kannst es dir vorstellen.«
»Und wie.«
»Und dann saß noch Paul Vasari, der ebenfalls an entscheidender Stelle beim Narzissenfest mitmischt, an ihrem Tisch. Die anderen Leute am Tisch haben gewechselt, ein Mädchen ist mal aufgetaucht und hat ein wenig mit Monika debattiert und mit Paul, ist schnell gegangen.«
»Astrid, die Narzissenprinzessin?«
»Möglich. Genaueres konnte keiner sagen. Die Astrid selbst habe ich mit einem Kollegen befragt. Sie hat uns in einem zerschlissenen Bademantel und einem Handtuch um die nassen Haare aufgemacht. Erst war sie frech, dann hat sie zugegeben, sie wär so betrunken gewesen, dass sie sich an nichts mehr erinnern kann.« Jonas zuckte mit den Achseln. »Tja, da haben wir Pech gehabt.«
»Blöde Situation, nach einem Fest. Das tut mir leid für euch«, sagte Berenike und ließ die Semmel sinken, weil sie nicht wirklich Hunger verspürte.
»Vier Personen waren meistens beisammen, Monika, Bernd, Leni und Paul. Daran erinnert sich der zuständige Kellner vom Bierzelt.«
»Der war wenigstens halbwegs nüchtern, was?«
»Halbwegs. Allerdings weiß er noch, dass die Monika eine Weile verschwunden war – eine halbe Stunde vielleicht, schätzt er. Die anderen am Tisch haben sich gedacht, dass sie sich beim Buffet anstellen hat müssen. Nachher hat sich herausgestellt, dass ihr der Max nachgestiegen ist.«
»Doch nicht unser Wirt Max?«
»Genau der – der Wirt vom ›Grünen Kakadu‹ in Bad Aussee.«
»Der will wirklich von jeder Schürze was. Und?«
»Anscheinend war er sturzbesoffen, wie man sagt. Und ist der Monika in seinem Rausch total auf den Senkel gegangen. Er wollt bei ihr landen, und als sie ihn ausg’lacht hat, hat er ihr nachgeschrien, er würd sie schon kriegen, egal wie. Das hat zumindest der Bernd nachher bei der Befragung erzählt.«
»Und ihr glaubt ihm?«
Jonas zuckte die
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