Goettinnensturz
beigewohnt, die Ergebnisse zu Monikas und Bernds Tod hatten die ersten Vermutungen bestätigt. Monika hatte man mit der Dirndlschürze erdrosselt, Bernd mit seinem rot karierten Hemd. An Monikas Dirndl fand sich zudem innen ein Schild, dass das gute Stück aus Bernds Werkstatt stammte. Außerdem war Monika die Nase gebrochen worden – mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit vor ihrem Tod. Also doch … Berenike hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen, als er ihr davon erzählte – und den Moment zum Reden verpasst.
Doch sie musste es endlich tun. Wartete auf einen günstigen Augenblick. In dem Jonas entspannt war, statt so müde und gereizt wie jetzt. Da würden sonst die Fetzen fliegen bei dem, was sie ihm zu gestehen hatte. Schon gestern Abend, als er erschöpft vor Berenikes Wohnungstür gestanden war, hatten sie fast gestritten. Und auch jetzt mahlte er mit den Kiefern, während er sie wartend ansah. Wie unter Strom, so hatte sie ihn früher nicht gekannt. Das, was sie ihm zu sagen hatte, würde sie womöglich auseinanderbringen …
Rasch stellte sie den Korb mit frischem Bauernbrot auf den Tisch, schob Butterdose und Orangenmarmelade in seine Nähe. »Hier, für dich, iss den Rest, hm?«
Er nickte müde. Berenike setzte sich. »Du solltest dich wirklich krankschreiben lassen«, sagte sie und rückte die Teekanne zurecht.
»Nike, bitte – ich kann jetzt nicht. Ich schaff das schon. Schau, kein Blut mehr.« Nein, das nicht mehr. Dafür zierten rote Flecken sein Gesicht, als hätte er Fieber. Und seine Augen glänzten auffällig. »Wenn ich den Verband wechsle, ist alles okay. Glaub’s mir einfach.« Er hustete.
»Natürlich.«
Es war nicht ihre Sache, wenn er Raubbau mit seiner Gesundheit trieb. Ihre Sache war … ihm endlich von der Konfrontation mit Monika zu erzählen. Die etwas aus dem Ruder gelaufen war. Krampfhaft suchte sie nach einer eleganten Möglichkeit, davon anzufangen. Sie musste sich erst eine Version einfallen lassen, warum sie nicht gleich nach ihrem Tod davon erzählt hatte. Um klarzumachen, dass sie deswegen nicht verdächtig war. Nicht für den Mord! Musste sich etwas überlegen, damit die Gründe für ihr Schweigen verständlich wären. Wie sähe ein Geständnis sonst aus? Eben.
Miss Marple strich um Berenikes Beine, miaute leise, als ahnte sie ihren inneren Zwiespalt. Oder weil sie eine Leckerei ergaunern wollte. Butter zum Beispiel. »Nein, Schätzchen«, sagte Berenike leise und streichelte geistesabwesend über das beruhigend weiche Fell, während sie nachdachte. Zweimal wollte sie zum Reden ansetzen, schaffte es einfach nicht. Noch nicht.
»Hallo, hier ist Jonas.«
Und jetzt telefonierte er. Der Moment war vorbei.
Er stand auf, blickte zum Fenster hinaus, während er das Handy ans Ohr hielt. »Gibt es was Neues, Mara?« Seine Stimme klang gepresst. »Nichts? Gut, ich komme später.« Er legte auf. »Nichts Neues. Sie will, dass ich mir zumindest den Vormittag freinehme.«
»Lass uns erst einmal in Ruhe frühstücken.« Berenike schenkte schwarzen Tee ein, in den sie trotz der Morgenstunde einige Lavendelblüten zur Entspannung gemischt hatte. Ihre Gedanken flatterten immer noch durcheinander. Schuldgefühle wegen des Streits mit Monika, die Leiche, die Rune an ihrem Hals. Eine violette Dirndlschürze, ein rot kariertes Hemd. Ein Durcheinander im Kopf, als würden die Stoffe zu unentwirrbaren Knoten geknüpft.
»In Ruhe.« Jonas schnaubte. »Wenn ich dieses Wort schon höre!« Seine Wangen waren noch röter geworden, die Stimme klang belegt.
»Lass uns einen Spaziergang machen, Jonas. Die Sonne scheint, schau!« Berenike betrachtete die leeren Blumenkästen vor dem Fenster. Sie musste sich überlegen, welche Pflanzen sie heuer hineinsetzen wollte. Vielleicht Thymian und Rosmarin. Maggikraut. Oder duftende Kamille. »Ich wollte mir heute ausnahmsweise freinehmen. Lieselotte weiß Bescheid.«
»Na schön.« Seufzend legte er das Handy auf die Tischplatte und griff nach dem Marmeladeglas. »Wie wäre es mit dem Wolfgangsee? Da war ich noch nie. Also zum Spaß.«
»Verstehe. Schön, machen wir das.«
Und dann würde sie ihm endlich alles gestehen …
Eine Weile später parkte Berenike ihre alte Karre in Fürberg. Der Wolfgangsee lag im Sonnenlicht vor ihnen. Jonas als Beifahrer, das war eine Sache für sich. Ständig erklärte er ihr den Weg, zappelte auf dem Sitz herum. Sie ließ ihn reden, griff nur nach seinem Knie. Wärme, Nähe, das bedeutete ihr viel, nach
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