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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Buerkl Anni
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Lachen in den Raum, schlug sich gegen den Kopf. Sie schüttelte sich, dass ihr Busen vibrierte. Die Männer bekamen Stielaugen. »Wie konnte ich dieses Gespräch nur vergessen, in dem mir Monika die Ablehnung meiner Bewerbung klargemacht hat? Die Bewerbung, für die du, Paul, mich extra eingeladen hast. Du hast mich sogar ermutigt, weil ich gute Chancen hätte.«
    Paul lehnte sich vor, die Beine noch breiter, wenn das möglich war, ein Funkeln in den Augen. »Bitte, Franzi, möchtest du die Umstände deiner Bewerbung wirklich hier ausbreiten?« Er wies mit einer Hand über die Runde am Tisch, lächelte Franzi selbstgefällig an.
    »Ja, möchte ich. Ich möchte das ausdiskutieren. Ich habe mich darum beworben, das Narzissenfest auszustatten. Das sollen ruhig alle wissen. Du selbst hast so getan, als hätten alle nur auf meine Ideen gewartet.«
    »Dann«, sagte Paul ruhig, »dürfen ebenfalls alle wissen, warum wir deine Entwürfe abgelehnt haben. Man hat dir klar mitgeteilt, dass sie zu, sagen wir mal, modern sind.«
    »Ihr Provinzkasperln! In London schätzt man meinen Stil. Ich wurde zur Modewoche eingeladen. Nur dieses beschränkte Bauernvolk hier will für immer an dem alten Krempel festhalten. Und Nazis gefallen! Bravo. Ich gratuliere.«
    »Bitte Franziska.«
    »Ich finde, sie hat recht.« Alle Augen wanderten zu Berenike.
    »Findest du?« Pauls Blick glitt zwischen Franzi und Berenike hin und her. Sich seiner selbst sehr sicher, immer noch.
    Rundum verschlossene Mienen. Verschränkte Arme. »Einen Nazi als Ehrengast, das ist jenseits. Und Traditionen müssen sich verändern. Nur auf diese Weise bleiben sie lebendig und entwickeln sich mit uns weiter. Wie wir uns entwickeln. Wer von euch lebt denn wie seine Großeltern? Wer heizt mit Kachelofen? Backt jemand von euch noch selbst Brot?«
    »Natürlich nicht«, rief jemand.
    Gemurmel im Raum. Nicht mehr ganz so unfreundlich.
    »Berenike, du möchtest, dass unsere Narzissenkönigin wie eine Nutte auftritt?«
    »Wie bitte?«
    »Das war Franzis Idee.«
    Alle blickten Franziska an in ihrem lila Outfit. Die reckte das spitze Kinn vor, lehnte sich an die Wand. »Na und? Warum nicht?«
    »Glaubt ihr, jemand kommt zum Narzissenfest, wenn die Teilnehmerinnen Strapse tragen?«
    »Warum nicht …?«
    »Wenn sie aussehen wie Drogennutten oder asoziale Jugendliche, von denen man in der Zeitung liest?«
    Raunen kam auf.
    »Und wenn die Narzissenkönigin ein schwarzes Dirndl trägt mit Löchern drin? An ganz bestimmten Stellen?«
    »Ganz bestimmten Stellen?«
    »Wie in einem … einem …« Paul rang nach Worten.
    »… einem Alpenporno?«, half ihm Franziska und verschränkte die Arme.
    Einige Männer lachten ein wenig schäbig.
    »Bei uns ist die Welt noch in Ordnung.« Der alte Fischer Martin war aufgestanden. »Deswegen besuchen uns die Leut. Man sehnt sich nach dem Althergebrachten.«
    »Ach, und was ist mit den Jugendlichen, die aus lauter Langeweile die Parkbänke kaputt machen?« Franziska stieß einen Sessel um. »Ihr werdet es nie kapieren!« Damit spuckte sie vor Paul aus, blieb einen Moment lang stehen, starrte ihn an, ging dann aus dem Saal. Jeder Zoll eine Königin.

15
    Stille. Dunkelheit. Sterne. Kein Mond. Kühle Luft. Kein Mensch auf der Straße. Berenike blieb stehen, sah tief durchatmend zum nächtlichen Himmel. Wie lange die Sterne schon da waren, lange vor ihrer Zeit. Sie würden noch da sein, wenn sie tot war, lange nachdem ihr Körper zerfallen sein würde. Tod … da war das Wort. Sie sah einen Stern besonders hell leuchten. Ihr war, als könnte sie die Hand nach ihm ausstrecken. Jetzt Jonas an der Seite haben. Nach seiner Hand greifen können. Zusammen sein …
    Der Schmerz hörte nicht auf. War immer da. Klemmte ihr Herz ab, die Luft zum Atmen. Dass es je so weit hatte kommen können. Nie zuvor hatte sie sich auf ernsthafte Beziehung einlassen wollen. War immer gut damit gefahren. Und jetzt hatte sie als Quittung dafür, dass sie es gewagt hatte, den Schmerz serviert bekommen. Dass es mit fast 40 noch so weh tat – noch mehr vielleicht – wie damals mit 15!
    Langsam ging sie weiter. Die Luft roch feucht, erdig. Wie ein Versprechen. Eines, das nie eingelöst werden würde. Wie jeden Frühling. So wie die angebliche Einladung an Franziska, Entwürfe für die Narzissenhoheiten zu machen. Berenike konnte nicht glauben, dass es wirklich ein Scherz gewesen war. Vielleicht ernst gemeint und dann vergessen, als Geplänkel von Paul abgetan. Sie hatte

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