Goettinnensturz
kribbelte in ihrem Nacken, gleichzeitig ergoss sich Hitze über ihren Körper.
Dann erst registrierte sie Franziskas Worte. Sterne, Astrologie. Ob das was zu bedeuten hatte? Für den Mordfall? »Interessierst du dich für Sterndeutung, Franziska?«
Die zuckte mit den Achseln. »Meine Oma ist gut darin. Sie war immer ein wenig übersinnlich, weißt du. Und nachdem ich viel bei ihr war in ihrem Häuschen in Fürberg … Das etwas färbt ab.«
»Ah, Fürberg, das ist in der Nähe vom Falkenstein, oder irre ich mich?«
»Genau. Du kennst dich gut aus hier, Berenike.«
»Ich lebe schon ein paar Jahre hier, Franzi.«
»Klar. Ich wollt dich nicht beleidigen.«
»Ich weiß nicht so viel über Astrologie, aber ich mag Tarot sehr gern«, sagte Berenike und hoffte, ihre Worte wirkten nicht allzu plump. »Kann deine Oma Karten legen?«
Franziska nickte. »Sie tut es nicht mehr oft, seit sie alt ist, sie sieht nicht gut.«
»Und du?«
Schulterzucken. »Nur ein bisschen. Bist du gut bei der Kartendeutung, Berenike?«
»Wie man’s nimmt.« Berenike lächelte. »Leider kann ich mein Tarotdeck nirgends finden. Hoffentlich wurde es nicht gestohlen.« Berenike ließ Franziska nicht aus den Augen. Keine Reaktion. Kein Zusammenzucken, kein Erschrecken. Nur der Löffel in ihrer Hand klimperte mit einem Mal in der Tasse. Das machte sie immer so, Berenike erinnerte sich.
»Was für ein Kartendeck hast du denn, Berenike?«
»Crowley.«
»Ach, der Satansjünger.«
»Mir haben die Zeichnungen gefallen.« Schaudernd rieb sich Berenike die Arme. Sie hatte Gänsehaut beim Gedanken an die Karte des Gehängten, die man bei einem der Ermordeten gefunden hatte.
Franziska zog eine Braue hoch. »Du denkst an die Toten, nicht wahr, Nike?«, fragte sie lauernd und ließ sie nicht aus den Augen.
»Vor allem an die Tarotkarten, die man gefunden hat.« Berenike schlug sich auf den Mund. »Oh, das sollte eigentlich nicht nach außen dringen, nehme ich an.«
»Du warst dabei, Nike. Und ich auch.«
»Die gefundenen Karten stammten alle von einem Crowley Deck.«
»Wenn du das sagst, du musst es ja wissen. Schließlich bist du mit einem Polizisten liiert.«
Dieser Schlag saß. Berenike schluckte. »Und du? Was für ein Deck hast du, Franziska?«
»Gar keines. Karten besitzt nur meine Großmama. Und die verwahrt das Set an einem Ort, den ich nicht kenne.«
Franziska begann, auf ihrem Handy herumzudrücken, rief irgendwelche bunten Webseiten auf, gab mit heftigen Tastenhieben etwas ein. »Also, Berenike – überleg dir das wegen dem Kleid. Ich fliege bald zurück nach London.« Damit sprang sie auf, warf ein paar Münzen auf den Tisch, steckte das Handy in die Tasche, schnappte sich die Mappe mit den Bildern und drängte sich zur Tür durch.
*
Berenike sah ihr nach. Was für ein plötzlicher Aufbruch. Franziskas Teetasse war noch fast voll, ebenso die Kanne. Merkwürdig. Normalerweise hätte sich Berenike jetzt mit Jonas ausgetauscht. Jonas …
»Wenn man nur wüsst, wo Kurt ist.« Paul stand auf einmal vor Franziska, schnitt ihr mit erhobenen Händen den Weg zur Tür ab.
»Was, wieso?« Franziskas Blick wanderte langsam, sehr langsam von Pauls Gesicht über sein rot kariertes Hemd zur Lederhose – und verweilte dort. »Was interessiert dich an dem?« Erst jetzt sah sie ihm in die Augen.
»Nur so.« Schulterzucken, wie nebenbei. »Ich hab ihn schon eine Weile nicht gesehen. Und da immer mehr Leut verschwinden und dann tot aufgefunden werden …«
»Da machst dir Sorgen?«
»Natürlich.«
»Keine Bange. Der Kurt ist bei mir.«
»Und das sagst du jetzt, Franzi?«, fuhr sie Franz, der Fischer mit seiner rauen Stimme an. »Die Polizei sucht den Mann überall!«
»Das wusste ich nicht. Wir sind – verliebt – und …« Franziska wurde tatsächlich rot und kam ins Stottern. Interessant. Womöglich hatte sich Kurt schon am Schützenfest mit der schrägen jungen Frau getröstet. Nur dass er sich dann eine Schießerei mit Jonas lieferte und untertauchte – das war merkwürdig.
»Er hat nichts getan«, fuhr Franziska fort.
»Nichts? Und was war mit dieser Schießerei?« sagte Paul und ließ seine Arme sinken, während er felsenfest zwischen ihr und der Tür stand.
»Was soll damit sein?«
»Wenn der Kerl nicht der Mörder ist – wer war es dann? Du, Franzi?« Paul fixierte die junge Frau mit seinem Blick.
»Klar, ich.« Franziska verzog einen Mundwinkel.
Paul lachte auf. Auch der Fischer kicherte. Ein Scherz? Ein
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