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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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erschien eine der schluchzenden Schwestern. Sie hockte auf den Knien, das Gesicht von den verfilzten Haaren verdeckt, stöhnte einen Namen nach dem anderen, sagte immer wieder »Blut für Blut« und schlug mit der Stirn wiederholt gegen die Wand.
    Helen hielt sich die Ohren zu. Sie riss den Blick von der Ecke los und sah erneut zu dem großen Mann hin. Ein Funke blitzte zwischen ihnen auf. Obwohl sie ihn nie zuvor gesehen hatte, wusste sie, dass sie große Angst vor ihm haben musste. Zunächst hatte er einen sehr entschlossenen Eindruck gemacht, doch plötzlich wirkte er sehr verwirrt. Sein Blick wanderte zu Jerry.
    »Sind Sie … sind Sie der Vater der jungen Dame, die meinen Sohn angegriffen hat?«, fragte er zögernd.
    Jerry nickte knapp. »Meine Tochter Helen«, sagte er und deutete mit einer Handbewegung auf sie. »Ich bin Jerry Hamilton.«
    »Castor Delos«, erwiderte der Mann. »Meine Frau Noel konnte leider nicht mitkommen. Und Helens Mutter?«
    Jerry schüttelte den Kopf. »Es gibt nur Helen und mich.«
    Castors Blick huschte zu Helen und zurück zu Jerry. »Entschuldigung. Ich wollte nicht in Ihre Privatsphäre eindringen. Könnten wir beide vielleicht kurz unter vier Augen sprechen?«
    »NEIN!«, schrie Helen. Sie hechtete über die Liege, packte ihren Vater am Arm und riss ihn von Castor weg.
    »Was ist los mit dir?«, brüllte Jerry. Er versuchte vergeblich, Helen zu beruhigen.
    »Bitte geh nirgendwo mit ihm hin!«, flehte sie ihren Vater an und Tränen traten ihr in die Augen.
    Jerry stieß einen Seufzer aus, legte die Arme um Helen und hielt sie tröstend fest. »Es geht ihr nicht gut«, erklärte er Castor, der voller Mitgefühl zusah.
    »Ich habe auch eine Tochter«, erwiderte Castor sanft.
    Mrs Crane und der Schulleiter Dr. Hoover kamen in den Raum gestürzt, als hätten sie versucht, Castor Delos einzuholen.
    »Mr Delos«, begann der Schulleiter mit gereizter Stimme, aber Castor unterbrach ihn sofort.
    »Ich hoffe, dass es Ihrer Tochter bald besser geht, Jerry. Ich hatte selbst schon einmal einen Hitzschlag, und wie man mir erzählt hat, soll ich die verrücktesten Dinge gemacht haben. Manchmal bekommt man davon sogar Halluzinationen. Wussten Sie das?« Seine letzten Worte schienen an alle Anwesenden gerichtet zu sein.
    Er warf Helen einen Blick zu und schaute dann in die Ecke, wo sich die schluchzende Schwester immer noch hin und her wiegte. Ob er sie auch sah? Und wenn ja, wie zum Teufel konnten zwei Leute dieselbe Halluzination haben?
    »Ach so, verstehe. Dann gibt es also kein böses Blut?«, fragte Dr. Hoover unsicher und sah von Castor zu Jerry.
    »Nicht von meiner Seite oder der meines Sohnes, da bin ich sicher. Ich mache mir mehr Sorgen um dich, junge Dame«, sagte Castor und wandte sich höflich Helen zu. »Lucas hat mir erzählt, dass er ein bisschen grob werden musste. Er hat dir hoffentlichnicht wehgetan?«, fragte Castor. Oberflächlich betrachtet, schien er ausgezeichnete Manieren zu haben, aber darauf fiel Helen nicht herein. Er wollte nur herausfinden, wie stark sie war.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte sie schroff. »Nicht ein Kratzer.«
    Seine Augen weiteten sich kaum wahrnehmbar. Helen wusste nicht, warum sie einen erwachsenen Mann mit ihren Worten dermaßen reizen wollte, aber sie konnte nichts dagegen tun. Normalerweise hasste sie Streitgespräche so sehr, dass sie sich nicht einmal diese blöden Talkshows im Fernsehen ansah, in denen die Leute immer aufeinander einschrien, aber hier legte sie sich schon zum zweiten Mal innerhalb einer halben Stunde mit jemandem an, der viel größer und stärker war als sie. Zum Glück war sie nicht so versessen darauf, Castor zu töten, wie es bei seinem Sohn der Fall war. Bis jetzt hatte noch niemand Helen so in Rage gebracht wie Lucas, aber nichtsdestotrotz wollte sie Castor ein paar Seitenhiebe verpassen. Und dieses Verlangen verwirrte sie zutiefst.
    »Ich bin froh, dass dir nichts fehlt«, sagte Castor lächelnd und entschärfte damit die Situation. Er drehte sich zum Schulleiter um und betonte, dass er und seine Familie nicht wollten, dass Helen bestraft wurde. Soweit es ihn betraf, war Helen krank, und man sollte den ganzen Zwischenfall am besten vergessen. Dann verließ er den Raum genauso abrupt, wie er ihn betreten hatte.
    Sobald seine Schritte verklungen waren, verschwand auch die schluchzende Schwester, und das Geflüster hörte auf. Helen war nicht länger wütend. Sie sank auf die Liege wie ein Luftballon, aus dem die Luft

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