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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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der Luft spürte, aber sie wusste, dass irgendwo in der Nähe fließendes Wasser war. Ihr Inneres war so trocken und leer. Wo war der Fluss?
    Auf ihrer Suche danach fiel ihr Blick auf die umgestürzten Säulen und die dort in Stein gemeißelten Namen. Grachus liebt Lucinda. Ethan liebt Sarah. Michael liebt Erin. Es kam ihr vor, als würde sie stundenlang mit den Fingern über die Namen fahren, die in die geborstenen Überbleibsel zerbrochener Liebe eingraviert waren. Sie wanderte eine Ewigkeit zwischen den umgestürzten Säulen gebrochener Versprechen herum und staubte die Grabsteine in diesem Friedhof der Liebe mit den Händen ab. Jede Form des Todes fand in diesem trockenen Land seine letzte Ruhestätte.
    Sie lief, bis ihre Füße bluteten.
    Als Helen aufwachte, war ihr Zimmer in ein blasses Licht getaucht. Irgendwie hatte sie im Schlaf Bluse und Schuhe abgestreift, aber ihre Jeans war so in Bettdecke und Laken verstrickt, dass sie sich aus dem Bett fallen ließ und sich auf dem Boden frei kämpfte. Helen hatte immer noch den ganzen Schmutz an sich, den Lucas bei seinem Sturz auf Hector aufgewühlt hatte. Dazu kamen das getrocknete Blut ihrer zerschnittenen Füße und ein feiner grauer Staub aus dem trockenen Land. Ihre Füße hatten sich natürlich selbst geheilt, aber ihr Bettzeug war trotzdem blutverschmiert. Es war bestimmt nicht mehr sauber zu bekommen und sie würde neues kaufen müssen. Zum Glück war ihrem Vater jede Art von »Mädchenproblemen« zu peinlich, um Fragen zu stellen.
    Auf dem Weg ins Badezimmer streifte sie die Jeans ab und stellte sich bereits unter die Dusche, bevor das Wasser warm geworden war. Mit offenem Mund schluckte sie so viel Wasser, wie sie konnte. Sie war innerlich total ausgetrocknet. Ihr Körper schmerzte von den vielen hundert Kilometern, die sie unter der trockenen Sonne gelaufen war – das kalte Wasser war eine Wohltat, auch wenn es sie zum Zittern brachte. Helen schaute auf ihre Arme und beobachtete, wie das Wasser über ihre Gänsehaut rann. Das lenkte ihre Gedanken zu dem Fluss, den sie kurz vor dem Aufwachen in der Ferne gesehen hatte.
    Sie konnte sich nicht an ihn erinnern.
    Sie wusste aber, wie erleichtert sie gewesen war, und im trockenen Land gab es nur eine Sache, die dieses Gefühl hervorrufen konnte. Wasser. Aber sie konnte sich an nichts davon erinnern . Wie konnte sie einen Fluss im trockenen Land vergessen? Das war unmöglich.
    Helen stieg aus der Dusche und ging nackt in ihr Zimmer zurück, griff nach einem quietschgrünen Eyeliner, den Claire bei der letzten Übernachtung bei ihr vergessen hatte, und schrieb damit »DER FLUSS, AN DEN ICH MICH NICHT ERINNERN KANN« auf ihren Spiegel, für den Fall, dass sie ihn wieder vergaß. Dann zog sie sich an.
    Draußen war es kalt und ein feuchter Nebel hing in der Luft. Auf dem Weg zur Schule zog Helen den Reißverschluss ihrer Jacke bis zum Hals zu und ärgerte sich, dass sie keine Handschuhe mitgenommen hatte.
    Als sie ankam, sah sie Lucas auf dem Parkplatz. Er lehnte an einem Audi, der ihr bereits in der Garage der Delos aufgefallen war, mit dem sie ihn aber noch nicht hatte fahren sehen. Der Wagen erinnerte sie daran, wie blöd sie an jenem Abend gewesen war, als sie gehofft hatte, dass er sie in der dunklen Garage küssen würde. Sie senkte den Kopf und eilte zum Schulgebäude, ohne ihm zuzuwinken. Er lief ihr ein paar Schritte hinterher, ließ sie dann aber gehen, ohne ein Wort zu sagen.
    Als Helen an der Tür war, hörte sie Claire hinter sich rufen. Sie blieb stehen und wartete auf ihre Freundin.
    »Habt ihr euch gestritten?«, fragte sie und schaute Lucas hinterher. Nachdem sie dann auch einen Blick auf Helen geworfenhatte, rief sie entsetzt: »Meine Güte! Was ist denn mit dir passiert?«
    »Ich hab letzte Nacht schlecht geschlafen«, murmelte Helen.
    »Du hast tiefschwarze Ringe unter den Augen, Len. Als hättest du wochenlang nicht geschlafen«, stellte Claire ernsthaft besorgt fest. »Hast du die ganze Nacht geweint?«
    »Nein. Gar nicht«, sagte Helen. Sie war zwar traurig, aber sie weinte eigentlich nie, wenn sie deprimiert war.
    »Sagst du mir, worüber ihr gestritten habt?«, fragte Claire.
    »Es gab keinen richtigen Streit. Luke will einfach nicht mehr mit mir zusammen sein«, sagte Helen. Sie schob die Hände in die Taschen und ballte sie zu Fäusten. Sie hatte herausgefunden, dass es ihr leichter fiel, in Bewegung zu bleiben, wenn sie die Muskeln anspannte.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Claire

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