Gohar der Bettler
junge Frau fort.
»Nur die allerbesten«, versicherte ihr El Kordi. »Ich stehe zu deinen Diensten. Du brauchst nur zu befehlen.«
»Wohin willst du mit mir gehen?«
»Zu mir nach Hause natürlich! Ich habe eine sehr komfortable Wohnung. Sie wird dir sicher gefallen. Ich hoffe, du magst moderne Möbel.«
Er nahm ein mondänes Gehabe an, weil er der eigentlichen Frage ausweichen wollte.
»In welchem Viertel liegt sie denn, diese Wohnung?«
Sie schien nicht gerade davon überzeugt zu sein, daß es sie wirklich gab.
»In Menchieh. Nur ein paar Schritte von hier.«
»Das sind für dich nur ein paar Schritte? Das ist sehr weit entfernt. Es tut mir leid, aber ich kann nicht mitkommen.«
»Bei meiner Ehre, ich versichere dir, daß es nicht weit ist. Und im übrigen besteht für dich kein Grund zur Beunruhigung. Du kannst die Nacht über bleiben. Ich habe eine große Wohnung; die Kleine wird im Wohnzimmer schlafen.«
»Die Nacht über bleiben!«
Sie sah ihn an, wie um ihn zu taxieren.
»Du bist also reich genug, um dir eine ganze Nacht zu leisten?«
»Bei Allah! Was muß ich da hören? In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht so beleidigt worden. Sehe ich etwa wie ein Landstreicher aus? Ich bin ein hoher Regierungsbeamter. Für wen hältst du mich eigentlich?«
Die junge Frau schien mißtrauisch zu sein; sie dachte nach.
»Ich will dir ja gern glauben. Dann nehmen wir einfach eine Droschke.«
El Kordi überschlug im Kopf die Geldsumme, die sich in seiner Tasche befand; sie würde nicht ausreichen, um eine Droschke zu bezahlen. Er tat so, als würde er eine herbeirufen, allerdings ohne großen Nachdruck und mit brüchiger, schüchterner Stimme, so daß kein Kutscher auf seinen Ruf reagierte. Sie hielten ihn alle für einen Witzbold.
»Auf dem Weg zu mir werden wir schon eine finden«, sagte er. »Wir sollten schon mal losgehen. Findest du nicht, daß wir heute herrliches Wetter haben?«
Die junge Frau ließ sich jedoch nicht für dumm verkaufen; sie hatte verstanden.
»Geh allein spazieren, du Beamter einer verdorbenen Regierung!« Und damit ging sie, das Mädchen an der seidenen Melaya festgeklammert, in noch hochmütigerer Haltung als zuvor davon.
El Kordi blickte ihr ungläubig hinterher; er konnte einfach noch nicht glauben, daß sein schöner Traum geplatzt war. Um ihn herum hörte er schallendes Gelächter. Es handelte sich um Passanten, die die ganze Szene verfolgte hatten und sich darüber freuten, daß er nun mit leeren Händen dastand. El Kordi wandte diesen hämischen Neidern den Rücken zu; er verachtete ihre höhnischen Spötteleien. Er hatte zu seiner Würde zurückgefunden.
Obwohl das Bordell von Set Amina bereits seit einer Woche wieder geöffnet hatte, wagten viele Stammkunden es noch nicht, sich dort blicken zu lassen. Die wenigen Kunden, die im Warteraum saßen, verhielten sich wie Teilnehmer einer Trauerfeier. Es schien ihnen, als sei die Wiedereröffnung nur eine Falle. Und damit lagen sie nicht ganz falsch.
Als Nour El Dine Set Amina die Erlaubnis zur Wiederaufnahme ihrer Geschäfte erteilte, hatte er sich - dem allgemeinen Grundsatz folgend, nach dem der Mörder immer an den Ort des Verbrechens zurückkehrt - von der Hoffnung leiten lassen, dabei auf die Person zu stoßen, nach der er suchte. Zu diesem Zweck hatte er einen seiner besten Spürhunde mit den Ermittlungen in dem Bordell betraut, die er durchführen sollte, indem er sich als ein reicher Händler aus der Provinz ausgab. Seit der Wiedereröffnung tauchte dieser Spürhund allabendlich im Bordell auf wobei er immer wie angetrunken wirkte und sich aufführte wie ein echter Bauer, der die Vergnügungen der Hauptstadt auskostete. Trotzdem verzichtete er im allerletzten Augenblick immer darauf, eines der Mädchen auf ihr Zimmer zu begleiten, und dieses merkwürdige Verhalten rief in seiner Umgebung Mißtrauen hervor. Darüber hinaus waren die Fragen, die er stellte, nicht gerade dazu geeignet, ihn als harmlos erscheinen zu lassen. Alle wußten jetzt, daß er ein Polizist in Zivil war. Set Amina hatte ihn von der ersten Minute an durchschaut, aber sie stellte sich blind. Was hätte sie auch anderes tun können? Im Augenblick saß sie in ihrer gewohnten Haltung auf dem Sofa und sah dem Polizisten zu, wie er mit der jungen Akila herumschäkerte und ihr unter ihrem Kleid über die Schenkel streichelte, ohne allerdings wirklich zur Sache zu kommen. Verbittert über dieses Gehabe, durch das dem gefragtesten ihrer Mädchen die Zeit
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