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Gohar der Bettler

Gohar der Bettler

Titel: Gohar der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cossery
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bringen.
    Die junge Frau ließ ihm allerdings nicht die Zeit dazu; unversehens wandte sie sich vom Schaufenster ab und ging eilig davon wie jemand, der beleidigt worden war. Sie hatte das Schweigen El Kordis zweifellos als Zurückweisung verstanden. Glaubte sie denn wirklich, daß er ihr ein Diamantenkollier kaufen würde? Was für eine Närrin! Instinktiv folgte ihr El Kordi. Erst jetzt bemerkte er, daß sie nicht allein war: ein kleines Mädchen mit Zöpfen, einem roten Haarband und Holzschuhen begleitete sie. Zunächst ärgerte El Kordi sich darüber, doch dann begriff er, daß es sich um einen glücklichen Umstand handelte; das Mädchen war ein guter Vorwand, um die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Schnellen Schrittes holte er sie ein und ging beinahe auf gleicher Höhe mit ihr, während er einen günstigen Augenblick abwartete, um sie anzusprechen.
    Jetzt bot sich ihm reichlich Gelegenheit, die elegante Erscheinung der jungen Frau zu begutachten, die beim Gehen die Hüften schwang und die hohen Absätze ihrer Schuhe auf dem Asphalt klappern ließ. Sie schritt einher wie eine Traumwandlerin, den Blick geradeaus gerichtet und gleichgültig gegenüber den Begierden, die sie im Vorübergehen weckte. In einem Maße verwirrt, das er bei seinen bisherigen Liebesabenteuern nie gekannt hatte, durchlebte El Kordi Minuten der Ergriffenheit. Die gewaltigen Konflikte, die seine großherzige Seele beherrschten, waren wie durch einen Zauber verschwunden. Das Elend der entrechteten Massen, die gerade in Gang gekommene Revolution, der Sturz der verfluchten Machthaber, das alles konnte warten. Er dachte an nichts anderes mehr, als daran, wie er dieser so verführerischen Beute habhaft werden konnte, deren lüsterner Hüftschwung ihm regelrecht ins Fleisch schnitt. Allein der Gedanke daran, sie zu besitzen, ließ ihn erzittern.
    Ohne sich um die eifersüchtigen Passanten zu kümmern, die seine aufkeimende Leidenschaft mit kritischem Auge verfolgten, bereitete El Kordi sich darauf vor, zur Tat zu schreiten. Aus seiner Tasche hatte er eine Handvoll gerösteter Körner herausgeholt, und indem er auf das Mädchen zutrat, streckte er ihm mit unschuldiger Miene seine geöffnete Hand entgegen. Das Mädchen betrachtete den Inhalt von El Kordis Hand, wagte aber nicht, von den Körnern zu nehmen.
    »Tante!«
    »Was ist denn?« fragte die junge Frau gereizt.
    Sie tat so, als hätte sie die Gegenwart El Kordis nicht bemerkte.
    »Darf ich davon nehmen?«
    »Was denn?«
    »Von den Körnern.«
    »Nimm dir welche, wenn du magst.«
    Das Mädchen wandte sich El Kordi zu.
    »Gib her«, sagte sie.
    El Kordi schüttete ihr die Körner in die hohle Hand. Das kleine Mädchen begann sofort, mit Kennermiene daran zu knabbern. El Kordi strich ihr über das Haar und nahm ein väterliches Gebaren an. Sie gaben jetzt das perfekte Bild einer Familie ab: ein jung verheiratetes Paar beim Spaziergang mit seinem Kind. Um die Wahrheit zu sagen, die Leichtigkeit, mit der er diesen Erfolg erzielt hatte, berauschte El Kordi so sehr, daß nicht viel gefehlt hätte, und er wäre bereit gewesen, die Frau auf der Stelle zu heiraten, wenn sie es gewollt hätte. Nichts anderes besaß mehr Bedeutung für ihn: er war zu allen Zugeständnissen bereit, vorausgesetzt, er würde mit ihr schlafen können. Noch nie zuvor war er mit einer so schönen und rassigen Hure in Berührung gekommen. Hier bot sich ihm die Chance seines Lebens. Er hatte den Eindruck, nicht weiterleben zu können, wenn er sie nicht bekäme.
    Trotz der deutlich bekundeten Geringschätzung von seiten der jungen Frau war El Kordi voller Hoffnung. Er machte dem kleinen Mädchen weiterhin den Hof.
    »Wie heißt du?«
    »Ich heiße Nagafa.«
    »Was für ein hübscher Name!« entzückte sich El Kordi. »Magst du geröstete Körner?«
    »Ja, ich esse sie oft.«
    »Gut, dann kaufe ich dir das nächste Mal eine große Packung davon.«
    In diesen Augenblick blieb die junge Frau stehen, wandte lieh zu El Kordi und sagte ruhig:
    »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir zur Sache kommen.«
    El Kordi, den diese Attacke völlig unvorbereitet traf, stammelte:
    »Aber selbstverständlich. Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet.«
    Sie würde jetzt auf die entscheidende Frage zu sprechen kommen: den Preis für ihre Reize. El Kordi wußte genau, daß er äußerst vorsichtig Vorgehen mußte; er war nicht in der Lage, ihr auch nur das Geld für den Preis eines Radieschens zu bezahlen.
    »Welche Absichten hegst du?« fuhr die

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