Gohar der Bettler
Mann nicht mehr.«
Sie setzte sich auf das Sofa und drückte sich eng an Set Amina, wie um Schutz bei ihr zu finden.
El Kordi begriff diese plötzliche Kälte nicht. Wieso schmollte sie? Er zog einen Sessel heran und setzte sich seiner Geliebten gegenüber.
»Du solltest nicht arbeiten«, sagte er. »Ich habe dir gesagt, daß du dich ausruhen mußt.«
»Würdest du mich dann ernähren?«
Diesen Vorwurf empfand er als trivial und ungerecht. Ging es denn hierbei um Nahrung?
»Die Polizei verfolgt mich, und du erzählst mir etwas von Nahrung«, sagte er niedergedrückt.
»Pst!« machte Set Amina. »Du sollst nicht vom Teufel sprechen! Er ist nicht weit.«
Der Polizist kam, den Arm um Akilas Taille gelegt, zurück, wobei er sich aufplusterte, als sei er der einzige echte Mann im ganzen Viertel. Er flüsterte dem Mädchen Liebesworte ins Ohr und lächelte in die Runde, wie um sich für den Spaß, den er gehabt hatte, zu entschuldigen.
El Kordi wandte sich ihm ganz ruhig zu und schlug einen weltmännischen Ton an:
»Wenn sich in diesem Haus ein Polizist befindet, dann würde ich gern seine Bekanntschaft machen.«
Der angebliche Händler aus der Provinz zeigte sich sichtlich betroffen, allerdings ohne seine Heiterkeit zu verlieren. Er spielte jetzt die Rolle des ehrenwerten Mannes, den die Anwesenheit der Polizei beängstigt.
»Ein Polizist befindet sich hier? Bei meiner Ehre, dies ist ein schwarzer Tag.«
»Es hat den Anschein, als seist du es«, sagte El Kordi, indem er mit dem Finger auf ihn zeigte.
Der Mann wurde blaß.
»Du irrst dich, Effendi! Ich bin ein ehrenwerter Händler.«
»Beleidige nicht meine Kundschaft«, fuhr Set Amina dazwischen. »Dieser Mann ist ein Ehrenmann. Ich kenne ihn.«
»Aber du selbst hast mir doch gesagt, daß er ein Polizist ist«, warf El Kordi mit gleichsam unbewußter Wut ein.
»Ich?« schrie Set Amina. »Du undankbarer Kerl! Und ich habe dich in meinem Haus aufgenommen wie meinen eigenen Sohn!«
»Beruhigt euch, ihr guten Leute!« sagte der Polizist. »Es handelt sich bestimmt um ein einfaches Mißverständnis. Wir sollten darüber reden.«
»Das ist nicht notwendig«, sagte El Kordi. »Ich bin bereit zu gestehen.«
»Was gestehen, Effendi?«
»Ich gestehe, daß ich der Mörder von Arnaba bin.«
Der Polizist riß die Augen auf, und sein Gesicht nahm einen strengen Ausdruck an. Das Geständnis ihres Liebhabers ließ Naila einen Augenblick lang erstarren, dann brach sie in Schluchzen aus. Gleichmütig lächelnd beobachtete Gohar von seinem Platz aus die Szene. El Kordi würde sich mit Sicherheit nie ändern. Er hatte sich allein deshalb in eine mißliche Lage gebracht, weil er eine Versammlung von armen Schluckern beeindrucken wollte.
Der grosse breitschultrige Mann stand aufrecht und in seiner kleinen Verkaufsbude wie eine Mumie in ihrem Sarkophag. Es handelte sich um ein enges Geschäft, nur einen halben Meter breit und gerade einmal dreißig Zentimeter tief; es war vollgestellt mit kleinen Flaschen für Essenzen, Salbentöpfchen sowie Phiolen, die Elixiere gegen Impotenz und Unfruchtbarkeit enthielten. Es strömte den Geruch schweren, alles durchdringenden Parfüms aus, der die Luft bis ans Ende der Gasse - und sogar darüber hinaus - erfüllte und einem den Atem nahm.
Mit geschickten Handgriffen entkorkte der Mann eine winzige Phiole und ließ eine Kundin, die auf der Schwelle seines Ladens stand, daran riechen.
»Ein einziger Tropfen dieses Parfüms, und die Männer werden für dich sterben«, sagte er.
»Ich möchte niemanden töten«, antwortete die Frau lachend. »Ich möchte meinem Mann gefallen.«
»Dann verkaufe ich es dir nicht«, sagte der Mann. »Er tut mir leid. Er wird zumindest dem Wahnsinn verfallen.«
»Welch ein schwarzer Tag! Was erzählst du für einen Unsinn? Ich kaufe es dir ab.«
»Gut! Für dich macht es nur zehn Piaster.«
»Zehn Piaster! Bei Allah! Du ruinierst mich! Ich bin es, die wahnsinnig wird. Hier hast du dein Geld.«
Sie kramte in den Falten ihrer Melaya herum, holte ein Tuch heraus, löste den Knoten und zählte die Summe ab. Der Händler überreichte ihr die Phiole.
»Du wirst sehen«, sagte er. »Du wirst mir ewig zu Dank verpflichtet sein. Dein Mann wird dich nie verstoßen. Er wird ohne dieses Parfüm in seiner Nähe nicht mehr leben können.«
»Er braucht doch nur zu dir zu kommen, um es sich zu beschaffen.«
»Beim Propheten! Ich werde es ihm nicht verkaufen.«
Die Frau ging mit ihrem Parfümfläschchen davon,
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