Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Beichte?«
    »Ja, Herr Pfarrer.«
    »Sie haben den armen Aboriginal nicht umgebracht wegen dieses Lederstücks? Halt! Springen Sie nicht sofort hoch. In diesem Land sind schon andere ermordet worden – für weniger Wertvolles. Und wenn man glaubt, dies sei der Lageplan einer Goldmine, welcher Hahn kräht schon nach einem verschwundenen Eingeborenen?«
    »Ich bin erschüttert, daß Sie mir das zutrauen, Herr Pfarrer.« Wolf Herbarth erhob sich nun doch und steckte die Karte wieder in die Hosentasche. »Sehe ich so aus? Hat dieses Land mich schon so verändert?«
    »Aussehen? O Himmel!« Saul Eberhardt winkte heftig ab. »In den ersten Jahren hier in Australien war ich Gefängnisgeistlicher in Melbourne. Was habe ich da nicht alles an Physiognomien gesehen! Da war ein junges, zartes Bürschchen, so lieb, daß man es in den Arm nehmen mochte, ein Engelsgesichtchen, blonde schulterlange Locken … Und dieses Raffaelbild hat zwei Jahre lang mit einem Motorboot zwischen Western Port und King Island Segler und andere Boote überfallen, die Insassen ermordet und den Haien vorgeworfen. Ohne Grund, nur so aus Spaß, ohne einen Dollar zu stehlen … Ihm war es ein Genuß ohnegleichen, wenn er die Haie bei ihrem blutigen Werk beobachten konnte. Wer sieht schon wie ein Mörder aus? Seien Sie also nicht beleidigt.«
    »Bei wem könnte ich mir sonst noch einen Rat holen?« fragte Wolf. Bette kam gerade mit einem Tablett herein, auf dem die Kaffeekanne und zwei Tassen standen, dazu zwei Kognakgläser und eine bauchige Flasche. Der herrliche Geruch des Kaffees verbreitete sich sofort im Zimmer, von dem Ventilator an der Decke herumgewirbelt.
    »Bei keinem«, sagte Saul Eberhardt bestimmt. »Es gibt keinen Zweiten, der das Outback so kennt wie ich.« Er nickte Wolf zu. »Bleiben Sie hier, junger Freund, trinken wir zusammen Kaffee und Kognak. Sie werden doch wohl nicht Bette beleidigen wollen? Sie hat den Kaffee extra für Sie gekocht … Ich krieg' nämlich sonst keinen, und erst recht keinen Kognak. Nur wenn Besuch da ist, kann sie ihn mir nicht verweigern … Jetzt tun Sie mir also einen Gefallen …«
    Er lachte wieder greisenhaft, rieb sich die Hände und leckte sich über die Lippen, als Bette den Kaffee eingoß, Saul strafend ansah und dann hinausging.
    »Wie heiße ich?« fragte Eberhardt, als sie den Kognak noch vor dem Kaffee getrunken hatten, wobei der Alte genüßlich mit der Zunge schnalzte.
    »Pfarrer Eberhardt …«, sagte Wolf voller Erstaunen.
    »Vorname?«
    »Paul …«
    »Gott segne Sie«, sagte Eberhardt mit glänzenden Augen. »Er möge Ihren weiteren Weg bewachen … Und den Lederlappen nehmen Sie zum Fensterputzen, dann hat er noch einen Sinn …«
    Eine Stunde später saß Wolf Herbarth wieder in dem alten Chevy, ein wenig schwindelig und unsicher, denn vier große Kognaks merkt man sofort, wenn man aus dem Haus in die glühende Sonne hinaustritt. Dann ist es, als dehne sich der Alkohol in den Hirnwindungen aus und beginne Blasen zu werfen. Und die Beine werden so leicht …
    Wen kann man noch fragen? dachte Wolf. Vor allem, wer ist verschwiegen genug, daß man ihm unsere große Hoffnung anvertrauen könnte? Dr. John Apple, einer der im Outback fast legendären ›fliegenden Ärzte‹, oder James Tillburg, der Distriktskommandant … Konnte man sie ins Vertrauen ziehen? Gold in den roten Bergen … das war so ungeheuerlich, daß Freundschaften zerbrechen konnten und ein Mensch sich völlig verwandelte.
    Wolf fuhr durch die hitzeflammende Stadt, hielt vor Papa's Place, einem Café, trank zwei Gläser Fruchtsaft und entschloß sich dann, zunächst zu Captain Tillburg zu gehen.
    Tillburg war ein langer, dürrer Mensch mit Hakennase, kurzgeschnittenen dunkelbraunen Haaren und der Haltung des typischen britischen Offiziers. Er war wortkarg, was bei ihm durchaus keine Unhöflichkeit bedeutete, ein Mann, dem man zutraute, zu Fuß durch die Gibson-Wüste zu marschieren, ohne einen Tropfen Schweiß zu verlieren, weil aus diesem hageren Körper kein Wasser mehr herauszuquetschen war. Er begrüßte Herbarth mit der ihm eigenen Einsilbigkeit.
    »Bye …«, sagte er, gab Wolf die knochige Hand und setzte sich wieder. Er war in Katherine, im Norden des Outback, geboren, dort aufgewachsen, war in Darwin zum Militär gekommen und hatte von zwanzig Dienstjahren rund zehn am Rande von Arnhem Land, diesem riesigen, wilden, einsamen, flußreichen Aboriginal-Land, zugebracht. Nun hockte er neun Jahre in Alice Springs als

Weitere Kostenlose Bücher