Gold in den roten Bergen
Saul Eberhardt und lehnte sich an die Wand. »In meiner nächsten Predigt werde ich das zur Sprache bringen.«
In der Garage hatte Dr. Tunin, unterstützt von einem Assistenzarzt und einem Krankenpfleger, unterdessen mit der Obduktion von Angurugu begonnen.
Die Sicherheitsmaßnahmen waren vollkommen. Der gesamte Raum war mehrmals mit einem Desinfektionsspray ausgeräuchert worden. Tunin und seine Helfer trugen wie der Exhumierungstrupp Plastikanzüge, Gummihandschuhe und Atemmasken. Sterilkocher brodelten auf zwei Blechtischen, um sofort die gebrauchten Instrumente aufzunehmen.
Was Dr. Tunin nach dem Freilegen des Leichnams sah, ließ ihn zunächst erschrecken. Die großen roten Flecken, die Wolf Herbarth beschrieben hatte, waren nun schwarz geworden, einige waren wie Wasserblasen aufgebrochen und hatten eine farblose, klebrige Flüssigkeit abgesondert. Der Assistenzarzt sah seinen Chef betroffen an. Der Gestank in der fensterlosen Garage war bestialisch geworden.
»Haben Sie so etwas schon gesehen?« fragte er hohl durch den Atemschutz.
»Nein. Dabei kennen wir alle hier möglichen Krankheiten genau.«
»Ob es die Folgen eines giftigen Schlangenbisses sind?«
»Auch nicht. Schlangengift wirkt auf das Atmungssystem lähmend, oder es verändert das Blutbild. Aber so etwas hier …«, Tunin zeigte mit dem Skalpell auf die geplatzten schwarzen Hautblasen, »… das ist mir noch nicht vorgekommen. Ich kann mir jetzt allerdings erklären, warum man den armen Kerl von seinem Stamm isoliert und er sich zu Fuß auf den Weg nach Alice gemacht hat.« Tunin nickte dem jungen Assistenzarzt zu. »Wir werden dem Kollegen in Adelaide ein paar schöne Präparate zuschicken.«
Sorgfältig schnitten sie einige der schwarzen Flecken heraus, geplatzte und unversehrte, holten Blutklumpen aus den Arterien, schnitten Stücke aus Leber, Milz und Darm, nahmen ein paar Proben aus dem Mageninhalt und vom Lungengewebe und packten alles in kleine Plastiksäckchen, die der Krankenpfleger sofort mit einem Schweißgerät verschloß, das auch die innere Luft absaugte und so ein Vakuum erzeugte. Dann wurden die Päckchen wieder mit dem Sterilspray besprüht.
»Ich glaube, wir haben jetzt genügend Präparate«, sagte Dr. Tunin und reckte sich. »Auf das Gehirn können wir verzichten. Oder sollen wir noch trepanieren?«
»Das müssen Sie entscheiden, Chef.« Der Assistenzarzt würgte etwas. Der Gestank war kaum noch zu ertragen.
»Soll der Tote auf Eis gelegt werden, oder wird er zur Beerdigung freigegeben?«
»Bis zum Urteil der Pathologie sollten wir ihn aufheben.«
Dr. Tunin trat von dem improvisierten Seziertisch zurück – eine alte Tischplatte auf zwei Holzblöcken, die allesamt sofort verbrannt werden sollten –, und stellte sich mit ausgebreiteten Armen mitten in die Garage. Der Krankenpfleger besprühte ihn von allen Seiten mit dem Desinfektionsmittel.
»Es kann sogar sein, daß sie den Toten nach Adelaide rüberholen.«
»Und was geschieht nun mit den Infizierten?«
»Nichts.«
Der Assistenzarzt und der Krankenpfleger legten Angurugu in den Sarg zurück, den man vorher gründlich ausgesprüht und mit einer Innenhülle aus Zink isoliert hatte. Bei den hohen Temperaturen im Outback war man auf so etwas vorbereitet … Wenn jemand in der Weite des Landes starb, auf irgendeiner einsamen Farm, und in Alice Springs begraben werden sollte, holte man ihn in einem Zinksarg ab oder in einem schönen Holzsarg, der innen mit Zinkblech ausgeschlagen war.
»Wir können diese Leute nicht auf einen Verdacht hin festhalten. Das gibt eine Klage wegen Freiheitsberaubung.«
»Wir können uns auf das Seuchengesetz berufen, Chef.«
»Nur, wenn eine Seuche festgestellt ist. Ist sie das? Wenn sich diese noch unbekannte Krankheit als nicht ansteckend herausstellt, stehen wir ziemlich dumm da.« Tunin hob bedauernd beide Hände. »Wir müssen die Leute gehen lassen, auch wenn die Kollegen in Adelaide vor einem Rätsel stehen. Und schließlich – ein Schnupfen ist ebenfalls ansteckend. Ich hätte an Captain Tillburgs Stelle nicht solch einen Rummel ausgelöst.«
»Er ist ein Infektions-Neurotiker, das wissen wir doch alle. Am liebsten liefe er in einem Nebel von Sterilspray herum.«
Sie öffneten die Garagentür. Köstliche Luft zog in den stinkenden Raum, der Krankenpfleger rollte den Sarg ins Freie und schob ihn mit dem niedrigen Wagen zum Hospital und zum Eiskeller hinüber. Ein Gärtner des Hospitals, ein Aboriginal, lud die Tischplatte,
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