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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Derartiges zu behaupten? Wisst Ihr nicht, in wessen Haus Ihr seid?«
    »Natürlich weiß ich das. Nur zu gut kenne ich es. Einst hat es Eurer lieben Schwester Gerda gehört. Die ist mir vor mehr als siebzehn Jahren als Wehmutter empfohlen worden. Nach einem ersten Besuch in diesem Haus aber habe ich mich zum Glück entschieden, mich lieber an Hermine Hundskötter zu wenden.«
    »Ihr wisst, dass sie die Schülerin meiner Schwester gewesen ist.« Die Streicherin hielt inne, bis Editha zur Bestätigung nickte. »Was Ihr dagegen kaum wissen dürftet, ist, warum meine Schwester auf ihre weitere Unterstützung verzichtet hat.«
    »Was gehen mich die alten Händel Eurer Schwester und ihrer früheren Schülerinnen an? Mir hat es gereicht, einmal bei ihr im Haus gewesen zu sein. Aus gutem Grund habe ich mich gleich danach an eine andere Hebamme gewandt.«
    »Liegt es daran, dass Ihr hier im Haus Gunda Kelletat begegnet seid? Ihr wisst, wer sie heute ist? Gunda Fröbelin heißt sie inzwischen und ist im Gegensatz zu Euch tatsächlich Agnes’ Mutter. Mir ist, als wäre es Euch damals nicht recht gewesen, ihr im Haus meiner Schwester zu begegnen. Meine Schwester hat einmal etwas in der Art zu mir gesagt.«
    Damned!
Einen Moment stutzte Editha, dann reckte sie das Kinn wieder. »Was tut es zur Sache, wer mir einmal im Haus Eurer Schwester begegnet ist? Erstens ist Gunda Kelletat oder Fröbel oder wie auch immer sie heißen mag nicht Agnes’ Mutter. Genau das versuche ich Euch die ganze Zeit begreiflich zu machen. Und zweitens schien mir die Hundskötterin eben die bessere Hebamme, um mir bei der bevorstehenden Niederkunft beizustehen. Ohne ihren Beistand wäre es mir damals wohl kaum gelungen, die beiden Kinder gesund aus mir herauszupressen. Bis ans Ende meiner Tage bin ich ihr dafür zu allergrößtem Dank verpflichtet.«
    »Ihr wollt Zwillinge geboren haben? Mit der Hilfe der Hundskötterin?« Erneut lachte die Streicherin auf. »Seid Ihr sicher, dass Ihr da nicht einer gewaltigen Täuschung aufgesessen seid? Angesichts Eures Zustands darf einen das wohl nicht wundern.« Sie wies mit dem Kinn auf Edithas Unterleib.
    »Mein Zustand«, hob sie in feierlichem Ton an und legte zur Bekräftigung die Hand auf den gewölbten Bauch, »ist nie besser gewesen als jetzt. Das habe ich übrigens auch wieder der Hundskötterin zu verdanken. Bis zum heutigen Tag steht sie mir als Hebamme mit Rat und Tat treu zur Seite. Wenn Ihr jemals wieder in die Verlegenheit kommen solltet, einer Wehmutter zu bedürfen, kann ich Euch die gute Frau vom Steindamm nur wärmstens empfehlen.«
    »Danke, aber das wird wohl kaum mehr nötig sein.« Das Gesicht der Streicherin wurde undurchdringlich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Lasst uns lieber bei Euch und Eurem Zustand bleiben. Dank den Erzählungen meiner Schwester weiß ich über die Hundskötterin und ihre verschiedenen Mittel, mit denen sie zu behandeln pflegt, nur zu gut Bescheid. Vielleicht solltet Ihr doch lieber den Rat einer zweiten Wehmutter suchen? Im Beginenhaus im Kneiphof soll es eine hervorragende Wehmutter aus …«
    »Danke. Ich weiß Eure Sorge um mein Wohlbefinden sehr zu schätzen. Doch Ihr wollt damit nur vom eigentlichen Gegenstand unseres Gesprächs ablenken: die liebe Agnes. Wie seltsam, sie von Euch als ihrer Muhme sprechen zu hören.«
    »Wie seltsam«, ahmte die Streicherin ihren Ton nach, »dass Euch das erst jetzt auffällt. Ist es nicht verwunderlich, wie überaus spät Ihr Eure Muttergefühle ihr gegenüber entdeckt? Dabei dachte ich immer, uns Müttern wäre ein untrügliches Gespür für unsere Kinder gegeben. Gleich würden wir es merken, um wen es sich handelt, auch wenn wir sie zuletzt als winzige Säuglinge in Armen gehalten haben. Immerhin sind sie ein Teil von uns selbst, Fleisch aus unserem Fleisch, Blut aus …«
    »
Good grief!
Was denkt Ihr, ist in mir vorgegangen, seit Ihr Agnes mit den Borten zu mir geschickt habt? Warum habe ich ihr wohl den falschen Betrag für Eure Arbeit gegeben? Gänzlich verwirrt war ich von ihrem Auftauchen! Nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, überhaupt nicht in der Lage, daran zu denken, was ich mit Euch wegen der Borten ausgemacht habe. Allein deshalb ist mir das Missverständnis unterlaufen. Mehr und mehr aber haben sich die einzelnen Beobachtungen zu einem Ganzen gefügt, bis dann unlängst Agnes und Gunda bei uns im Haus …«
    »Gunda? Bei Euch im Haus?« Von neuem fiel ihr die Streicherin ungeduldig

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